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HRRS-Nummer: HRRS 2023 Nr. 831

Bearbeiter: Fabian Afshar

Zitiervorschlag: BGH, StB 2/23, Beschluss v. 17.05.2023, HRRS 2023 Nr. 831


BGH StB 2/23 - Beschluss vom 17. Mai 2023

Zulässigkeit der Beschwerde gegen eine Durchsuchungsanordnung des Ermittlungsrichters des Bundesgerichtshofs; Durchsuchung bei Beschuldigten (erforderlicher Verdachtsgrad); Unterstützung einer terroristischen Vereinigung.

§ 102 StPO; § 304 Abs. 5 StPO; § 129a StGB

Entscheidungstenor

Die Beschwerde des Beschuldigten gegen den Beschluss des Ermittlungsrichters des Bundesgerichtshofs vom 28. November 2022 wird verworfen.

Der Beschwerdeführer hat die Kosten seines Rechtsmittels zu tragen.

Gründe

I.

Der Generalbundesanwalt führt gegen den Beschuldigten und zahlreiche weitere Mitbeschuldigte ein Ermittlungsverfahren wegen des Verdachts der Bildung einer terroristischen Vereinigung und weiterer Straftaten. Auf seinen Antrag hat der Ermittlungsrichter des Bundesgerichtshofs mit Beschluss vom 28. November 2022 (1 BGs 746/22) die Durchsuchung der Person des Beschuldigten, der von diesem genutzten Wohn- und Geschäfts-, Keller-, sonstigen Nebenräume und Garagen sowie des auf ihn zugelassenen Kraftfahrzeugs zum Zwecke der Sicherstellung näher beschriebener Beweismittel angeordnet. Die Durchsuchung wurde am 7. Dezember 2022 vollzogen. Dabei wurden Munition, Bestandteile von Munition und Werkzeuge zur Herstellung von Munition beschlagnahmt.

Der Beschuldigte hat gegen den Durchsuchungsbeschluss Beschwerde eingelegt. Er macht das Fehlen eines Anfangsverdachts gegen ihn wegen Unterstützung einer terroristischen Vereinigung geltend und beantragt, „den Durchsuchungsbeschluss und die Beschlagnahme vom 8. Dezember 2022 aufzuheben“.

Der Ermittlungsrichter des Bundesgerichtshofs hat der Beschwerde nicht abgeholfen und die Sache dem Senat zur Entscheidung vorgelegt. Soweit der Generalbundesanwalt am 15. Dezember 2022 beantragt hat, gemäß § 94 Abs. 1 und 2, § 98 Abs. 2 Satz 1, § 162 Abs. 1, § 169 Abs. 1 Satz 2 StPO die Beschlagnahme der Asservate zu bestätigen, hat der Ermittlungsrichter des Bundesgerichtshofs hierüber noch nicht entschieden.

II.

Das Rechtsmittel ist gemäß § 304 Abs. 5 StPO zulässig, aber unbegründet, soweit es sich gegen die Durchsuchungsanordnung richtet. Soweit der Beschuldigte die Herausgabe der asservierten Gegenstände verlangt, ist eine Entscheidung des Senats derzeit nicht veranlasst. Für den Antrag des Generalbundesanwalts auf gerichtliche Entscheidung über die Beschlagnahme ist gemäß § 98 Abs. 2 Satz 1 und 3 StPO, § 120 Abs. 1, § 169 GVG der Ermittlungsrichter des Bundesgerichtshofs zuständig (vgl. BGH, Beschluss vom 18. Mai 2022 - StB 17/22, NStZ 2022, 638 Rn. 8 f.).

1. Die Beschwerde ist zulässig, soweit sie sich gegen die Durchsuchungsanordnung als solche richtet (§ 304 Abs. 5 StPO). Der Zulässigkeit steht insoweit nicht entgegen, dass die Durchsuchungsmaßnahme inzwischen vollzogen ist und durch den Antrag des Generalbundesanwalts auf richterliche Beschlagnahme ihren Abschluss gefunden hat. Eine bereits eingelegte Beschwerde ist in diesem Fall als auf die Feststellung der Rechtswidrigkeit der Durchsuchung gerichtet anzusehen (vgl. BVerfG, Beschluss vom 30. April 1997 - 2 BvR 817/90 u.a., BVerfGE 96, 27, 38 ff.; BGH, Beschlüsse vom 18. Mai 2022 - StB 17/22, NStZ 2022, 638 Rn. 7; vom 17. Dezember 2014 - StB 10/14, juris Rn. 3 mwN; vom 9. Februar 2021 - StB 9/20 u.a., juris Rn. 6; Meyer-Goßner/Schmitt/Köhler, StPO, 65. Aufl., § 105 Rn. 15).

