HRRS-Nummer: HRRS 2020 Nr. 1218
Bearbeiter: Karsten Gaede/Marc-Philipp Bittner
Zitiervorschlag: BGH, 2 StR 496/19, Beschluss v. 14.07.2020, HRRS 2020 Nr. 1218
1. Auf die Revisionen der Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts Darmstadt vom 17. Mai 2019
a) betreffend den Angeklagten D. im Strafausspruch aufgehoben,
b) betreffend die Angeklagten B. und Bö. dahingehend geändert, dass die Einziehung des Wertes von Taterträgen auf jeweils 7.206 Euro reduziert wird und die Angeklagten in dieser Höhe als Gesamtschuldner haften; die weiter gehende Einziehungsanordnung entfällt.
2. Die weiter gehenden Revisionen der Angeklagten werden verworfen.
3. Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels, an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.
4. Die Angeklagten B. und Bö. haben die Kosten ihrer Rechtsmittel zu tragen.
Das Landgericht hat den Angeklagten B. wegen schweren Bandendiebstahls in 15 tateinheitlichen Fällen und schweren Bandendiebstahls in 48 tateinheitlichen Fällen zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von drei Jahren und drei Monaten, den Angeklagten Bö. unter Einbeziehung einer Strafe (ein Jahr) wegen schweren Bandendiebstahls in 63 Fällen zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von zwei Jahren und zehn Monaten und den Angeklagten D. wegen schweren Bandendiebstahls in 48 Fällen zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von zwei Jahren und sechs Monaten verurteilt. Hinsichtlich der Angeklagten B. und Bö. hat es die „Einziehung des Wertes des durch die Tat Erlangten“ in Höhe von 13.400 Euro angeordnet. Die auf die Rügen der Verletzung materiellen Rechts gestützten Revisionen der Angeklagten haben in dem aus der Entscheidungsformel ersichtlichen Umfang Erfolg; im Übrigen sind sie unbegründet im Sinne des § 349 Abs. 2 StPO.
1. Die auf die Sachrüge veranlasste umfassende Überprüfung hat zum Schuldspruch und Strafausspruch keinen Rechtsfehler zum Nachteil der Angeklagten B. und Bö. ergeben. Auch der Schuldspruch betreffend den Angeklagten D. ist frei von Rechtsfehlern. Jedoch hält der Strafausspruch betreffend den Angeklagten D. rechtlicher Prüfung nicht stand. Die Einziehungsentscheidungen betreffend die Angeklagten B. und Bö. erweisen sich als teilweise fehlerhaft.
2. Die Revision des Angeklagten D. führt zur Aufhebung des Strafausspruchs, weil das Landgericht die Voraussetzungen des Strafmilderungsgrundes der Aufklärungshilfe nach § 46b Abs. 1 Nr. 1 StGB nicht geprüft hat, obwohl nach den Urteilsgründen dazu Anlass bestand.
Im Rahmen der Strafzumessung hat die Strafkammer ausgeführt, der Angeklagte D. habe im Rahmen des Ermittlungsverfahrens bei drei Beschuldigtenvernehmungen umfangreiche Angaben zur Sache gemacht, die Anklageschrift in Bezug auf den Tatkomplex zum Nachteil der L. GmbH habe fast ausschließlich auf dessen Angaben beruht. Auch im Rahmen der Beweiswürdigung hat die Strafkammer maßgeblich auf die im Ermittlungsverfahren gemachten Angaben des Angeklagten D. abgestellt.
Damit liegt ein sachlich-rechtlicher Erörterungsmangel vor, weil nach den Urteilsgründen die Voraussetzungen des § 46b Abs. 1 Nr. 1 StGB erfüllt sein können, die Strafkammer diese Vorschrift aber weder geprüft noch erwogen hat, ob sie von der in ihrem pflichtgemäßen Ermessen liegenden Möglichkeit einer Strafrahmenverschiebung Gebrauch macht.
Der Aufhebung der Feststellungen bedarf es nicht, weil diese von dem Rechtsfehler nicht betroffen sind (§ 353 Abs. 2 StPO); sie können aber um solche ergänzt werden, die den bisherigen nicht widersprechen.
3. Die Anordnung der Einziehung des Wertes von Taterträgen gemäß § 73 Abs. 1, § 73c Satz 1 StGB ist betreffend die Angeklagten B. und Bö. nur in Höhe von 7.206 Euro rechtsfehlerfrei.
a) Nach den Feststellungen entwendeten die Angeklagten B. und Bö. und die Mitangeklagten S. und Y. entsprechend dem gemeinsamen Tatplan mindestens 6.222 Euro-Paletten vom Betriebsgelände der F. GmbH. Diese Paletten, die einen Verkehrswert von 5 bis 6 Euro pro Stück hatten, wurden vom Angeklagten Bö. zu einem Preis von 4,50 Euro pro Stück an unbekannt gebliebene Abnehmer weiterveräußert. Vom Erlös erhielten die Angeklagten B., Bö., S. und Y. jeweils 1 Euro, 50 Cent pro Palette wurden zur Bezahlung der eingesetzten Fahrer verwendet (Fälle 1 bis 15 der Urteilsgründe).
Darüber hinaus entwendeten die Angeklagten B., Bö. und D. vom Betriebsgelände der Firma L. entsprechend dem gemeinsamen Tatplan mindestens 1.201 Gitterboxen und veräußerten sie an den Mitangeklagten Bu. weiter. Die Erlöse teilten die Angeklagten B., Bö. und D. zu gleichen Teilen. Unter Zugrundelegung eines Wertes von 6 Euro pro Stück hat das Landgericht den Wert des Erlangten mit 7.206 Euro bestimmt (Fälle 16 bis 63 der Urteilsgründe).
b) Wie das Landgericht außerdem festgestellt hat, haben die Mitangeklagten S. und Y. an das geschädigte Unternehmen umfangreiche Schadenswiedergutmachungen geleistet und den bei der F. GmbH eingetretenen Schaden „überkompensiert“. So gab der Mitangeklagte Y. am 21. Januar 2018 ein abstraktes Schuldanerkenntnis in Höhe von 20.000 Euro nebst 5-Prozent-Jahreszinsen ab 15. März 2018 ab und leistete seit März 2018 monatliche Raten in Höhe von 250 Euro. Der Mitangeklagte S. leistete am 19. März 2019 eine Zahlung von 35.000 Euro.
c) Hiervon ausgehend unterliegt nur ein Betrag in Höhe von 7.206 Euro der Einziehung (Taten 16 bis 63 der Urteilsgründe). Im Hinblick auf weitere Taten ist der Anspruch der geschädigten F. GmbH durch die Zahlungen der Mitangeklagten S. und Y. gemäß § 73e Abs. 1 StGB erloschen (vgl. Senat, Beschluss vom 22. Januar 2020 - 2 StR 582/18 juris Rn. 7). Dies führt zu der aus der Beschlussformel ersichtlichen Korrektur der Einziehungsentscheidung, die der Senat in entsprechender Anwendung von § 354 Abs. 1 StPO selbst vornehmen kann.
4. Der nur geringfügige Erfolg der Rechtsmittel lässt es nicht unbillig erscheinen, die Beschwerdeführer B. und Bö. mit den gesamten Kosten zu belasten (§ 473 Abs. 4 StPO).
HRRS-Nummer: HRRS 2020 Nr. 1218
Bearbeiter: Karsten Gaede/Marc-Philipp Bittner