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HRRS-Nummer: HRRS 2024 Nr. 36

Bearbeiter: Fabian Afshar

Zitiervorschlag: BGH, AK 84/23, Beschluss v. 29.11.2023, HRRS 2024 Nr. 36


BGH AK 84 und 85/23 - Beschluss vom 29. November 2023

Fortdauer der Untersuchungshaft über sechs Monate (Fluchtgefahr; Haftgrund der Schwerkriminalität; besondere Schwierigkeit und Umfang des Verfahrens); mitgliedschaftliche Beteiligung an einer terroristischen Vereinigung im Ausland.

§ 112 StPO; § 121 StPO; § 129 StGB; § 129a StGB

Entscheidungstenor

Die Untersuchungshaft hat fortzudauern.

Eine etwa erforderliche weitere Haftprüfung durch den Bundesgerichtshof findet in drei Monaten statt.

Bis zu diesem Zeitpunkt wird die Haftprüfung dem nach allgemeinen Grundsätzen zuständigen Gericht übertragen.

Gründe

I.

Die Beschuldigten befinden sich seit dem 10. Mai 2023 ununterbrochen in Untersuchungshaft aufgrund von Haftbefehlen des Ermittlungsrichters des Bundesgerichtshofs vom 2. Mai 2023 (5 BGs 77/23 bzgl. Beschuldigtem W., 5 BGs 76/23 bzgl. Beschuldigtem M.). Gegenstand der Haftbefehle ist der Vorwurf, die Beschuldigten hätten sich in B. und anderen Orten zumindest seit dem Jahr 2004 - der Beschuldigte W. - beziehungsweise seit Sommer 2016 - der Beschuldigte M. - als Mitglied an der ausländischen terroristischen Vereinigung Hizb Allah („Partei Gottes“; auch „Hisbollah“, „Hezbollah“ oder „Hizbullah“) beteiligt, deren Zwecke oder deren Tätigkeit darauf gerichtet seien, Mord (§ 211 StGB) und Totschlag (§ 212 StGB) zu begehen, strafbar gemäß § 129a Abs. 1 Nr. 1, § 129b Abs. 1 Satz 1 und 2 StGB.

II.

Die Voraussetzungen für die Fortdauer der Untersuchungshaft über sechs Monate hinaus liegen vor (§ 121 Abs. 1 StPO).

1. Die Beschuldigten sind der ihnen mit den Haftbefehlen zur Last gelegten Taten dringend verdächtig (§ 112 Abs. 1 Satz 1 StPO).

a) Nach dem gegenwärtigen Ermittlungsstand ist im Sinne eines solchen Tatverdachts von folgendem Sachverhalt auszugehen:

aa) Die Organisation Hizb Allah geht zurück auf einen Zusammenschluss schiitischer Islamisten mit iranischer Unterstützung im Jahr 1982 nach der israelischen Invasion in den Libanon. Die Bezeichnung Hizb Allah wurde erst in den folgenden Jahren genutzt, in denen sich auch ihre Strukturen verfestigten. Höchstes Entscheidungsgremium ist ein aus sieben bis acht Mitgliedern bestehender Schura-Rat. Dessen Vorsitz nimmt der Generalsekretär wahr, bei dem es sich seit 1992 um Hassan Nasrallah handelt. Dieser führt zentral mit seinem Stellvertreter und dem Vorsitzenden des Exekutivrates die Organisation strikt autoritär. Neben dem Exekutivrat sind dem Schura-Rat noch ein Justiz-, ein Parlaments-, ein Politik- und ein Militärrat untergeordnet. Dem Militärrat unterstehen über Kriegswaffen verfügende militärische Einheiten. Die Zahl der ihnen zugehörigen Kämpfer wuchs im Lauf der Jahre bis zu einer Größenordnung von etwa 20.000 bis 25.000 und einer ähnlichen Anzahl von Reservisten an.