2. Das Rechtsmittel ist jedoch unbegründet. Die Voraussetzungen für den Erlass der Durchsuchungsanordnung (§§ 102, 105 StPO) lagen vor.

a) Gegen den Beschuldigten bestand ein die Durchsuchung nach § 102 StPO rechtfertigender Anfangsverdacht, eine terroristische Vereinigung unterstützt zu haben (§ 129a Abs. 1 Nr. 1, Abs. 5 Satz 1 StGB).

aa) Für die Zulässigkeit einer regelmäßig in einem frühen Stadium der Ermittlungen in Betracht kommenden Durchsuchung genügt der über bloße Vermutungen hinausreichende, auf bestimmte tatsächliche Anhaltspunkte gestützte konkrete Verdacht, dass eine Straftat begangen worden ist und der Verdächtige als Täter oder Teilnehmer an dieser Tat in Betracht kommt. Eines hinreichenden oder gar dringenden Tatverdachts bedarf es - unbeschadet der Frage der Verhältnismäßigkeit - nicht (st. Rspr.; BVerfG, Beschluss vom 7. September 2006 - 2 BvR 1219/05, BVerfGK 9, 149, 153; BGH, Beschlüsse vom 20. Juli 2022 - StB 29/22, NStZ 2022, 692 Rn. 6; vom 12. August 2015 - StB 8/15, BGHR StPO § 102 Tatverdacht 3 Rn. 4; vom 18. Dezember 2008 - StB 26/08, BGHR StPO Tatverdacht 2 Rn. 5).

bb) Gemessen hieran lagen zum Zeitpunkt des Erlasses des angefochtenen Beschlusses sachlich zureichende Gründe für die Anordnung der Durchsuchung vor. Es bestand der Anfangsverdacht, dass der Beschuldigte eine terroristische Vereinigung gemäß § 129a Abs. 1 Nr. 1, Abs. 5 Satz 1 StGB unterstützte, indem er Schusswaffen und Munition des Mitbeschuldigten We., die diesem behördlich entzogen werden sollten, übernahm und bei sich unterbrachte, um diesem einen fortgesetzten Zugriff auf die Gegenstände auch für Vereinigungszwecke zu ermöglichen.

(1) Nach dem maßgeblichen Erkenntnisstand zum Zeitpunkt der Durchsuchung (vgl. BVerfG, Beschluss vom 10. September 2010 - 2 BvR 2561/08, NJW 2011, 291 Rn. 28) war im Sinne eines Anfangsverdachts von folgendem Sachverhalt auszugehen:

(a) Die Mitbeschuldigten gehörten der sogenannten Reichsbürger- und QAnon-Bewegung an. Sie schlossen sich spätestens Ende November 2021 zu einer auf längere Dauer angelegten Organisation zusammen, die sich zum Ziel setzte, die bestehende staatliche Ordnung in Deutschland - insbesondere durch den Einsatz militärischer Mittel und Gewalt gegen staatliche Repräsentanten - zu überwinden und durch eine eigene, bereits in Grundzügen ausgearbeitete Staatsform zu ersetzen. Dabei rechneten sie mit der Tötung von Personen und nahmen dies billigend in Kauf. Sie lehnten die freiheitlich-demokratische Grundordnung der Bundesrepublik Deutschland und deren Institutionen ab. Auf der Grundlage einer entsprechenden gemeinsamen Gesinnung erwarteten sie an einem konkreten und unmittelbar bevorstehenden, aber noch nicht festgelegten „Tag X“ einen Angriff auf die oberste Ebene der staatlichen Führung der Bundesrepublik Deutschland durch die sogenannte Allianz, einen Geheimbund bestehend aus Angehörigen ausländischer Regierungen, Streitkräfte und Geheimdienste.

