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HRRS-Nummer: HRRS 2022 Nr. 726

Bearbeiter: Karsten Gaede/Julia Heß

Zitiervorschlag: BGH, 2 StR 64/21, Beschluss v. 30.03.2022, HRRS 2022 Nr. 726


BGH 2 StR 64/21 - Beschluss vom 30. März 2022 (LG Wiesbaden)

Wiedereinsetzung in den vorigen Stand.

§ 45 StPO

Entscheidungstenor

1. Dem Angeklagten wird auf seinen Antrag vom 8. Februar 2022 auf seine Kosten Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zur Nachholung der mit Schriftsatz vom 21. Oktober 2020, Anlage zum Protokoll der Rechtsantragsstelle des Landgerichts Wiesbaden vom gleichen Tag, vorgetragenen Verfahrensrügen, gewährt.

2. Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts Wiesbaden vom 1. Juli 2020, soweit es ihn betrifft, dahin abgeändert, dass die Einziehung des Wertes von Taterträgen in Höhe von 1.299.660,50 € als Gesamtschuldner angeordnet ist; die darüberhinausgehende Einziehung des Wertes von Taterträgen entfällt.

3. Die weitergehende Revision wird verworfen.

4. Der Beschwerdeführer hat die Kosten seines Rechtsmittels zu tragen.

Gründe

Das Landgericht hat den Angeklagten wegen „Betrugs in 26 Fällen, davon in 4 Fällen wegen Versuchs, in einem durch Unterlassen sowie wegen Urkundenfälschung“ zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von sechs Jahren und drei Monaten verurteilt, wovon sechs Monate als vollstreckt gelten. Zudem hat es die Einziehung des Wertes von Taterträgen in Höhe von 1.339.580 € als Gesamtschuldner sowie von „Bargeld in Höhe von 30.800 €“ und eines gefälschten belgischen Reisepasses angeordnet. Dagegen richtet sich die mit der Rüge der Verletzung formellen und materiellen Rechts begründete Revision des Angeklagten. Ferner begehrt er die Wiedereinsetzung in den vorherigen Stand nach Ablauf der Revisionsbegründungsfrist zur Nachholung von Verfahrensrügen. Während der Wiedereinsetzungsantrag Erfolg hat, erweist sich die Revision - wie aus der Beschlussformel ersichtlich - als überwiegend unbegründet (§ 349 Abs. 2 StPO).

1. Dem Wiedereinsetzungsantrag des Angeklagten vom 8. Februar 2022 zur Nachholung von Verfahrensrügen war zu entsprechen, nachdem er diesen binnen Wochenfrist ab Zustellung des Schreibens des Vorsitzenden des Senats vom 17. Januar 2022, das ihn auf die Unwirksamkeit seiner vormaligen Erklärung zu Protokoll der Geschäftsstelle des Landgerichts Wiesbaden vom 21. Oktober 2020 hingewiesen hatte, bei dem Landgericht gestellt (§ 45 Abs. 1 Satz 1 StPO) und zeitgleich die versäumte Handlung unter Wahrung der Form des § 345 Abs. 2 StPO nachgeholt hat (§ 45 Abs. 2 Satz 2 StPO). Der Angeklagte konnte hier darauf vertrauen, dass seine Erklärung zu Protokoll der Geschäftsstelle vom 21. Oktober 2020 durch die Rechtspflegerin eine Form erfahren würde, die dem § 345 Abs. 2 StPO genügt; insbesondere sind keine Anhaltspunkte erkennbar, dass er diesen Mangel selbst verschuldete (vgl. BGH, Beschluss vom 21.07.1998 - 4 StR 274/98, NStZ-RR 1999, 110).

2. Die Revision des Angeklagten führt lediglich zu einer Abänderung der Einziehungsentscheidung. Im Übrigen bleibt sie ohne Erfolg.

a) Die Verfahrensrügen versagen aus den Gründen der Zuschrift des Generalbundesanwalts vom 10. März 2022.

b) Die Überprüfung des Schuld- und Strafausspruchs sowie der Kompensationsentscheidung zur rechtsstaatswidrigen Verfahrensverzögerung hat aus den in der Zuschrift des Generalbundesanwalts vom 17. Mai 2021 aufgezeigten Erwägungen ebenfalls keinen durchgreifenden Rechtsfehler zum Nachteil des Angeklagten ergeben.

c) Hingegen bedarf die Einziehungsentscheidung der Korrektur. Der Angeklagte hat in den vollendeten 20 Betrugsfällen 1.389.050,50 € gemeinsam mit dem Mitangeklagten erlangt. Hiervon sind insgesamt 58.590 € an mehrere Geschädigte zurückgeflossen, so dass deren Ansprüche in dieser Höhe erloschen sind (§ 73e Abs. 1 Satz 1 StGB). Schließlich müssen 30.800 € in Abzug gebracht werden, die das Landgericht bei dem Angeklagten unmittelbar als Tatertrag eingezogen hat (§ 73 Abs. 1 StGB). Insgesamt sind damit lediglich 1.299.660,50 € als Wert von Taterträgen gesamtschuldnerisch einzuziehen (§ 73 Abs. 1, § 73c Satz 1 StGB).

3. Angesichts des nur geringfügigen Teilerfolgs der Revision ist es nicht unbillig, den Beschwerdeführer mit sämtlichen Kosten seines Rechtsmittels zu belasten (§ 473 Abs. 4 StPO).

HRRS-Nummer: HRRS 2022 Nr. 726

Bearbeiter: Karsten Gaede/Julia Heß