HRRS-Nummer: HRRS 2024 Nr. 1326
Bearbeiter: Julia Heß/Karsten Gaede
Zitiervorschlag: BGH, 2 StR 489/23, Beschluss v. 21.05.2024, HRRS 2024 Nr. 1326
1. Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts Köln vom 30. August 2023
a) im Schuldspruch dahin geändert, dass der Angeklagte der bandenmäßigen Einfuhr von Cannabis in Tateinheit mit Beihilfe zum bandenmäßigen Handeltreiben mit Cannabis in sechs Fällen sowie der Beihilfe zum bandenmäßigen Handeltreiben mit Cannabis in Tateinheit mit Besitz von Cannabis in sechs Fällen schuldig ist,
b) im gesamten Strafausspruch aufgehoben.
Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels, an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.
2. Die weitergehende Revision wird als unbegründet verworfen.
Das Landgericht hat den Angeklagten wegen bandenmäßiger Einfuhr von Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in sechs Fällen sowie wegen Beihilfe zum bandenmäßigen Handeltreiben mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in Tateinheit mit Besitz von Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in sechs Fällen zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von acht Jahren und vier Monaten verurteilt und die Einziehung des Wertes von Taterträgen - zum Teil in gesamtschuldnerischer Haftung - in Höhe von 4.199.000 Euro angeordnet. Dagegen wendet sich der Angeklagte mit seiner auf die Rüge der Verletzung materiellen Rechts gestützten Revision. Das Rechtsmittel hat den aus der Entscheidungsformel ersichtlichen Teilerfolg; im Übrigen erweist es sich als unbegründet im Sinne des § 349 Abs. 2 StPO.
1. Die auf die Sachrüge veranlasste umfassende Nachprüfung des Urteils führt zur Änderung des Schuldspruchs und zur Aufhebung des Strafausspruchs:
a) Nach den Feststellungen des Landgerichts bezogen sich sämtliche abgeurteilten Tathandlungen des Angeklagten ausschließlich auf Marihuana. Der Schuldspruch kann aus diesem Grund keinen Bestand haben, denn mit dem am 1. April 2024 in Kraft getretenen Gesetz zum Umgang mit Konsumcannabis (Konsumcannabisgesetz - KCanG), das der Senat nach § 2 Abs. 3 StGB, § 354a StPO zu berücksichtigen hat, fallen diese Tathandlungen nicht mehr unter das BtMG, sondern allein unter das KCanG. Bei Marihuana handelt es sich um ein Produkt der Cannabispflanze, das nach den Begriffsbestimmungen des KCanG als „Cannabis“ erfasst wird (§ 1 Nr. 4 KCanG).
b) Das vom Landgericht insoweit rechtsfehlerfrei festgestellte Tatgeschehen ist nunmehr in den Fällen II.2.a) bis f) der Urteilsgründe als bandenmäßige Einfuhr von Cannabis in Tateinheit mit Beihilfe zum bandenmäßigen Handeltreiben mit Cannabis in sechs Fällen gemäß § 34 Abs. 1 Nr. 4 und 5, Abs. 4 Nr. 3 KCanG, §§ 27, 52 StGB zu würdigen. Zwar verbindet der täterschaftliche Bandenhandel alle im Rahmen ein und desselben Güterumsatzes aufeinander folgenden Teilakte vom Erwerb bis zur Veräußerung, also auch den Teilakt der unerlaubten Einfuhr, zu einer einzigen Tat im Sinne einer Bewertungseinheit. Allerdings kommt der täterschaftlichen bandenmäßigen unerlaubten Einfuhr neben der Beihilfe zum Bandenhandel ein eigener Unrechtsgehalt zu, so dass in diesen Fällen Tateinheit gegeben ist (vgl. BGH, Urteil des Senats vom 19. Juli 2006 - 2 StR 162/06, NStZ 2007, 101 f. mwN).
Die Fälle II.2.g) bis l) der Urteilsgründe stellen sich nach dem nunmehr anwendbaren Recht als Beihilfe zum bandenmäßigen Handeltreiben mit Cannabis (§ 34 Abs. 1 Nr. 4, Abs. 4 Nr. 3 KCanG, § 27 StGB) in Tateinheit mit Besitz von Cannabis (§ 34 Abs. 1 Nr. 1b KCanG) in sechs Fällen dar. Der Besitz ist nur dann ein unselbständiger, im Handeltreiben aufgehender Teilakt des Geschehens, wenn das Handeltreiben in Täterschaft begangen wird; liegt - wie hier - nur Beihilfe zum Handeltreiben mit Cannabis vor, so steht dieses mit dem zugleich verwirklichten täterschaftlichen Besitz von Cannabis in Tateinheit (vgl. BGH, Urteil vom 28. November 1995 - 1 StR 619/95, juris Rn. 4). Dass sich die Tat in den Fällen II.2.g) bis l) der Urteilsgründe jeweils auch auf den Besitz von Cannabis in nicht geringer Menge bezog, stellt lediglich ein Regelbeispiel für einen besonders schweren Fall dar (§ 34 Abs. 3 Satz 2 Nr. 4 KCanG), der im Schuldspruch keinen Ausdruck findet (vgl. Meyer-Goßner/Appl, Die Urteile in Strafsachen, 30. Aufl., Rn. 50).
Der Senat ändert den Schuldspruch entsprechend § 354 Abs. 1 StPO ab. § 265 StPO steht dem nicht entgegen, weil sich der geständige Angeklagte nicht wirksamer als geschehen hätte verteidigen können.
2. Der Strafausspruch hat keinen Bestand. Angesichts des deutlich geringeren Strafrahmens des § 34 Abs. 4 KCanG kann der Senat nicht ausschließen, dass das Landgericht bei Anwendung des Strafrahmens in den betreffenden zwölf Fällen niedrigere Einzelstrafen und damit auch eine geringere Gesamtstrafe verhängt hätte.
3. Die Feststellungen zum Strafausspruch können bestehen bleiben (§ 353 Abs. 2 StPO) und gegebenenfalls durch solche ergänzt werden, die zu den getroffenen nicht in Widerspruch stehen. Der Senat weist in diesem Zusammenhang darauf hin, dass die Wertung des Landgerichts, auch in den Fällen II.2.k) und l) der Urteilsgründe müsse zulasten des Angeklagten berücksichtigt werden, dass dieser „eine erhebliche Vergütung von 2.500 Euro erhielt“, bislang nicht von den Feststellungen getragen wird.
HRRS-Nummer: HRRS 2024 Nr. 1326
Bearbeiter: Julia Heß/Karsten Gaede