Zum Zwecke der Umsetzung ihrer Umsturzpläne schufen die Mitglieder der Gruppierung organisatorische, hierarchische und verwaltungsähnliche Strukturen mit einem „Rat“ als zentralem Gremium und einem „militärischen Arm“. Dieser sollte nach dem Angriff durch die „Allianz“ die noch verbleibenden Institutionen und Repräsentanten des Staates bekämpfen und die Macht durch ein deutschlandweites Netz von Heimatschutzkompanien absichern. Ferner plante der engste Führungszirkel der Vereinigung das gewaltsame Eindringen einer bewaffneten Gruppe in das Reichstagsgebäude mit dem Ziel, Abgeordnete, Kabinettsmitglieder sowie deren Mitarbeiter zu verhaften und abzuführen, wobei sie hierfür bereits in konkrete Vorbereitungshandlungen eingetreten waren. Im Einzelnen:

(aa) Der von den Mitgliedern der Organisation unter der Führung des Mitbeschuldigten R. geschaffene, hierarchisch aufgebaute „Rat“ beschäftigte sich in regelmäßig stattfindenden Sitzungen mit dem Aufbau künftiger staatlicher Strukturen, die an die Stelle der geltenden freiheitlich-demokratischen Grundordnung treten sollten. In den Rat wurden Personen aufgenommen, die als besonders vertrauenswürdig angesehen wurden und die dafür vorgesehen waren, an ministerielle Aufgabenverteilungen angelehnte Zuständigkeiten wahrzunehmen. So verfügte der Rat - vergleichbar mit einem Kabinett einer regulären Regierung - über von einzelnen Mitbeschuldigten besetzte Ressorts „Justiz“, „Außen“, „Gesundheit“, „Bildung“ und „Militär“. Ein Mitbeschuldigter suchte zudem auf verschiedenen Wegen Kontakt zur russischen Regierung, mit der Vorbereitungshandlungen für Friedensverhandlungen getroffen werden sollten. Die Mitglieder hatten die ideologische Überzeugung, bis zum Abschluss eines Friedensvertrages mit den Alliierten gelte das Kriegsrecht unter Anwendung der Haager Landkriegsordnung fort.

(bb) Da den Ratsmitgliedern und allen weiteren Angehörigen der Vereinigung bewusst war, dass der angestrebte Systemwechsel nicht auf friedlichem Weg zu erreichen war, wurde neben dem Rat ein hieran anknüpfender „militärischer Arm“ geschaffen. Dieser wurde von der Gruppierung vereinfacht als das „Militär“ bezeichnet und vom Mitbeschuldigten P. geführt, einem ehemaligen Kommandanten eines Fallschirmjägerbataillons der Bundeswehr. Da er in dieser Funktion auch Mitglied des Rates war, bildete er zugleich das maßgebliche Bindeglied zwischen beiden Ebenen. Weitere Mitglieder des „militärischen Arms“ waren unter anderem die Mitbeschuldigten Oberst a.D. E., der an der Gründung des Kommando Spezialkräfte der Bundeswehr (KSK) beteiligt gewesen war, der ehemalige Kommandosoldat des KSK W. und der Mitbeschuldigte We. .

Zum Zwecke des Aufbaus von Militärverwaltungsstrukturen waren die Angehörigen des „Militärs“ damit befasst, neue Mitglieder insbesondere aus den Reihen des KSK sowie der Polizei zu rekrutieren und Waffen, Munition sowie Ausrüstungsgegenstände zu beschaffen, wobei mehrere Mitbeschuldigte auch über eigene Waffen verfügten. Ferner planten sie die zukünftige Unterbringung und Verpflegung der „neuen deutschen Armee“. Hierfür besuchten einige Mitbeschuldigte unter Vorlage des Truppenausweises eines von ihnen Kasernen im Bundesgebiet. Auch organisierten sie zur Vorbereitung des geplanten Umsturzes Schießübungen und führten diese unter Beteiligung des Mitbeschuldigten We. durch. Daneben arbeiteten sie an der Schaffung einer eigenen, abhörsicheren Kommunikations- und IT-Struktur. Zu diesem Zweck wurde der militärische Zweig der Gruppierung in erheblichem Umfang von Mitgliedern des Rates finanziell unterstützt.

Parallel dazu bauten die Mitglieder des „Militärs“ ein bundesweites System regionaler „Heimatschutzkompanien“ (HSK) auf. Diese sollten nach der „Befreiung“ durch die „Allianz“ zur Absicherung der Macht der Vereinigung als Polizei und Armee fungieren sowie Kasernen, Waffen und sonstige Ausrüstung der Bundeswehr übernehmen, die ihrerseits aufgelöst werden sollte.

