HRRS-Nummer: HRRS 2020 Nr. 1175
Bearbeiter: Karsten Gaede/Marc-Philipp Bittner
Zitiervorschlag: BGH, 2 StR 82/20, Beschluss v. 27.05.2020, HRRS 2020 Nr. 1175
1. Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts Gießen vom 24. September 2019
a) im Schuldspruch dahingehend abgeändert, dass der Angeklagte wegen gewerbsmäßiger unerlaubter Abgabe von Betäubungsmitteln an Minderjährige in fünf Fällen sowie wegen Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge verurteilt wird;
b) im Strafausspruch mit den Feststellungen aufgehoben.
Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels, an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.
2. Die weiter gehende Revision wird verworfen.
Das Landgericht hat den Angeklagten wegen gewerbsmäßiger unerlaubter Abgabe von Betäubungsmitteln an Minderjährige in elf Fällen sowie wegen unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge zu drei Jahren Gesamtfreiheitsstrafe verurteilt. Die Revision des Angeklagten, die er mit der Verletzung materiellen Rechts begründet, hat den aus der Beschlussformel ersichtlichen Erfolg. Im Übrigen ist sie unbegründet im Sinne von § 349 Abs. 2 StPO.
1. Die auf die Sachrüge veranlasste umfassende Nachprüfung des angefochtenen Urteils hat lediglich zur konkurrenzrechtlichen Bewertung der Fälle der gewerbsmäßigen Abgabe von Betäubungsmitteln an Minderjährige einen Rechtsfehler zum Nachteil des Angeklagten ergeben. Die Strafkammer hat nicht bedacht, wie der Generalbundesanwalt in seiner Antragsschrift zutreffend dargelegt hat, dass die zweimal wöchentlich erfolgten Verkäufe von Amphetamin an den Minderjährigen Zeugen B. nach den Urteilsfeststellungen aus einem vom Angeklagten jeweils 14-tägig beschafften Vorrat stammen. Soweit ein und derselbe Güterumsatz Gegenstand der strafrechtlichen Bewertung ist, ist bei Absatzdelikten (zu denen auch die Abgabe an Minderjährige zählt) eine Tat anzunehmen (vgl. BGH, Beschluss vom 6. August 2013 - 5 StR 255/13, NStZ-RR 2013, 347; Beschluss vom 24. November 1998 - 4 StR 557/98, NStZ 1999, 192; Urteil vom 24. Juli 1997 - 4 StR 222/97, BGHR BtMG § 29 Bewertungseinheit 15).
Der Senat ändert - dem Antrag des Generalbundesanwalts folgend - den Schuldspruch dahingehend ab, dass der Angeklagte statt in elf nur in fünf Fällen der Abgabe von Betäubungsmitteln an Minderjährige schuldig ist.
2. Die notwendige Schuldspruchänderung zieht den Wegfall von sechs Einzelstrafen und hier in der Folge auch die Aufhebung der Gesamtstrafe nach sich. Der Senat kann letztlich nicht ausschließen, dass die Strafkammer bei Wegfall von sechs der insgesamt zwölf annähernd gleichen Einzelstrafen eine dem Angeklagten günstigere Gesamtstrafe gebildet hätte.
Der Senat hebt den Strafausspruch insgesamt auf, um dem neuen Tatrichter zu ermöglichen, den Schuldgehalt der einzelnen Taten für sich und im Verhältnis der Taten untereinander neu zu bewerten.
HRRS-Nummer: HRRS 2020 Nr. 1175
Bearbeiter: Karsten Gaede/Marc-Philipp Bittner