HRRS-Nummer: HRRS 2022 Nr. 167
Bearbeiter: Karsten Gaede/Julia Heß
Zitiervorschlag: BGH, 2 StR 347/21, Beschluss v. 08.12.2021, HRRS 2022 Nr. 167
1. Dem Angeklagten C. S. wird auf seinen Antrag Wiedereinsetzung in den vorigen Stand nach Versäumung der Frist zur Begründung der Revision gegen das Urteil des Landgerichts Bonn vom 1. April 2021 gewährt.
2. Die Revision des Angeklagten C. S. gegen das vorbezeichnete Urteil wird mit der Maßgabe als unbegründet verworfen, dass der Angeklagte im Fall II.1. der Urteilsgründe des Führens eines verbotenen Gegenstandes (Butterflymesser) schuldig ist.
3. Die Revision des Angeklagten T. S. wird verworfen.
4. Die Beschwerdeführer haben die Kosten ihrer Rechtsmittel zu tragen.
Das Landgericht hat den Angeklagten T. S. wegen besonders schweren Raubes in Tateinheit mit versuchter besonders schwerer räuberischer Erpressung und Freiheitsberaubung zu sieben Jahren Freiheitsstrafe verurteilt, den Angeklagten C. S. wegen schweren Raubes, wegen dreier Fälle der gefährlichen Körperverletzung, wegen zweier Fälle der Körperverletzung und - im Fall II.1. der Urteilsgründe - wegen Führens in Tateinheit mit Besitz eines verbotenen Gegenstandes zu sieben Jahren und sechs Monaten Gesamtfreiheitsstrafe. Es hat hinsichtlich beider Angeklagter die Unterbringung in einer Entziehungsanstalt angeordnet und ausgesprochen, dass ein Teil der Strafe vor der Maßregel zu vollziehen ist.
Die jeweils auf die Rüge der Verletzung materiellen Rechts gestützten Revisionen der Angeklagten führen lediglich hinsichtlich des Angeklagten C. S. - dem überdies Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zur Begründung seiner Revision zu gewähren war - zu der aus der Beschlussformel ersichtlichen Korrektur des Schuldspruchs zu Fall II.1. der Urteilsgründe. Im Übrigen hat die umfassende Nachprüfung des angefochtenen Urteils keinen Rechtsfehler zum Nachteil der Angeklagten erbracht (§ 349 Abs. 2 StPO).
1. Nach den Feststellungen des Landgerichts zu Fall II.1. der Urteilsgründe führte der Angeklagte C. S. bewusst und griffbereit in der Nordstadt ein einseitig geschliffenes Butterflymesser mit sich, bei dem es sich - wie der Angeklagte wusste - um einen nach dem Waffengesetz verbotenen Gegenstand handelte. Zur rechtlichen Würdigung hat der Generalbundeswalt in seiner Antragsschrift ausgeführt:
„Die getroffenen Feststellungen belegen (…) nicht, dass der Angeklagte sich wegen (tateinheitlichen) Besitzes des Butterflymessers strafbar gemacht hat. Übt der Täter - wie hier - die tatsächliche Gewalt über den verbotenen Gegenstand (nur) außerhalb der eigenen Wohnung, der eigenen Geschäftsräume, des eigenen befriedeten Besitztums oder - insoweit hier nicht relevant - einer Schießstätte aus, so führt er ihn (vgl. Anlage 1 Abschnitt 2 Nummer 4 zu § 1 Abs. 4 WaffG). Eine Verurteilung wegen tateinheitlich verwirklichten Besitzes kommt nur dann in Betracht, wenn festgestellt ist, dass der Täter die tatsächliche Gewalt über den verbotenen Gegenstand auch innerhalb der bezeichneten Örtlichkeiten ausgeübt hat (vgl. BGH, Beschluss vom 15. Juni 2015 - 5 StR 197/15, NStZ 2015, 529).“ Ein entsprechender Besitz des Butterflymessers sei vorliegend den Urteilsgründen nicht zu entnehmen und verstehe sich auch nicht von selbst.
2. Der Senat ändert daher in entsprechender Anwendung von § 354 Abs. 1 StPO den Schuldspruch wie aus der Beschlussformel ersichtlich. § 265 StPO steht dem nicht entgegen. Der Strafausspruch bleibt hierdurch unberührt, da das Landgericht den von ihr angenommenen tateinheitlichen Besitz nicht strafschärfend berücksichtigt hat und im Übrigen auszuschließen ist, dass die Strafkammer bei zutreffender rechtlicher Bewertung auf eine geringere Einzelstrafe erkannt hätte.
HRRS-Nummer: HRRS 2022 Nr. 167
Bearbeiter: Karsten Gaede/Julia Heß