(cc) Der maßgebliche Führungszirkel der Organisation plante zudem das gewaltsame Eindringen in das Reichstagsgebäude mit dem Ziel, Regierungsmitglieder und Abgeordnete festzunehmen sowie in Handschellen abzuführen. Alle insoweit involvierten Mitglieder wussten, dass dieses Unternehmen nur durch Anwendung von Waffengewalt gegen die Polizei und Sicherheitskräfte des Deutschen Bundestages durchgeführt werden könne. Sie rechneten daher auch mit der Tötung von Personen und nahmen dies billigend in Kauf.

Die Planungen der Mitbeschuldigten E. und W. sahen die bewaffnete Erstürmung des Reichstagsgebäudes durch eine Gruppe von bis zu 16 Personen vor, vornehmlich aus den Reihen aktiver oder ehemaliger Angehöriger des KSK oder anderer Spezialeinheiten der Bundeswehr und Polizei. Hierfür traten sie bereits in konkrete Vorbereitungshandlungen ein. So nahmen sie Kontakt zu mehreren Angehörigen des KSK auf. Der Mitbeschuldigte W. verschaffte sich mehrere hundert Schuss Munition, sechs Gewehrmagazine, Nachtsichtgeräte, Fesselungsmaterial, weitere Militärausrüstung und einen Totschläger. Ferner begab er sich nach Berlin und fertigte Fotos von Absperrgittern im Bereich des Paul-Löbe-Hauses, vom Eingang der U-Bahn-Station „Bundestag“ sowie dem Schloss Bellevue. Zudem erstellte er eine Liste mit Namen zahlreicher Mitglieder der Bundesregierung und der Bayerischen Staatsregierung sowie von weiteren Politikern, Journalisten und Personen des öffentlichen Lebens.

Spätestens im Rahmen eines Treffens am 25. November 2021 informierten die Mitbeschuldigten E. und W. die weiteren Mitbeschuldigten R., P. und F. über ihre Pläne zur bewaffneten Erstürmung des Reichstagsgebäudes, die sich diese nicht nur zu eigen machten, sondern auch zukünftig förderten. So übergab der Mitbeschuldigte R. dem Mitbeschuldigten E. einen Betrag in Höhe von 50.000 €. Die der Gruppierung angehörige, für das Justizressort vorgesehene Mitbeschuldigte und frühere Bundestagsabgeordnete M. informierte verschiedene Mitglieder der Vereinigung über Anwesenheitszeiten von Abgeordneten und Regierungsmitgliedern. Daneben plante sie, das Reichstagsgebäude gemeinsam mit dem Mitbeschuldigten P. zu betreten.

(b) Der Beschuldigte verfügte über eine Waffenhandelserlaubnis und führte im Nebengewerbe einen Waffenhandel, über den er Jagdausrüstung und selbst produzierte Bleigeschosse vertrieb. Aufgrund der gewerblichen Waffenbesitzkarte war es ihm zudem möglich, eine größere Anzahl von Schusswaffen im Besitz zu halten.

Anlässlich eines Telefongesprächs am 11. August 2022 bat der Mitbeschuldigte We. den Beschuldigten, einen Teil seiner Waffen und Munition zu „übernehmen“ und bei sich „einzulagern“, da gegen ihn ein behördliches Waffenhaltungsverbot erlassen worden war. Er äußerte, seine Waffen in Form von acht Langwaffen, einer nicht genannten Anzahl von Kurzwaffen und eines Luftgewehrs nebst Munition würden andernfalls durch die Waffenbehörde vernichtet werden. Dabei ging er selbst davon aus, dass die Lagerung nur ein bis zwei Wochen andauern werde, was er dem Beschuldigten mitteilte. Dieser erklärte sich zur Lagerung der Waffen für den Mitbeschuldigten bereit. In einem weiteren Telefonat vom 17. August 2022 bestätigte er dem Mitbeschuldigten, dass er die Waffen und Munition in Umfang von mehreren tausend Schuss unterschiedlicher Kaliber übernommen habe. Zu diesem Zeitpunkt hatte er Kenntnis von der Existenz und Zielen der terroristischen Vereinigung und der Mitgliedschaft des Mitbeschuldigten. Die Aufbewahrung der Waffen nebst Munition durch den Beschuldigten war, wie er wusste, für die Vereinigung nützlich.

