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HRRS-Nummer: HRRS 2020 Nr. 565

Bearbeiter: Karsten Gaede/Marc-Philipp Bittner

Zitiervorschlag: BGH, 2 StR 518/19, Beschluss v. 22.01.2020, HRRS 2020 Nr. 565


BGH 2 StR 518/19 - Beschluss vom 22. Januar 2020 (LG Köln)

Bemessung der Freiheitsstrafe (keine Ausnahme von der Bemessung nach nach vollen Monaten und Jahren bei der Bemessung von Einzelfreiheitsstrafen).

§ 39 StGB

Leitsatz des Bearbeiters

Die Bemessung der (Einzel-)Freiheitsstrafe (am Fall) auf drei Jahre, fünf Monate und fünfzehn Tage steht nicht in Einklang mit § 39 StGB, wonach eine Freiheitsstrafe, die ein Jahr und mehr beträgt, nach vollen Monaten und Jahren bemessen wird. Ausnahmen hat die Rechtsprechung im Zusammenhang mit der Bildung von Gesamtstrafen, insbesondere im Zusammenhang mit der Gewährung eines Härteausgleichs, zugelassen, nicht aber für die Bemessung von Einzelfreiheitsstrafen.

Entscheidungstenor

1. Die Revision des Angeklagten gegen das Urteil des Landgerichts Köln vom 1. August 2019 wird mit der Maßgabe als unbegründet verworfen, dass

a) der Angeklagte wegen besonders schweren Raubs in Tateinheit mit gefährlicher Körperverletzung zu einer Einzelfreiheitsstrafe von drei Jahren und fünf Monaten sowie unter Auflösung der im Strafbefehl des Amtsgerichts Gummersbach vom 26. Februar 2019 gebildeten Gesamtstrafe und unter Einbeziehung der darin festgesetzten Einzelstrafen von zehn und zwanzig Tagessätzen zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von drei Jahren, fünf Monaten und einer Woche verurteilt ist und

b) die Einziehungsentscheidung dahingehend berichtigt wird, dass gegen den Angeklagten die Einziehung des Wertes von Taterträgen in Höhe von 114 € angeordnet wird.

2. Der Beschwerdeführer hat die Kosten seines Rechtsmittels zu tragen.

Gründe

Das Landgericht hat den Angeklagten wegen besonders schweren Raubes in Tateinheit mit gefährlicher Körperverletzung zu einer Einzelfreiheitsstrafe von drei Jahren, fünf Monaten und fünfzehn Tagen sowie unter Auflösung einer im Strafbefehl des Amtsgerichts Gummersbach vom 26. Februar 2019 und unter Einbeziehung der darin festgesetzten Einzelstrafen zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von drei Jahren und sechs Monaten verurteilt. Außerdem hat es eine Kompensationsentscheidung wegen einer rechtsstaatswidrigen Verfahrensverzögerung getroffen und gegen den Angeklagten die „Einziehung von Wertersatz“ in Höhe von 114 € angeordnet. Die auf die Verletzung sachlichen Rechts gestützte Revision des Angeklagten hat in dem aus der Beschlussformel ersichtlichen Umfang Erfolg; im Übrigen ist sie offensichtlich unbegründet (§ 349 Abs. 2 StPO).

1. Die Überprüfung des Schuldspruchs hat Rechtsfehler zum Nachteil des Angeklagten nicht ergeben.

2. Hingegen hält der Strafausspruch rechtlicher Nachprüfung nicht stand.

a) Die Bemessung der (Einzel-)Freiheitsstrafe auf drei Jahre, fünf Monate und fünfzehn Tage steht nicht in Einklang mit § 39 StGB, wonach eine Freiheitsstrafe, die ein Jahr und mehr beträgt, nach vollen Monaten und Jahren bemessen wird. Ausnahmen hat die Rechtsprechung im Zusammenhang mit der Bildung von Gesamtstrafen, insbesondere im Zusammenhang mit der Gewährung eines Härteausgleichs, zugelassen (vgl. Fischer, StGB, 67. Aufl., § 39, Rn. 6, 7), nicht aber für die Bemessung von Einzelfreiheitsstrafen.

Der Senat ändert den Strafausspruch in entsprechender Anwendung von § 354 Abs. 1 StPO ab und setzt wegen der verfahrensgegenständlichen Tat eine Freiheitsstrafe von drei Jahren und fünf Monaten fest. Es ist auszuschließen, dass das Landgericht bei richtiger Anwendung des § 39 StGB auf eine noch niedrigere Strafe erkannt hätte.

b) Infolge dieser Änderung kann der Gesamtstrafenausspruch von drei Jahren und sechs Monaten nicht bestehen bleiben, weil bei einer neu festgesetzten Einzelstrafe von drei Jahren und fünf Monaten und einzubeziehenden Geldstrafen aus dem Strafbefehl des Amtsgerichts Gummersbach von zehn und zwanzig Tagessätzen entgegen § 54 Abs. 2 Satz 1 StGB die Summe der Einzelstrafen erreicht würde. Unter Berücksichtigung von § 54 Abs. 1 Satz 2 StGB, der bei der Gesamtstrafenbildung eine Erhöhung der verwirkten höchsten Strafe vorschreibt, setzt der Senat bei geringstmöglicher Erhöhung der Einsatzstrafe um eine Woche in entsprechender Anwendung von § 354 Abs. 1 StPO eine Gesamtfreiheitsstrafe von drei Jahren, fünf Monaten und einer Woche fest.

3. Den abweichend von der gesetzlichen Terminologie auf „Einziehung von Wertersatz“ lautende Tenor berichtigt der Senat dahingehend, dass gegen den Angeklagten die (im Übrigen nicht zu beanstandende) Einziehung des Wertes von Taterträgen in Höhe von 114 € angeordnet wird.

4. Die Kompensationsentscheidung wegen rechtsstaatswidriger Verfahrensverzögerung weist Rechtsfehler zum Nachteil des Angeklagten nicht auf und bleibt im Übrigen von der Änderung des Strafausspruchs unberührt.

HRRS-Nummer: HRRS 2020 Nr. 565

Bearbeiter: Karsten Gaede/Marc-Philipp Bittner