HRRS-Nummer: HRRS 2019 Nr. 282
Bearbeiter: Karsten Gaede/Marc-Philipp Bittner
Zitiervorschlag: BGH, 2 StR 549/18, Beschluss v. 18.12.2018, HRRS 2019 Nr. 282
1. Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts Aachen vom 12. September 2018
a) mit den zugehörigen Feststellungen aufgehoben, soweit eine Entscheidung über die Unterbringung des Angeklagten in einer Entziehungsanstalt unterblieben ist; insoweit wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels, an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen,
b) im Ausspruch über die Einziehung dahin abgeändert, dass die Einziehung des Wertes von Taterträgen in Höhe von 1.422,57 Euro angeordnet; die weiter gehende Einziehungsentscheidung entfällt.
2. Die weiter gehende Revision wird verworfen.
Das Landgericht hat den Angeklagten wegen bewaffneten unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge zu einer Freiheitsstrafe von drei Jahren und drei Monaten verurteilt und eine Einziehungsentscheidung getroffen. Hiergegen richtet sich die Revision des Angeklagten mit der Sachrüge. Das Rechtsmittel hat in dem aus der Entscheidungsformel ersichtlichen Umfang Erfolg. Im Übrigen ist es unbegründet im Sinne von § 349 Abs. 2 StPO.
1. Nach den Feststellungen des Landgerichts begann der Angeklagte nach Ende seines Grundwehrdienstes den Konsum von Marihuana, Amphetamin und Ecstasy. Bis zur Inhaftierung in der vorliegenden Sache nahm er je nach seinen finanziellen Möglichkeiten täglich bis zu 1,5 g Marihuana und 1 g Amphetamin zu sich. Im Jahr 2012 suchte er eine Drogenberatungsstelle auf, empfand deren Angebote aber nicht hilfreich. Durch den langjährigen Konsum solcher Drogen hat er dringenden Bedarf für eine umfassende Zahnsanierung.
Zur Tatzeit trieb der Angeklagte unerlaubt Handel mit Drogen und besaß Anfang April 2018 rund ein Kilogramm Amphetaminpaste, 200 g Marihuana und 27 Ecstasy-Tabletten. Zur Absicherung des Drogenhandels in seinem Zimmer hatte er ein geladenes Luftgewehr und einen geladenen Schreckschussrevolver zur Verfügung.
Die Strafkammer hätte bei dieser Sachlage erörtern müssen, ob der Angeklagte gemäß § 64 StGB in einer Entziehungsanstalt unterzubringen ist, da die getroffenen Feststellungen den für eine Unterbringung erforderlichen Hang nahe legen, also eine chronische, auf körperlicher Sucht beruhende Abhängigkeit oder zumindest eine eingewurzelte, auf psychischer Disposition beruhende und durch Übung erworbene intensive Neigung, immer wieder Rauschmittel zu sich zu nehmen. Da auch das Vorliegen der weiteren Voraussetzungen des § 64 StGB anhand der vom Landgericht getroffenen Feststellungen nicht ausgeschlossen und den Urteilsgründen nicht entnommen werden kann, dass beim Angeklagten die hinreichend konkrete Aussicht eines Behandlungserfolges (§ 64 Satz 2 StGB) nicht besteht, erweist sich die unterbliebene Erörterung der Unterbringung als durchgreifend rechtsfehlerhaft.
Einer etwaigen Unterbringungsanordnung steht nicht entgegen, dass ausschließlich der Angeklagte Revision eingelegt hat (§ 358 Abs. 2 Satz 3 StPO; vgl. BGH, Urteil vom 10. April 1990 - 1 StR 9/90, BGHSt 37, 5, 7 ff.), zumal der Angeklagte die Nichtanwendung von § 64 StGB nicht vom Rechtsmittelangriff ausgenommen hat.
2. Das Landgericht hat die Einziehung des Wertes von Taterträgen in Höhe von 1.450 Euro angeordnet. Dabei ist es davon ausgegangen, dass der Angeklagte 200 g Marihuana für 6,50 Euro pro Gramm und 50 g Amphetamin für 3 Euro pro Gramm verkauft habe. Nach den Feststellungen verkaufte er aber 195,78 g Marihuana und 50 g Amphetamin zu den genannten Preisen an die Zeugen K. und S. Daraus ergibt sich ein Verkaufserlös in Höhe von 1.422,57 Euro. Der Senat ändert die Einziehungsentscheidung dementsprechend ab.
HRRS-Nummer: HRRS 2019 Nr. 282
Bearbeiter: Karsten Gaede/Marc-Philipp Bittner