(2) Der Anfangsverdacht hinsichtlich der Strukturen, Ziele und der Tätigkeit der Vereinigung gründete sich im Wesentlichen auf Erkenntnisse des Bundeskriminalamts, der Landeskriminalämter Baden-Württemberg, Bayern, Berlin, Hessen, Rheinland-Pfalz, Sachsen sowie der Verfassungsschutzbehörden des Bundes und der Länder und des Bundesamtes für den Militärischen Abschirmdienst, die maßgeblich auf G 10-Maßnahmen - insbesondere Telefonüberwachung und Observation nach § 1 Abs. 1 Nr. 1, § 3 Abs. 1 Nr. 6 Buchst. a, Abs. 2 G 10 i.V.m. § 129a Abs. 1 StGB - zurückzuführen sind. Die Ergebnisse dieser Maßnahmen sind für die Zwecke der Strafverfolgung freigegeben und gemäß § 4 Abs. 4 Nr. 2 G 10, § 161 Abs. 2 Satz 1 StPO in das Ermittlungsverfahren überführt worden.

Daneben war der Anfangsverdacht gegen den Beschuldigten entgegen dem Beschwerdevorbringen durch die beiden überwachten Telefonate zwischen ihm und dem Mitbeschuldigten We. am 11. und 17. August 2022 belegt. Soweit der Beschuldigte vorgetragen hat, er habe im ersten Telefonat geäußert, „dass er das nicht haben wolle“, bezieht sich diese Äußerung ausweislich der Auswertung der Telekommunikationsüberwachung nicht auf die einzulagernden Waffen, sondern auf Dokumente, deren Übermittlung über die Cloud „WeTransfer“ der Mitbeschuldigte angekündigt hatte. Auch das Fazit des Bundeskriminalamtes im Vermerk vom 15. November 2022 rechtfertigt keine andere Beurteilung. Danach bestanden für die Ermittlungsbehörden zum damaligen Zeitpunkt lediglich Zweifel darüber, ob der Beschuldigte selbst Mitglied der terroristischen Vereinigung war oder diese lediglich von außen unterstützte.

Der Inhalt des Telefonats vom 11. August 2022 begründete zudem den Verdacht, dass der Beschuldigte Kenntnis von der Existenz und den Zielen der terroristischen Vereinigung hatte und um die mitgliedschaftliche Beteiligung des Mitbeschuldigten We. an ihr wusste. So berichtete dieser dem Beschuldigten, dass am Vortag eine Befehlsausgabe stattgefunden habe und es bei dem besprochenen Zeitplan bleibe. Alle seien euphorisch gewesen, es seien Einzelaufträge erteilt und die grobe Struktur vorgestellt worden. Ferner kündigte der Mitbeschuldigte an, der Beschuldigte müsse die Waffen nur ein bis zwei Wochen aufbewahren; die Mitarbeiter der Waffenbehörde seien aufgrund eines in Kürze eintretenden äußeren Ereignisses für die Angelegenheit bald nicht mehr zuständig. Da der Beschuldigte zu diesen Erläuterungen weder Anmerkungen machte noch Rückfragen stellte, war im Sinne eines Anfangsverdachts davon auszugehen, dass er Kenntnis vom Bestehen der Gruppierung und ihrer Ziele hatte. Die Einbindung des Beschuldigten in die Planungen der Organisation wurde ferner dadurch gestützt, dass ihm der Mitbeschuldigte We. die Übersendung von Unterlagen über die Cloud „WeTransfer“ ankündigte, auf die die Behörden nach der Erklärung des Mitbeschuldigten bislang keinen Zugriff hätten. Dieser Umstand belegt zudem ein besonderes Maß an Vertrauen zwischen beiden. Der insoweit bestehende Anfangsverdacht war daneben indiziell bestätigt durch den Inhalt eines Telefonats am 24. August 2022 zwischen den Mitbeschuldigten We. und Ri., dem zufolge der Beschuldigte das von der Vereinigung gegründete Referat „Persönliche Ausrüstung einzelner Soldaten“ als dessen Leiter übernehmen solle.

Zu den weiteren Einzelheiten der den Tatverdacht gegen die Beschuldigten begründenden Umstände wird auf die Ausführungen im Durchsuchungsbeschluss des Ermittlungsrichters des Bundesgerichtshofs vom 28. November 2022 sowie die Antragsschrift des Generalbundesanwalts vom 24. November 2022 verwiesen.

(3) In rechtlicher Hinsicht ist die dem Beschuldigten zur Last gelegte Tat als Unterstützung einer terroristischen Vereinigung gemäß § 129a Abs. 1 Nr. 1, Abs. 5 Satz 1 StGB zu werten.

(a) Eine terroristische Vereinigung unterstützt, wer, ohne selbst Mitglied der Organisation zu sein, deren Tätigkeit und terroristische Bestrebungen direkt oder über eines ihrer Mitglieder fördert. Dabei kann sich die Förderung richten auf die innere Organisation der Vereinigung und deren Zusammenhalt, auf die Erleichterung einzelner von ihr geplanter Straftaten, aber auch allgemein auf die Erhöhung ihrer Aktionsmöglichkeiten oder die Stärkung ihrer kriminellen Zielsetzung. Nicht erforderlich ist, dass der Organisation durch die Tathandlung ein messbarer Nutzen entsteht. Vielmehr genügt es, wenn die Förderungshandlung an sich wirksam ist und der Organisation irgendeinen Vorteil bringt; ob dieser Vorteil genutzt wird und daher etwa eine konkrete, aus der Organisation heraus begangene Straftat oder auch nur eine organisationsbezogene Handlung eines ihrer Mitglieder mitprägt, ist dagegen ohne Belang (BGH, Urteil vom 14. August 2009 - 3 StR 552/08, BGHSt 54, 69 Rn. 134).

(b) Indem der Beschuldigte nach der zum Zeitpunkt der Durchsuchungsanordnung bestehenden Verdachtslage die Waffen des Mitbeschuldigten We. übernahm und für diesen einlagerte, förderte er vorsätzlich sowohl dessen Beteiligungshandlung als auch die terroristische Vereinigung selbst. Diese strebte den Umsturz der politischen und staatlichen Ordnung der Bundesrepublik Deutschland an, wobei die Mitglieder mit der Anwendung von Waffengewalt rechneten und diese billigend in Kauf nahmen. Durch die Einlagerung von Waffen und Munition hatte der Mitbeschuldigte We. hierauf weiterhin Zugriff, so dass sie für ihn und die Organisation nützlich war. Dem steht auch nicht die Äußerung des Mitbeschuldigten We. entgegen, er werde in den nächsten Monaten „in Waffen ersticken“. So hätte er nicht nur Zugriff auf weitere, zudem eigene und ihm in der Handhabung bekannte Waffen gehabt, sondern diese hätten ihm auch bereits zu Beginn der geplanten Gewalttätigkeiten zur Verfügung gestanden. Der Beschuldigte hatte Kenntnis von der Existenz und den Zielen der terroristischen Vereinigung und wusste, dass der Mitbeschuldigte We. sich an dieser als Mitglied beteiligte und die Aufbewahrung der Waffen für ihn sowie die Vereinigung vorteilhaft war.

(4) Die Strafgerichtsbarkeit des Bundes und damit die Zuständigkeit des Ermittlungsrichters des Bundesgerichtshofs für den Erlass des Durchsuchungsbeschlusses ergibt sich aus § 169 Abs. 1 StPO, § 120 Abs. 1 Nr. 6, § 142 Abs. 1 Nr. 1, § 142a Abs. 1 Satz 1 GVG.

b) Die Anordnung der Durchsuchung entsprach - auch unter Berücksichtigung der grundrechtlich geschützten Belange des Beschuldigten - dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit.

aa) Sie war zur Ermittlung der Taten geeignet und erforderlich, da - wie der Ermittlungsrichter des Bundesgerichtshofs zutreffend ausgeführt hat - unter den gegebenen Umständen zu erwarten war, dass die Durchsuchung zum Auffinden von Gegenständen, Unterlagen und Datenträgern führt, mit deren Hilfe die bisherigen Tätigkeiten der Beschuldigten für die Vereinigung bewiesen oder widerlegt werden. Zudem bestand eine besondere Auffindevermutung für Waffen, Munition, Sprengstoffe und weitere Ausrüstungsgegenstände.

bb) Die angeordnete Durchsuchung stand ferner in einem angemessenen Verhältnis zu der Schwere der aufzuklärenden Straftaten und der Stärke des aufgezeigten Tatverdachts. Das Gewicht des in Rede stehenden Delikts ist erheblich. Bereits die einmalige Unterstützung einer terroristischen Vereinigung gemäß § 129a Abs. 5 Satz 1 Alternative 1 StGB stellt ein Vergehen mit erhöhter Mindeststrafe dar und eröffnet einen Strafrahmen von sechs Monaten bis zehn Jahren Freiheitsstrafe.

HRRS-Nummer: HRRS 2023 Nr. 831

Bearbeiter: Fabian Afshar