HRRS-Nummer: HRRS 2022 Nr. 1010
Bearbeiter: Julia Heß/Karsten Gaede
Zitiervorschlag: BGH, 2 StR 530/21, Beschluss v. 20.07.2022, HRRS 2022 Nr. 1010
1. Der Antrag des Angeklagten auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gegen die Versäumung der Frist zur Begründung der Revision gegen das Urteil des Landgerichts Aachen vom 10. Mai 2021 und seine Revision gegen das vorgenannte Urteil werden als unzulässig verworfen.
2. Der Beschwerdeführer hat die Kosten seines Rechtsmittels zu tragen.
Das Landgericht hat den Angeklagten unter Freisprechung im Übrigen wegen Handeltreibens mit Betäubungsmitteln zu einer Freiheitsstrafe von sechs Monaten verurteilt und die Einziehung von 180 Euro bei dem Angeklagten als Gesamtschuldner angeordnet. Gegen dieses Urteil hat der Beschwerdeführer form- und fristgerecht Revision eingelegt. Das schriftliche Urteil wurde seinem Verteidiger am 29. Juni 2021 zugestellt. Nachdem die Revision nicht fristgerecht begründet worden war, beantragte die Staatsanwaltschaft deren Verwerfung als unzulässig. Mit einem am 21. September 2021 beim Landgericht eingegangenen Verteidigerschriftsatz wird unter Hinweis auf ein Büroversehen die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gegen die Versäumung der Frist zur Begründung der Revision beantragt und die Revision mit der Sachrüge begründet.
1. Der Wiedereinsetzungsantrag ist unzulässig, da die Voraussetzungen gemäß § 45 Abs. 2 Satz 1 StPO nicht eingehalten wurden. Wegen des Begründungsmangels kommt hier auch keine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand von Amts wegen in Frage.
a) Die Antragsbegründung äußert sich nicht dazu, wann das Hindernis, das einer rechtzeitigen Revisionsbegründung entgegenstand, weggefallen ist. Entscheidend für den Beginn der Frist für den Wiedereinsetzungsantrag im Sinne von § 45 Abs. 1 Satz 1 StPO ist der Zeitpunkt der Kenntnisnahme von der Fristversäumung durch den Angeklagten. Jedenfalls in Fällen, in denen, wie hier, die Wahrung der Frist für den Wiedereinsetzungsantrag nicht offensichtlich ist, gehört zur formgerechten Anbringung des Wiedereinsetzungsantrags auch, dass der Antragsteller mitteilt, wann dieses Hindernis entfallen ist. Dies gilt selbst dann, wenn der Verteidiger ein eigenes Verschulden geltend macht, das dem Angeklagten nicht zuzurechnen wäre. Erforderlich war demnach die Mitteilung, wann der Angeklagte von der Versäumung der Revisionsbegründungsfrist Kenntnis erhalten hat (vgl. Senat, Beschluss vom 4. August 2010 - 2 StR 365/10; BGH, Beschluss vom 13. Januar 2016 - 4 StR 452/15). Daran fehlt es.
b) Es besteht auch kein Anlass, dem Angeklagten von Amts wegen Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren. Angesichts der Tatsache, dass der Angeklagte von weiteren Vorwürfen freigesprochen ist, für überschießende Untersuchungshaft entschädigt werden soll und - nur insoweit revisibel ? zu einer sechsmonatigen Freiheitsstrafe verurteilt wurde, die durch anzurechnende Untersuchungshaft bereits erledigt ist, kann nicht ohne diesbezügliches Antragsvorbringen davon ausgegangen werden, der Angeklagte habe den Verteidiger mit der Revisionseinlegung und -begründung beauftragt und auf die Durchführung vertraut. Erst recht bleibt unklar, welche Kenntnis der Angeklagte von den Umständen hatte und ob der Wiedereinsetzungsantrag auch nach dessen Kenntnisstand noch in der Frist des § 45 Abs. 1 StPO angebracht wurde.
2. Da dem Angeklagten nicht die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gewährt werden kann, bleibt seine Revision mangels Einhaltung der Revisionsbegründungsfrist unzulässig.
HRRS-Nummer: HRRS 2022 Nr. 1010
Bearbeiter: Julia Heß/Karsten Gaede