Die Organisation orientiert sich ideologisch an dem iranischen Revolutionsführer Ruhollah Khomeini und dessen Nachfolger, die von einem Widerstandsgedanken insbesondere gegen die Vereinigten Staaten von Amerika und Israel geprägt sind. Das grün gehaltene Logo der Vereinigung zeigt auf gelbem Hintergrund eine stilisierte Abbildung ihres Namens mit einem erhobenen Arm, der ein Sturmgewehr greift, sowie begleitenden Text. Zu ihren maßgeblichen Zielen zählt die Zerstörung Israels. Für Angriffe nutzt sie unter anderem Raketen, verfügt aber auch etwa über Panzer und Drohnen. Daneben ist sie in weiteren Konflikten im Nahen Osten involviert, so in Syrien, im Irak und im Jemen. Zur Durchsetzung ihrer Interessen verübte sie eine Vielzahl von Anschlägen mit zahlreichen - vor allem auch zivilen - Todesopfern sowohl im Libanon als auch in Israel und weltweit, beispielsweise bereits in den 1980er Jahren auf die Botschaft der Vereinigten Staaten in Beirut oder auf die israelische Botschaft in Buenos Aires (Argentinien) im März 1992. In den Folgejahren kam es regelmäßig zu weiteren Gewaltakten. Noch im Oktober 2023 bekannte sich die Organisation zu Angriffen aus dem Libanon auf israelische Stellungen und Siedlungen.

Seit den 1990er Jahren weitete die Hizb Allah ihren Einfluss auf den libanesischen Staat aus und war schließlich an verschiedenen Regierungen beteiligt. Zudem bietet sie vornehmlich in schiitischen Gebieten sozialkaritative Leistungen an. Die politischen und sozialen Aktivitäten unterstehen ebenso wie die militärischen der Gesamtführung der einheitlichen Organisation.

Die Hizb Allah ist bereits seit den 1980er Jahren in Deutschland präsent und verfügt dort über rund 1.000 Anhänger.

bb) Die Beschuldigten schlossen sich jeweils der Hizb Allah an und kannten dabei deren Organisationsstruktur und Ziele. Anschließend waren sie auf verschiedene Weise für die Vereinigung tätig.

(1) Der Beschuldigte W. hatte sich spätestens im November 2004 in die Hizb Allah eingegliedert. In folgenden Jahren übte er in Deutschland die Aufgaben eines Auslandsfunktionärs aus und war jedenfalls zeitweise Angehöriger des Al-Radwan-Bataillons, einer militärischen Spezialeinheit der Hizb Allah. Im Einzelnen fungierte er als Vertreter der Hizb Allah in B. Hierzu war er seit dem 1. Oktober 2012 offiziell erster Vorsitzender des - im Jahr 2022 verbotenen - Vereins“ “, in dessen Leitung er bereits zuvor eingebunden war. Er organisierte in den Vereinsräumen Auftritte von Predigern, die zur Hizb Allah gehörten oder ihr nahestanden, etwa auch des Beschuldigten M. Er war in die Schaffung einer mit Uniformen versehenen Jugendorganisation einbezogen, den“ “. Im Januar 2016 befand er sich als Mitglied des Al-Radwan-Bataillons in Syrien und gratulierte dort Kämpfern der Hizb Allah zur Befreiung einer Stadt. Der Beschuldigte W. hielt an seinem Einsatz für die Hizb Allah noch fest, nachdem seine Wohnung am 30. April 2020 im Zusammenhang mit dem Vollzug der Verbotsverfügung des Bundesministers des Innern gegen die Hizb Allah vom 26. März 2020 durchsucht worden war.

(2) Der Beschuldigte M. gehörte der Hizb Allah zumindest seit dem Jahr 2016 an, war in deren Abteilung für Außenbeziehungen eingegliedert und übernahm für sie vor allem in Norddeutschland die Betreuung von libanesischen Auslandsvereinen. In dieser Funktion besuchte er solche Vereine in verschiedenen Städten. Er befasste sich dort unter anderem mit organisatorischen sowie ideologischen Problemen, der Möglichkeit, die Herkunft eingegangener Gelder für einen Moscheebau zu verschleiern, und der Beilegung von Streitigkeiten zwischen zwei Vereinen. Im Interesse der Hizb Allah informierte er sich über die Arbeit der Vereine und nahm an mehreren schiitischen Veranstaltungen teil. Außerdem bereitete er ein Treffen zahlreicher Vereine vor, um die Abstimmung ihrer Aktivitäten sowie die Jugendarbeit zu verbessern. Im B. er Verein“ “ und in anderen Vereinen trat er zumindest ab dem Jahr 2017 bis ins Jahr 2023 hinein gleichsam als „Reisescheich“ mehrfach als Prediger oder Redner auf. Er sollte im Sinne der Hizb Allah Einfluss auf die sich im Ausland aufhaltende libanesische Gemeinde ausüben und Anweisungen geben.

