HRRS-Nummer: HRRS 2019 Nr. 960
Bearbeiter: Karsten Gaede/Marc-Philipp Bittner
Zitiervorschlag: BGH, 2 StR 203/18, Urteil v. 22.05.2019, HRRS 2019 Nr. 960
1. Auf die Revisionen der Staatsanwaltschaft wird das Urteil des Landgerichts Frankfurt am Main vom 26. Oktober 2017 aufgehoben
a) im Schuldspruch zu Fall II.1 der Urteilsgründe hinsichtlich der Angeklagten A. und G., jedoch bleiben die Feststellungen insoweit aufrechterhalten;
b) in den Strafaussprüchen hinsichtlich aller Angeklagten mit den zugehörigen Feststellungen;
c) in der Anordnung der Einziehung von Taterträgen im Fall II.1 der Urteilsgründe mit den zugehörigen Feststellungen, soweit die Angeklagten A. und G. betroffen sind; d) soweit im Fall II.2 der Urteilsgründe eine Anordnung der Einziehung von Taterträgen hinsichtlich der Angeklagten A., G. und K. unterblieben ist.
Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten der Rechtsmittel, an eine andere Jugendkammer des Landgerichts zurückverwiesen. 2. Die weitergehenden Revisionen werden verworfen.
Das Landgericht hat die Angeklagten A. und G. wegen schweren Raubes in zwei Fällen, in einem Fall in Tateinheit mit gefährlicher Körperverletzung, jeweils zu einer Jugendstrafe von zwei Jahren verurteilt, deren Vollstreckung es zur Bewährung ausgesetzt hat. Daneben hat es bezüglich beider Angeklagter Einziehungsanordnungen getroffen. Den Angeklagten Z. hat das Landgericht wegen Raubes in zwei Fällen zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von zwei Jahren und vier Monaten verurteilt und daneben ebenfalls eine Einziehungsentscheidung getroffen. Die Angeklagten K. und O. hat das Landgericht wegen schweren Raubes in Tateinheit mit gefährlicher Körperverletzung zu einer Freiheitsstrafe von zwei Jahren und neun Monaten bzw. von zwei Jahren und fünf Monaten verurteilt.
1. a) Nach den Feststellungen planten die Angeklagten A. und G. angesichts ihrer schlechten finanziellen Situation im März 2016 einen Raubüberfall. Von dem Mitangeklagten Z. erhielten sie den Hinweis auf Familienangehörige, die über eine Menge Geld verfügen würden. Gemeinsam kundschafteten die Angeklagten die Tatörtlichkeit aus. Zur Tatausführung besorgten sich die Angeklagten A. und G. eine ungeladene Schreckschusspistole.
Am 17. März 2016 begaben sich A. und G. zum Tatort. Der mit einer gelben Postjacke bekleidete A. klingelte gegen 11.45 Uhr an der Wohnungstür der S. Z., wobei er sich als Postbote ausgab, der ein Einschreiben abgeben müsse. S. Z. öffnete die Tür, woraufhin A. die ungeladene Schreckschusspistole hervorholte und in den Wohnungsflur drängte. Der Angeklagte G., der ein Messer bei sich führte, folgte ihm. S. Z. stürzte bei ihrer Flucht in die Wohnung und versuchte, die ebenfalls dort anwesende H. Z. schreiend zu warnen. A. bedrohte S. Z. mit der Pistole, während G. schwarzes Klebeband um ihre Hände und ihren mit einem Kopftuch bedeckten Kopf wickelte. Die zu diesem Zeitpunkt in der Küche befindliche H. Z. schloss die Küchentür ab, die der Angeklagte G. sodann mit Fußtritten aufbrach. A. hielt daraufhin H. Z. die Pistole an die Schläfe, G. umwickelte auch ihren Mund mit schwarzem Klebeband. Der Angeklagte A. forderte von beiden Frauen die Herausgabe von Schmuck und Geld, G. hielt zur Verstärkung der Drohung das mitgeführte Messer in der Hand. Die Geschädigten hatten Angst und zogen das Klebeband von ihrem Mund weg, um sprechen zu können. S. Z. riet H. Z., den Angeklagten das Geld zu geben, da diese sie sonst töten würden. Beide Frauen gingen daraufhin mit dem Angeklagten A. in das Schlafzimmer. Dort nahm A. aus einer Jackentasche 38.000 € Bargeld, das J. Z., einem Bruder der S. Z. und Ehemann der H. Z., gehörte. Zwischenzeitlich nahm der Angeklagte G. noch eine Tasche mit Goldschmuck an sich, den H. Z. von ihrem Vater zur Hochzeit als Geschenk bekommen hatte. A. äußerte sodann gegenüber den Geschädigten, dass er ihre Familie umbringen werde, wenn sie die Polizei verständigen würden, und verließ zusammen mit dem Angeklagten G. den Tatort.
Den entwendeten Schmuck verkaufte A. später im F. er Bahnhofsviertel für 6.950 €. Z. erhielt für seine Tatbeteiligung 13.000 €. Die übrige Tatbeute von 32.000 € teilten sich A. und G. hälftig auf.
b) Mehr als ein Jahr später entschuldigte sich der Angeklagte Z. bei den Geschädigten J. und S. Z. Außerhalb der Hauptverhandlung kam es am 17. September 2017 zu einem Treffen aller drei an der Tat beteiligten Angeklagten, die jeweils von Familienmitgliedern begleitet wurden, mit allen Geschädigten in deren Wohnung. Sie entschuldigten sich persönlich bei J. und S. Z., die die Entschuldigung annahmen. A. und G. entschuldigten sich auch bei H. Z., die die Entschuldigung wie auch die seitens des Angeklagten Z. in der Hauptverhandlung erklärte Entschuldigung nicht annahm. Mit gleichlautenden Schuldverträgen vom 17. September 2017 verpflichteten sich die Angeklagten A. und G. gegenüber J. Z. zur Zahlung von je 16.000 € und der Angeklagte Z. zur Zahlung von 8.000 € in monatlichen Teilraten von 500 € abzüglich bereits geleisteter Teilzahlungen von insgesamt 13.000 €.
Aufgrund von Vereinbarungen zur Schadenswiedergutmachung vom 23. September 2017 zahlten die Angeklagten jeweils 1.000 € zum Ausgleich der immateriellen Folgen der Tat (Schmerzensgeld) an S. und H. Z. .
2. a) Wiederum auf Hinweis des Angeklagten Z. beschlossen die Angeklagten A. und G. kurz nach der ersten Tat, einen weiteren Raubüberfall zu begehen, und kundschafteten zusammen mit ihm den Tatort am 18. April 2016 aus. A. und G. gewannen für die Tatausführung die Mitangeklagten O. und K., mit denen sie am 19. April 2016 zusammen zur Wohnung der Eheleute D. fuhren. