HRRS-Nummer: HRRS 2022 Nr. 323
Bearbeiter: Karsten Gaede/Julia Heß
Zitiervorschlag: BGH, 2 ARs 289/21, Beschluss v. 11.01.2022, HRRS 2022 Nr. 323
Zuständig für die nachträglichen Entscheidungen, die sich auf die Aussetzung der weiteren Vollstreckung der Unterbringung in einer Entziehungsanstalt aus dem Urteil des Landgerichts Lüneburg vom 17. September 2009 beziehen, ist das Landgericht - Strafvollstreckungskammer - Lüneburg.
Mit Beschluss vom 14. November 2014 hatte die damals örtlich und sachlich zuständige Strafvollstreckungskammer des Landgerichts Göttingen sowohl die im Urteil des Landgerichts Lüneburg vom 17. September 2009 angeordnete und vollzogene Unterbringung in einer Entziehungsanstalt als auch die Reststrafe zur Bewährung ausgesetzt, den Eintritt der Führungsaufsicht festgestellt und die Dauer der Führungsaufsicht sowie der Bewährungszeit auf vier Jahre festgesetzt. Nach erneuter Straffälligkeit und Weisungsverstößen des Verurteilten hat die Strafvollstreckungskammer des Landgerichts Göttingen mit Beschluss vom 25. April 2018 die Aussetzung der Reststrafen widerrufen, von einem Widerruf der Aussetzung der Unterbringung jedoch abgesehen. Nach weiteren Verurteilungen befindet sich der Verurteilte seit dem 17. November 2020 in der zum Zuständigkeitsbereich des Landgerichts Lüneburg gehörende JVA Uelzen.
Mit Beschluss vom 26. Februar 2021 hat das Landgericht Göttingen die Sache dem Landgericht Lüneburg zur Übernahme vorgelegt. Die Strafvollstreckungskammer des Landgerichts Lüneburg ist der Auffassung, dass ihre Zuständigkeit nicht begründet sei, weil die Zuständigkeit der Strafvollstreckungskammer Göttingen gemäß § 462a Abs. 1 Satz 2 StPO fortwirke. Aus der Begründung des Beschlusses vom 25. April 2018 ergebe sich, dass die Strafvollstreckungskammer des Landgerichts Göttingen hinsichtlich der Aussetzung der Maßregel nicht endgültig entschieden habe und deshalb weiter vorbefasst im Sinne des § 462a Abs. 1 StPO sei.
Die Strafvollstreckungskammer des Landgerichts Lüneburg hat die Sache zur Entscheidung des Zuständigkeitsstreits vorgelegt.
Der Generalbundesanwalt hat dazu ausgeführt:
„Der Bundesgerichtshof ist als gemeinschaftliches oberes Gericht zur Entscheidung des Zuständigkeitsstreits berufen, da die Landgerichte Göttingen und Lüneburg in die Zuständigkeit unterschiedlicher Oberlandesgerichte - der Oberlandesgerichte Braunschweig und Celle - fallen.
Die gemäß § 14 StPO veranlasste Prüfung führt zu dem Ergebnis, dass die Strafvollstreckungskammer des Landgerichts Lüneburg nunmehr für die zu treffenden Entscheidungen und damit auch für die erforderlich werdende Nachtragsentscheidung hinsichtlich der Frage der weiteren Aussetzung der Vollstreckung der Maßregel örtlich zuständig ist, da sich der Verurteilte nun in der JVA Uelzen befindet:
Die Zuständigkeit der Strafvollstreckungskammer des Landgerichts Götttingen endete jedenfalls mit der Aufnahme des Verurteilten in die JVA Uelzen. Entgegen der Auffassung des Landgerichts Lüneburg wirkte die Zuständigkeit der Strafvollstreckungskammer des Landgerichts Göttingen nicht gemäß § 462a Abs. 1 Satz 2 StPO fort. Das Befasstsein endet, wenn in der Sache abschließend entschieden worden ist (BGHSt 26, 165, 166; 187, 189; NStZ 1981, 404; NStZ 1984, 380, 381). Mit Beschluss vom 25. April 2018 (Bl. 222ff.) hat die Strafvollstreckungskammer des Landgerichts Göttingen die Aussetzung der Reststrafen widerrufen, nicht jedoch die weitere Vollstreckung der Unterbringung in einer Entziehungsanstalt. Diese Entscheidung war abschließend, wie sich aus der Tenorierung zur Aussetzung der weiteren Vollstreckung der Unterbringung in einer Entziehungsanstalt ergibt (Ziffer 2 - „Die Aussetzung … bleibt bestehen.“). Auch aus der Begründung des Beschlusses ergibt sich kein Vorbehalt dahin, dass die Strafvollstreckungskammer des Landgericht Göttingen sich die Entscheidung hierzu weiter für einen unbestimmten Zeitraum offenhalten wollte. Die weitere Aussetzung der Maßregel wurde im Wesentlichen damit begründet, dass die neuen Straftaten und die gröblichen Weisungsverstöße zwar den Widerruf der Strafaussetzung rechtfertigten, der Vollzug der Maßregel aber zur Verhinderung erheblicher rechtswidriger Taten geboten sein müsse, was hier nicht der Fall sei (Bl. 225f.). Dies stellt gerade keinen Vorbehalt dar.“
Dem schließt sich der Senat an.
HRRS-Nummer: HRRS 2022 Nr. 323
Bearbeiter: Karsten Gaede/Julia Heß