b) Der dringende Tatverdacht ergibt sich zur Organisation der Hizb Allah insbesondere aus einem Gutachten des Sachverständigen S. und Vermerken des Bundeskriminalamtes (vgl. auch BVerwG, Urteil vom 16. November 2015 - 1 A 4.15, BVerwGE 153, 211 Rn. 22 ff.).

Die Erkenntnisse zu der Eingliederung des - bislang zum Tatvorwurf schweigenden - Beschuldigten W. in die Organisation und seiner Tätigkeit für diese stützen sich namentlich auf Unterlagen, Video- sowie Fotodateien und Chatverläufe, die im Rahmen von mehreren Durchsuchungen sichergestellt worden sind. Hinzu kommt eine Vielzahl von in der Wohnung des Beschuldigten aufgefundenen Lichtbildern und weiteren Gegenständen, die ersichtlich in einem Zusammenhang mit der Organisation stehen.

Der Beschuldigte M. hat in einem Schreiben an den Ermittlungsrichter des Bundesgerichtshofs mitgeteilt, nie etwas begangen zu haben, das gegen die öffentliche Ordnung verstoße oder die nationale Sicherheit gefährde, sich allerdings zu den Tatvorwürfen im Einzelnen nicht geäußert. Der dringende Verdacht beruht vor allem auf verschiedenen sichergestellten Dateien, die - teils unter dem Briefkopf der Hizb Allah - mit dem Namen des Beschuldigten unterzeichnete Tätigkeitsberichte und Lebensläufe enthalten. Überdies zeigen Fotos und Videos den Beschuldigten mit Bezügen zur Organisation, beispielsweise als er einen Trauergesang vor deren Flagge vortrug. Dateien mit Veranstaltungshinweisen und überwachte Telefonate deuten darauf hin, dass er bereits im Jahr 2017 sowie in den Folgejahren mehrere Vereine besuchte und dort Ansprachen hielt. Ergänzende Erkenntnisse ergeben sich aus Behördenzeugnissen des Bundesamtes für Verfassungsschutz. Soweit ein augenscheinlich vom Beschuldigten M. stammender Lebenslauf ergänzend zu dem im Haftbefehl zugrunde gelegten Geschehen nahelegt, dass er bereits seit 1991 für die Hizb Allah - damals im Kulturbereich - arbeitete, bedarf dies für die Frage der Haftfortdauer keiner Vertiefung.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Haftbefehle und die Zuschrift des Generalbundesanwalts vom 7. November 2023 Bezug genommen.

c) In rechtlicher Hinsicht haben sich die Beschuldigten mit hoher Wahrscheinlichkeit wegen mitgliedschaftlicher Beteiligung an einer terroristischen Vereinigung im Ausland gemäß § 129a Abs. 1 Nr. 1, § 129b Abs. 1 StGB strafbar gemacht. Das Bundesministerium der Justiz und für Verbraucherschutz hat am 20. September 2019 im Sinne des § 129b Abs. 1 Satz 3 bis 5 StGB die Ermächtigung erteilt, bereits begangene und zukünftige Straftaten durch Mitglieder der Vereinigung zu verfolgen.

