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HRRS-Nummer: HRRS 2020 Nr. 1176

Bearbeiter: Karsten Gaede/Marc-Philipp Bittner

Zitiervorschlag: BGH, 2 StR 92/20, Beschluss v. 22.07.2020, HRRS 2020 Nr. 1176


BGH 2 StR 92/20 - Beschluss vom 22. Juli 2020 (LG Frankfurt am Main)

Konkurrenzen (Zuhälterei, Vergewaltigung, schwerer Menschenhandel).

§ 177 Abs. 1, Abs. 2 Nr. 1 StGB; § 181a StGB; § 232 Abs. 4 Nr. 1 StGB

Leitsatz des Bearbeiters

Die minder schwere Tat der Zuhälterei nach § 181a StGB ist nicht geeignet, die Vergewaltigung und den schweren Menschenhandel zu einer Tat zu verbinden.

Entscheidungstenor

Die Revisionen der Angeklagten gegen das Urteil des Landgerichts Frankfurt am Main vom 12. September 2019 werden als unbegründet verworfen, da die Nachprüfung des Urteils auf Grund der Revisionsrechtfertigungen keinen Rechtsfehler zum Nachteil der Angeklagten ergeben hat.

Jeder Beschwerdeführer hat die Kosten seines Rechtsmittels und die der Nebenklägerin im Revisionsverfahren entstandenen notwendigen Auslagen zu tragen.

Zur Revision des Angeklagten H. H. bemerkt der Senat ergänzend:

Die Wertung der Strafkammer, die für sich genommen rechtsfehlerfrei festgestellten vier Fälle der Vergewaltigung (§ 177 Abs. 1, Abs. 2 Nr. 1 StGB, hier in der ab 1. Januar 2000 geltenden Fassung) stünden im Verhältnis der Tateinheit zu den ebenfalls rechtsfehlerfrei festgestellten Delikten des schweren Menschenhandels (§ 232 Abs. 4 Nr. 1 StGB, hier in der ab 19. Februar 2005 geltenden Fassung) und der Zuhälterei (§ 181a Abs. 1 Nr. 1 und Nr. 2 StGB, hier in der ab 19. Februar 2005 geltenden Fassung), ist nicht frei von rechtlichen Bedenken. Die minder schwere Tat der Zuhälterei nach § 181a StGB ist nicht geeignet, die genannten schweren Delikte zu einer Tat zu verbinden (vgl. BGH, Urteil vom 9. November 1993 - 5 StR 539/93, NJW 1994, 1015). Die Annahme der Strafkammer, die Vergewaltigungen seien auch Mittel zur Beugung des der Prostitutionsausübung entgegenstehenden Willens der Geschädigten gewesen, wird von den Urteilsfeststellungen nicht getragen. Ob allein dies geeignet wäre, eine - grundsätzlich mögliche (vgl. BGH, Beschluss vom 29. Juli 1998 - 1 StR 322/98; LK-StGB/Hörnle, 12. Aufl., § 177 Rn. 188; MüKo-StGB/Renzikowski, 3. Aufl., § 177 aF Rn. 103 je mwN) - Tateinheit zwischen § 177 StGB und § 232 StGB zu begründen, bedarf daher keiner Entscheidung. Nach den Feststellungen hat der Angeklagte in vier Fällen jeweils unter erneuter Gewaltanwendung (Würgen, Schlagen usw.) den ungeschützten Geschlechtsverkehr mit der Nebenklägerin in der gemeinsam bewohnten Wohnung, in einem Fall in einem Hotelzimmer, erzwungen. Dies legt weder - insoweit entgegen der Ansicht des Generalbundesanwalts - das Vorliegen eines einheitlichen Lebenssachverhalts (dazu vgl. Senat, Urteil vom 20. November 1987 - 2 StR 372/87) noch ein Überschneiden von Ausführungshandlungen (dazu vgl. BGH, Beschluss vom 24. November 2000 - 3 StR 367/00 mwN) noch die Annahme nahe, dass die Geschädigte den Geschlechtsverkehr erduldete, weil sie unter dem Einfluss vorangegangener Drohung oder Gewalt stand (vgl. dazu BGH, Beschluss vom 29. März 1994 - 1 StR 103/94). Der Senat kann aber ausschließen, dass der Angeklagte durch die Annahme von Tateinheit im vorliegenden Fall beschwert ist.

HRRS-Nummer: HRRS 2020 Nr. 1176

Bearbeiter: Karsten Gaede/Marc-Philipp Bittner