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HRRS-Nummer: HRRS 2022 Nr. 1014

Bearbeiter: Julia Heß/Karsten Gaede

Zitiervorschlag: BGH, 2 ARs 187/22, Beschluss v. 08.06.2022, HRRS 2022 Nr. 1014


BGH 2 ARs 187/22 2 AR 79/22 - Beschluss vom 8. Juni 2022

Zuständigkeitsbestimmung durch das gemeinschaftliche obere Gericht (Streit: mindestens zwei noch anfechtbare Entscheidungen erforderlich).

§ 14 StPO

Entscheidungstenor

Der Antrag der 5. Strafvollstreckungskammer des Landgerichts Köln auf Bestimmung des zuständigen Gerichts wird zurückgewiesen.

Gründe

I.

Der Antragsteller befand sich bis zum 1. Februar 2022 in Strafhaft in der Justizvollzugsanstalt Köln. Am 10. Januar 2022 ordnete die Leiterin der Justizvollzugsanstalt als besondere Sicherungsmaßnahme eine unregelmäßige Beobachtung des Verurteilten an. Dagegen wendet sich dieser mit seinem Antrag auf gerichtliche Entscheidung vom 10. Januar 2022, der bei der 5. Strafvollstreckungskammer des Landgerichts Köln anhängig geworden ist.

Nach Erledigung der Strafvollstreckung wird seit dem 2. Februar 2022 gegen den Antragsteller aufgrund eines von der 13. großen Strafkammer des Landgerichts Köln erlassenen Haftbefehls die Untersuchungshaft vollzogen. Am selben Tag übersandte die 5. Strafvollstreckungskammer die Akten der 13. großen Strafkammer mit der Bitte um Übernahme. Mit Verfügung vom 3. Februar 2022 lehnte eine der 13. großen Strafkammer zugehörige Richterin - ohne erkennbare Befassung des Spruchkörpers - die Übernahme mangels Zuständigkeit ab und reichte die Akten an die 5. Strafvollstreckungskammer zurück.

Am 17. Februar 2022 hat sich das Oberlandesgericht Köln nach Vorlage der Sache für die Entscheidung des negativen Kompetenzkonfliktes für unzuständig erklärt. Über die Rechtsbeschwerde gegen Entscheidungen der Strafvollstreckungskammer entscheide aufgrund einer Landesverordnung das Oberlandesgericht Hamm, über Beschwerden gegen Entscheidungen des nach § 126 StPO zuständigen Haftgerichts - der 13. großen Strafkammer - hingegen das Oberlandesgericht Köln. Auch wenn nach alledem zwei Kammern desselben Landgerichts stritten, sei damit der Bundesgerichtshof das gemeinschaftliche obere Gericht i.S.d. § 14 StPO.

Die 5. Strafvollstreckungskammer hat daraufhin die Sache dem Bundesgerichtshof vorgelegt.

II.

1. Die Voraussetzungen für die Bestimmung des zuständigen Gerichts nach § 14 StPO sind nicht gegeben.

Der Generalbundesanwalt hat zutreffend ausgeführt:

„Dabei kann dahinstehen, ob und gegebenenfalls unter welchen Voraussetzungen die Regelung des § 14 StPO, die unmittelbar nur die örtliche Zuständigkeit betrifft, auf Streitigkeiten zwischen zwei Spruchkörpern desselben Gerichts über ihre sachliche Zuständigkeit entsprechend anzuwenden ist (vgl. dazu OLG Frankfurt, NStZ-RR 1996, 302; OLG Koblenz, Beschluss vom 3. November 2020 - 4 AR 58/20 -, juris, Rn. 11). Denn hier fehlt es bereits an einem „Streit“ über die Zuständigkeit im Sinne des § 14 StPO, der mindestens zwei noch anfechtbare Entscheidungen erfordert (vgl. BGH, Beschluss vom 28. April 2020 - 2 ARs 274/19 -, juris, Rn. 7; BGH, Beschluss vom 24. September 2019 - 2 ARs 229/19 -, juris, Rn. 12 f.; Scheuten, in KK-StPO, 8. Aufl., § 14 Rn. 1). Bislang hat nämlich nur die 5. Strafvollstreckungskammer des Landgerichts Köln, die nach den § 110 Nr. 6 StVollzG NRW i.V.m. § 110 StVollzG über den Antrag auf gerichtliche Entscheidung gegen eine Maßnahme im Strafvollzug zu befinden hat, durch den Einzelrichter (§ 78 Abs. 1 Nr. 2 GVG) über ihre Zuständigkeit entschieden. Die gemäß den §§ 119a, 126 Abs. 2 Satz 1 StPO zur Entscheidung über den Antrag auf gerichtliche Entscheidung gegen eine Maßnahme im Untersuchungshaftvollzug berufene 13. große Strafkammer ist demgegenüber noch gar nicht mit der Sache befasst worden. Zwar hat eine diesem Spruchkörper zugehörige Richterin die ihr vorgelegten Akten mit Verfügung vom 3. Februar 2022 unter Ablehnung der Übernahme mangels Zuständigkeit an die 5. Strafvollstreckungskammer zurückgeleitet. In dieser Verfügung liegt aber keine Entscheidung der 13. großen Strafkammer, die im Verfahren nach § 119a StPO in der Besetzung des § 76 Abs. 1 Satz 2 GVG mit drei Richtern über ihre Zuständigkeit hätte Beschluss fassen müssen. Dies ist nicht geschehen.“

2. Nach alledem ist die Sache an die 5. Strafvollstreckungskammer des Landgerichts Köln zurückzugeben. Hinsichtlich des weiteren Vorgehens verweist der Senat auf die Ausführungen in der Zuschrift des Generalbundesanwalts.

HRRS-Nummer: HRRS 2022 Nr. 1014

Bearbeiter: Julia Heß/Karsten Gaede