Die Hizb Allah ist auf Grundlage des nach dem gegenwärtigen Beweisstand maßgeblichen Sachverhalts als eine terroristische Vereinigung sowohl im Sinne des § 129a Abs. 1 Satz 1 Nr. 1, § 129 Abs. 2 StGB nF als auch nach den zuvor von der Rechtsprechung entwickelten Voraussetzungen zu bewerten. Die für eine Vereinigung nach § 129 Abs. 2 StGB in der seit dem 22. Juli 2017 gültigen Fassung erforderlichen Tatbestandsmerkmale in organisatorischer, personeller, zeitlicher und interessenbezogener Hinsicht (s. allgemein BGH, Urteil vom 2. Juni 2021 - 3 StR 21/21, BGHSt 66, 137 Rn. 19) liegen danach ebenso vor wie die nach der früheren Rechtsprechung maßgeblichen Kriterien (vgl. dazu etwa BGH, Urteil vom 3. Dezember 2009 - 3 StR 277/09, BGHSt 54, 216 Rn. 23 ff.). Insbesondere ergibt das vorläufige Beweisergebnis, dass es sich bei der Vereinigung um eine einheitliche, unter zentraler Führung stehende Gesamtorganisation handelt und nicht etwa um getrennte, für sich selbständige einzelne Flügel (vgl. auch BVerwG, Urteil vom 16. November 2015 - 1 A 4.15, BVerwGE 153, 211 Rn. 31; differenzierend Durchführungsverordnung [EU] Nr. 714/2013 des Rates vom 25. Juli 2013, ABl. L 201 S. 10, 12; s. dazu BT-Drucks. 19/3642 S. 2). Angesichts des Ausmaßes ihrer militärischen Kräfte und der ihr zuzurechnenden Angriffe sowie Anschläge ist sie auf die Begehung von Mord und Totschlag ausgerichtet. Diese von ihr bezweckten und ausgeführten Taten sind nicht allgemein gerechtfertigt (vgl. zu den Voraussetzungen eines Kombattantenprivilegs etwa BGH, Urteil vom 20. Dezember 2018 - 3 StR 236/17, BGHSt 64, 10 Rn. 89 f. mwN; s. auch Zimmermann, Berichte der Deutschen Gesellschaft für Völkerrecht, Bd. 44, 7, 11 mwN).

Die Beschuldigten beteiligten sich hochwahrscheinlich an der Vereinigung jeweils als Mitglied, da sie sich nach derzeitigem Sachstand einvernehmlich in diese eingliederten und sie durch organisationsbezogene Tätigkeiten von innen her förderten. Soweit die Rechtsprechung vor der Legaldefinition des § 129 Abs. 2 StGB für eine Beteiligung als Mitglied eine Teilnahme am Verbandsleben forderte (vgl. etwa BGH, Urteil vom 14. August 2009 - 3 StR 552/08, BGHSt 54, 69 Rn. 123 mwN; s. nunmehr BGH, Urteil vom 2. Juni 2021 - 3 StR 21/21, BGHSt 66, 137 Rn. 20; Beschluss vom 21. April 2022 - AK 18/22, juris Rn. 6 mwN), liegt eine solche ebenfalls vor.

2. Die Strafgerichtsbarkeit des Bundes und damit die Zuständigkeit des Ermittlungsrichters des Bundesgerichtshofs für den Erlass des Haftbefehls ergeben sich aus § 169 Abs. 1 StPO, § 120 Abs. 1 Nr. 6, § 142 Abs. 1 Nr. 1, § 142a Abs. 1 Satz 1 GVG.

3. Es bestehen die Haftgründe der Fluchtgefahr gemäß § 112 Abs. 2 Nr. 2 StPO sowie - auch bei der gebotenen restriktiven Auslegung des § 112 Abs. 3 StPO (s. BGH, Beschluss vom 24. Januar 2019 - AK 57/18, juris Rn. 30 f.) - der Schwerkriminalität.

Für beide Beschuldigte ist angesichts der jeweils erheblichen Straferwartung ein hoher Fluchtanreiz gegeben. Mit Blick auf ihre hochwahrscheinliche Stellung als Funktionäre der Hizb Allah ist zu erwarten, dass sie auf deren Unterstützung bei einer Flucht zurückgreifen können. Da die Beschuldigten aus dem Libanon stammen, sich dort weiter regelmäßig aufhielten und - zumindest auch - die libanesische Staatsangehörigkeit haben, bestehen greifbare Voraussetzungen dafür, den Lebensmittelpunkt dorthin zu verlegen. Die fluchthindernden Gesichtspunkte sind demgegenüber nicht von einem solchen Gewicht, dass sie die Fluchtgefahr entfallen lassen.

