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HRRS-Nummer: HRRS 2019 Nr. 384

Bearbeiter: Karsten Gaede/Marc-Philipp Bittner

Zitiervorschlag: BGH, 2 StR 489/18, Beschluss v. 23.01.2019, HRRS 2019 Nr. 384


BGH 2 StR 489/18 - Beschluss vom 23. Januar 2019 (LG Fulda)

Sexueller Missbrauch von Kindern (Konkurrenzen); Strafzumessung (schärfende Berücksichtigung verjährter Taten).

§ 78 StGB; § 176 Abs. 4 Nr. 3 StGB; § 46 StGB

Leitsätze des Bearbeiters

1. § 176 Abs. 4 Nr. 3 StGB stellt Vorbereitungshandlungen selbständig unter Strafe und sieht dafür einen geringeren Strafrahmen vor als § 176 Abs. 1 StGB. Der Tatbestand ist daher subsidiär. Er ist nicht in den Schuldspruch aufzunehmen. Schuldumfang und Unrechtsgehalt der Tat bleiben von dieser Änderung unberührt.

2. Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs ist es zulässig, verjährte Taten strafschärfend zu berücksichtigen.

Entscheidungstenor

1. Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts Fulda vom 28. Juni 2018 dahin geändert, dass der Angeklagte des schweren sexuellen Missbrauchs von Kindern in 30 Fällen, davon in vier Fällen in Tateinheit mit Herstellen kinderpornographischer Schriften, und wegen sexuellen Missbrauchs von Kindern in fünfzehn Fällen, davon in zwei Fällen jeweils in zwei tateinheitlichen Fällen, schuldig ist.

2. Die weiter gehende Revision wird verworfen.

3. Der Beschwerdeführer hat die Kosten seines Rechtsmittels und die den Nebenklägern hierdurch entstandenen notwendigen Auslagen zu tragen.

Gründe

Das Landgericht hat den Angeklagten unter Freisprechung im Übrigen wegen schweren sexuellen Missbrauchs von Kindern in Tateinheit mit Einwirken auf Kinder mittels pornographischer Schriften in 30 Fällen, davon in vier Fällen in weiterer Tateinheit mit Herstellen kinderpornographischer Schriften, und wegen sexuellen Missbrauchs von Kindern in Tateinheit mit Einwirken auf Kinder mittels pornographischer Schriften in fünfzehn Fällen, davon in zwei Fällen in jeweils zwei tateinheitlichen Fällen und in einem Fall in weiterer Tateinheit mit Herstellen kinderpornographischer Schriften, zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von fünf Jahren verurteilt. Gegen dieses Urteil richtet sich die auf die Sachrüge gestützte Revision des Angeklagten, soweit er verurteilt wurde. Das Rechtsmittel führt zu der aus der Entscheidungsformel ersichtlichen Änderung des Schuldspruchs. Im Übrigen ist es aus den vom Generalbundesanwalt in seiner Antragsschrift vom 3. Dezember 2018 genannten Gründen unbegründet im Sinne von § 349 Abs. 2 StPO.

1. Das Landgericht hat angenommen, im vorliegenden Fall trete der Tatbestand des Einwirkens auf Kinder mit pornographischen Schriften ausnahmsweise nicht hinter die Verwirklichung des § 176a Abs. 2 Nr. 1 oder des § 176 Abs. 1 StGB zurück. Das trifft jedoch nicht zu. § 176 Abs. 4 Nr. 3 StGB stellt Vorbereitungshandlungen selbständig unter Strafe und sieht dafür einen geringeren Strafrahmen vor als § 176 Abs. 1 StGB. Der Tatbestand ist daher subsidiär (vgl. BGH, Urteil vom 7. März 1996 - 1 StR 707/95, NStZ 1996, 383, 384; Schönke/Schröder/Eisele, StGB, 30. Aufl., § 176 Rn. 26; MüKo-StGB/ Renzikowski, 3. Aufl., § 176 Rn. 69). Er ist nicht in den Schuldspruch aufzunehmen. Schuldumfang und Unrechtsgehalt der Tat bleiben von dieser Änderung unberührt (vgl. BGH aaO).

2. Im Fall II.44. der Urteilsgründe ist die Strafverfolgung wegen Herstellens kinderpornographischer Schriften verjährt. Tatzeit der Herstellung von Videoaufnahmen der Geschädigten bei sexuellen Handlungen war nach den Feststellungen des Landgerichts der 15. Februar 2011. Demnach endete die fünfjährige Frist für die Verjährung der Strafverfolgung im Sinne von § 78 Abs. 3 Nr. 4 und Abs. 4, § 184b Abs. 1 Nr. 3 StGB am 16. Februar 2016. Erste Hinweise auf diese Tat ergaben sich aus der Vernehmung des Nebenklägers M. am 1. April 2016, als die Frist bereits verstrichen war. Der Senat ändert den Schuldspruch daher auch dahin ab, dass das tateinheitliche Herstellen kinderpornographischer Schriften entfällt.

Trotz der Änderung des Schuldspruchs hat die im Fall II.44. der Urteilsgründe festgesetzte Einzelstrafe und damit die Gesamtfreiheitsstrafe Bestand. Der Senat schließt aus, dass die Strafkammer bei Berücksichtigung der Verfolgungsverjährung eine geringere Einzelstrafe verhängt hätte. Dieser Beurteilung steht nicht entgegen, dass der Tatrichter im Rahmen der Strafzumessung zu Lasten des Angeklagten neben dem den Strafrahmen begründenden sexuellen Missbrauch von Kindern in zwei tateinheitlichen Fällen die tateinheitliche Herstellung kinderpornographischer Schriften berücksichtigt hat. Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs ist es auch zulässig, verjährte Taten strafschärfend zu berücksichtigen (vgl. Senat, Beschluss vom 5. Oktober 2007 -, NStZ 2008, 146).

HRRS-Nummer: HRRS 2019 Nr. 384

Bearbeiter: Karsten Gaede/Marc-Philipp Bittner