HRRS-Nummer: HRRS 2022 Nr. 627
Bearbeiter: Karsten Gaede/Julia Heß
Zitiervorschlag: BGH, 2 StR 483/21, Beschluss v. 15.02.2022, HRRS 2022 Nr. 627
1. Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts Aachen vom 3. August 2021 in den Einzelstrafaussprüchen zu den Fällen II. 1 und 2 der Urteilsgründe sowie im Gesamtstrafenausspruch mit den jeweils zugehörigen Feststellungen aufgehoben.
Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels, an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.
2. Die weitergehende Revision des Angeklagten wird verworfen.
Das Landgericht hat den Angeklagten wegen unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in drei Fällen zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von drei Jahren und drei Monaten verurteilt und zudem eine Einziehungsentscheidung getroffen. Die auf die Verletzung materiellen Rechts gestützte Revision des Angeklagten hat in dem aus der Beschlussformel ersichtlichen Umfang Erfolg; im Übrigen ist sie offensichtlich unbegründet (§ 349 Abs. 2 StPO).
1. Die Überprüfung des Schuldspruchs, des Strafausspruchs im Fall II. 3 der Urteilsgründe wie auch der Einziehungsentscheidung hat Rechtsfehler zum Nachteil des Angeklagten nicht ergeben.
2. Hingegen begegnet der Strafausspruch in den Fällen II. 1 und 2 der Urteilsgründe durchgreifenden rechtlichen Bedenken. Das Landgericht hat hinsichtlich der abgeschlossenen Erntevorgänge auf der von dem Angeklagten im Auftrag einer unbekannten Person betriebenen Cannabis-Plantage einen Mindestertrag von 31 kg zugrunde gelegt, diese Annahme aber nicht tragfähig belegt.
Die Strafkammer ist sachverständig beraten davon ausgegangen, dass der Ertrag für den Erntevorgang des noch laufenden Anbaus für Fall II. 3 der Urteilsgründe 22,7 kg betrug. Dies hat sie ohne Rechtsfehler auf die Berechnung des Sachverständigen gestützt, der diesen Betrag aus den sichergestellten Pflanzen hochgerechnet hat. Ausgehend hiervon hat die Strafkammer dem Sachverständigen folgend auf eine Ertragsmenge von 31 kg in den vorangegangenen Anbauvorgängen (Fälle II. 1 und 2 der Urteilsgründe) geschlossen. Nachvollziehbare Darlegungen dazu, wie der Sachverständige zu diesem Ertrag gekommen ist, finden sich in den Urteilsgründen nicht; die allein wiedergegebenen Hinweise auf die Beleuchtungssituation erlauben dem Senat nicht die Prüfung, ob die Wertung des Sachverständigen, der sich das Landgericht angeschlossen hat, auf einer tragfähigen Tatsachengrundlage beruht (Senat, Beschlüsse vom 6. Mai 2020 - 2 StR 391/19, Rn. 9 ff. und vom 21. Juli 2020 - 2 StR 187/20, Rn. 8 ff.).
Das Landgericht hat der Strafzumessung in den Fällen II. 1 und 2 der Urteilsgründe den Ernteertrag von 31 kg bei einem Mindestwirkstoffgehalt von 10 % und damit eine 413-fache Überschreitung des Grenzwerts der nicht geringen Menge zugrunde gelegt. Es ist angesichts der noch nachzuvollziehenden Berechnung eines Ertrags von 21,7 kg ausgeschlossen, dass der Schuldspruch auf der mangelhaften Darlegung der weiteren Berechnungsgrundlagen zum Ernteertrag beruht, aber nicht auszuschließen, dass den festgesetzten Einzelstrafen von jeweils zwei Jahren ein zu großer Schuldumfang zugrunde liegt. Diese Einzelstrafen sind deshalb mit den jeweils zugehörigen Feststellungen aufzuheben. Dies zieht die Aufhebung des Gesamtstrafenausspruchs nach sich.
HRRS-Nummer: HRRS 2022 Nr. 627
Bearbeiter: Karsten Gaede/Julia Heß