Zwar ist der Beschuldigte W. zudem deutscher Staatsangehöriger und geht seit rund zwanzig Jahren einer Berufstätigkeit beim selben Arbeitgeber nach, die er nach einer Entlassung aus der Untersuchungshaft voraussichtlich fortsetzen könnte. Er lebte bis zur Inhaftierung mit seiner Ehefrau sowie den vier Kindern im Alter von zwölf bis zwanzig Jahren im eigenen Haus zusammen. Es ist aber ferner zu berücksichtigen, dass er noch enge verwandtschaftliche Beziehungen in den Libanon hat.

Der Beschuldigte M. war in Deutschland an Anschriften unterschiedlicher libanesischer Vereine gemeldet. Einen fortlaufenden Wohnsitz hat er ebenso wenig wie eine längerfristige ortsgebundene Arbeitsstelle. Eine neue Teilzeittätigkeit nahm er erst im März 2023 auf. Familiäre oder soziale Bindungen in Deutschland, die einer Flucht entgegenstehen könnten, sind nicht ersichtlich. Seine Ehefrau und Kinder leben im Libanon.

Vor dem aufgezeigten Hintergrund ist die Untersuchungshaft jedenfalls nach § 112 Abs. 3 StPO geboten, weil zumindest die Gefahr besteht, dass die Ahndung der Taten ohne die weitere Inhaftierung vereitelt werden könnte (vgl. zu den Voraussetzungen näher BGH, Beschluss vom 20. April 2022 - StB 15/22, juris Rn. 11 f. mwN).

Der Zweck der Untersuchungshaft kann unter den gegebenen Umständen nicht durch weniger einschneidende Maßnahmen im Sinne des § 116 Abs. 1 StPO, die bei dem Haftgrund der Schwerkriminalität ebenfalls zu erwägen sind (s. BGH, Beschluss vom 13. Juli 2022 - StB 28/22, NStZ-RR 2022, 351, 353 mwN), erreicht werden.

4. Die Voraussetzungen für die Fortdauer der Untersuchungshaft über sechs Monate hinaus (§ 121 Abs. 1 StPO) sind gegeben. Die besondere Schwierigkeit und der Umfang der Ermittlungen haben ein Urteil noch nicht zugelassen und rechtfertigen die Haftfortdauer. Bei Durchsuchungen am Tag der Festnahmen ist eine große Anzahl von Unterlagen und elektronischen Speichermedien sichergestellt worden, deren Inhalte im Wesentlichen in Arabisch abgefasst sind und der Übersetzung bedurft haben. Zudem sind 15 Zeugen vernommen worden. Dabei hat sich etwa der Anlass, eine bestimmte Zeugin zu befragen, erst aus der Aussage eines anderen Zeugen ergeben und die Identifizierung der Zeugin zunächst weiterer Ermittlungen bedurft. Der Umfang der Akten beläuft sich - nach Verbindung der zunächst getrennt gegen die Beschuldigten geführten Verfahren - auf über 70 Ordner. Der Generalbundesanwalt hat mitgeteilt, derzeit die Anklageschrift zu erstellen, deren Fertigstellung deutlich vor dem Zeitpunkt einer weiteren besonderen Haftprüfung zu erwarten sei. Insgesamt sind die Anforderungen an eine beschleunigte Verfahrensbearbeitung erfüllt.

Soweit die Verteidigung der Ansicht ist, für eine Asservatenauswertung müsse eine Frist von sechs Monaten ausreichend sein, ist die Auswertung innerhalb dieses Zeitrahmens im Wesentlichen abgeschlossen worden. Im Übrigen rechtfertigen der Umfang der Asservate und die Bedeutung des Verfahrens nicht die Einschätzung, die Ermittlungsdauer sei unangemessen und hätte entscheidend verkürzt werden können.

5. Schließlich steht die Untersuchungshaft nach Abwägung zwischen dem Freiheitsgrundrecht der Beschuldigten einerseits sowie dem Strafverfolgungsinteresse der Allgemeinheit andererseits nicht außer Verhältnis zu der Bedeutung der Sache und den zu erwartenden Strafen (§ 120 Abs. 1 Satz 1 StPO).

HRRS-Nummer: HRRS 2024 Nr. 36

Bearbeiter: Fabian Afshar