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HRRS-Nummer: HRRS 2023 Nr. 134

Bearbeiter: Julia Heß/Karsten Gaede

Zitiervorschlag: BGH, 2 StR 296/22, Beschluss v. 25.10.2022, HRRS 2023 Nr. 134


BGH 2 StR 296/22 - Beschluss vom 25. Oktober 2022 (LG Aachen)

Wohnungseinbruchdiebstahl (Eindringen).

§ 244 Abs. 1 Nr. 3 StGB

Entscheidungstenor

1. Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts Aachen vom 28. März 2022, soweit er verurteilt ist, mit den Feststellungen aufgehoben

a) im Fall II. 5. der Urteilsgründe,

b) im Gesamtstrafenausspruch und

c) soweit die Einziehung eines den Betrag von 550 Euro übersteigenden Wertes von Taterträgen angeordnet worden ist.

2. Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels, an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.

3. Die weitergehende Revision wird verworfen.

Gründe

Das Landgericht hat den Angeklagten unter Freisprechung im Übrigen wegen schweren Wohnungseinbruchsdiebstahls in vier Fällen und versuchten schweren Wohnungseinbruchsdiebstahls in zwei Fällen, jeweils in Tateinheit mit Sachbeschädigung, sowie wegen Begünstigung in Tateinheit mit Sachbeschädigung zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von vier Jahren verurteilt und eine Einziehungsentscheidung getroffen. Hiergegen richtet sich die Revision des Angeklagten mit der Rüge der Verletzung materiellen Rechts, die den aus der Entscheidungsformel ersichtlichen Teilerfolg hat; im Übrigen ist sie unbegründet im Sinne des § 349 Abs. 2 StPO.

1. Die sachlich-rechtliche Überprüfung des angefochtenen Urteils aufgrund der Revision des Angeklagten hat zu den Schuld- und Strafaussprüchen in den Fällen II. 1. bis II. 4., II. 6. und II. 7. der Urteilsgründe und hinsichtlich der Einziehungsentscheidung in Höhe von 550 Euro keinen ihn beschwerenden Rechtsfehler ergeben.

2. Der Schuldspruch im Fall II. 5. der Urteilsgründe hat keinen Bestand.

a) Nach den insoweit getroffenen Feststellungen des Landgerichts brachen der Angeklagte und drei weitere Mittäter in der Nacht vom 12. auf den 13. Dezember 2019 „auf unbekannte Weise in das von außen verwaist und heruntergekommen wirkende freistehende Einfamilienhaus“ des Geschädigten in A. ein. „Vermutlich öffneten sie die nicht verschlossene Eingangstür über den Briefkasten des Hauses oder hebelten die rückwärtige Terrassentür auf.“ Sie durchsuchten das Haus nach Wertgegenständen und entwendeten u.a. Bargeld und Schmuck; es gelang ihnen jedoch nicht, einen im Haus befindlichen Tresor aufzubrechen. Durch die Tat entstand ein Sachschaden in Höhe von 20.000 bis 30.000 Euro. Der Angeklagte erhielt für seine Tatbeteiligung eine Entlohnung von 100 Euro.

Die Strafkammer konnte keine Feststellungen dazu treffen, wie die vier Täter in das Einfamilienhaus eingedrungen sind. Während der ermittelnde Polizeibeamte, so das Landgericht, gemutmaßt habe, dass die Täter über den Briefkasten die nicht verschlossene Eingangstür geöffnet hätten, habe der Geschädigte vermutet, dass sie die Terrassentür aufgehebelt hätten.

b) Soweit das Landgericht seiner rechtlichen Würdigung auch die Sachverhaltsalternative zugrunde gelegt hat, die Täter hätten die nicht verschlossene Eingangstür des Einfamilienhauses über den Briefkasten geöffnet, belegen die Feststellungen nicht die Begehung eines Wohnungseinbruchsdiebstahls gemäß § 244 Abs. 1 Nr. 3 StGB in der hier allein in Betracht kommenden Tatbestandsvariante des „Eindringens“. Den Feststellungen ist - auch im Gesamtzusammenhang der Urteilsgründe - nicht zu entnehmen, ob die Täter - dem Wortlaut der Norm entsprechend - ein nicht zur ordnungsgemäßen Öffnung der Tür bestimmtes Werkzeug benutzt haben, um durch den Briefkastenschlitz beispielsweise auf den Schließmechanismus der Haustür durch Herunterdrücken der Türklinke einzuwirken und auf diese Weise die nicht verschlossene Eingangstür zu öffnen und in das Gebäude einzudringen (vgl. auch BGH, Urteil vom 16. November 1999 - 1 StR 506/99, juris Rn. 6; RG, Urteil vom 8. Juni 1895 - 1545/95, RGSt 27, 285, 286; Schönke/Schröder/Bosch, StGB, 30. Aufl., § 243 Rn. 15).

Die Verurteilung des Angeklagten im Fall II. 5. der Urteilsgründe wegen schweren Wohnungseinbruchsdiebstahls kann daher keinen Bestand haben. Die Aufhebung erfasst auch die tateinheitlich erfolgte - an sich rechtsfehlerfreie - Verurteilung wegen Sachbeschädigung.

3. Die Teilaufhebung des Schuldspruchs entzieht dem Gesamtstrafenausspruch die Grundlage.

4. Die Einziehungsanordnung hat nur hinsichtlich eines Betrages in Höhe von 550 Euro Bestand. Die Aufhebung des Schuldspruchs im Fall II. 5. der Urteilsgründe, in dem der Angeklagte 100 Euro erlangt hatte, führt in dieser Höhe auch zur Aufhebung der diesbezüglichen Einziehungsentscheidung und zur Reduzierung des im Übrigen fehlerfrei berechneten Einziehungsbetrags.

HRRS-Nummer: HRRS 2023 Nr. 134

Bearbeiter: Julia Heß/Karsten Gaede