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HRRS-Nummer: HRRS 2023 Nr. 952

Bearbeiter: Julia Heß/Karsten Gaede

Zitiervorschlag: BGH, 2 StR 288/22, Beschluss v. 30.03.2023, HRRS 2023 Nr. 952


BGH 2 StR 288/22 - Beschluss vom 30. März 2023 (LG Erfurt)

Verwerfung der Revision als unbegründet.

§ 349 Abs. 2 StPO

Entscheidungstenor

1. Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts Erfurt vom 10. November 2021 im Gesamtstrafenausspruch sowie hinsichtlich der Einziehung von 474,30 Gramm Crystal aufgehoben; diese entfällt.

Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels, an eine andere Schwurgerichtskammer des Landgerichts zurückverwiesen.

2. Die weitergehende Revision wird verworfen.

Gründe

Das Landgericht hat den Angeklagten wegen Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in sieben Fällen zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von fünf Jahren und sechs Monaten verurteilt und ihn im Übrigen freigesprochen. Außerdem hat es Einziehungsentscheidungen getroffen. Die auf die Verletzung formellen und materiellen Rechts gestützte Revision des Angeklagten hat in dem aus der Beschlussformel ersichtlichen Umfang Erfolg, im Übrigen ist sie offensichtlich unbegründet (§ 349 Abs. 2 StPO).

1. Den Verfahrensbeanstandungen bleibt aus den vom Generalbundesanwalt in seiner Antragsschrift dargelegten Gründen der Erfolg versagt.

2. Während der Schuldspruch wie auch die Einzelstrafaussprüche rechtlicher Überprüfung standhalten, begegnet der Gesamtstrafenausspruch durchgreifenden rechtlichen Bedenken.

Die Strafkammer hat den im Eigentum des Angeklagten stehenden PKW Audi A8 nach § 74 Abs. 1 StGB unter Ausübung des ihr zustehenden Ermessens ohne Rechtsfehler eingezogen. Sie hat allerdings nicht erkennbar bedacht, dass eine Maßnahme nach § 74 StGB den Charakter einer Nebenstrafe hat und damit eine Strafzumessungsentscheidung darstellt. Wird dem Täter auf diese Weise ein ihm zustehender Gegenstand von nicht unerheblichem Wert entzogen, ist dies deshalb ein bestimmender Gesichtspunkt für die Bemessung der daneben zu verhängenden Strafe und insoweit im Wege einer Gesamtbetrachtung der den Täter betreffenden Rechtsfolgen angemessen zu berücksichtigen (vgl. st. Rspr.; vgl. nur Senat, wistra 2022, 253, 254). Dem Urteil ist der Wert des PKW nicht zu entnehmen, so dass dem Senat eine entsprechende Prüfung, ob das Landgericht die Einziehung nach diesem Maßstab bei der Strafzumessung berücksichtigt hat, nicht möglich ist. Der Senat kann nicht ausschließen, dass das Fahrzeug des Angeklagten einen nicht unerheblichen Wert hatte und die Strafkammer bei Beachtung der dargelegten Grundsätze zu einer milderen Gesamtstrafe gelangt wäre.

3. Die Einziehung der im Keller des Anwesens M. Str. in E. sichergestellten 474,30 Gramm Crystal hat keinen Bestand, weil der Angeklagte wie auch die Mitangeklagte insoweit freigesprochen worden sind. Sie hat zu entfallen. Eine Einziehung kam nach dem Freispruch nur noch im selbständigen Verfahren nach § 76a Abs. 1 StGB in Betracht. Dazu aber hätte die Staatsanwaltschaft ihren auf eine selbständige Einziehung gerichteten Willen durch einen entsprechenden (Hilfs-)Antrag nach § 435 Abs. 1 Satz 1 StPO kundtun müssen (vgl. zur Einstellung des Verfahrens nach § 154 Abs. 2 StPO Senat, Beschluss vom 4. Juni 2019 - 2 StR 31/19, wistra 2020, 65). Dies ist aber nicht geschehen.

Im Übrigen hat die Einziehungsentscheidung keinen Rechtsfehler zum Nachteil des Angeklagten ergeben.

HRRS-Nummer: HRRS 2023 Nr. 952

Bearbeiter: Julia Heß/Karsten Gaede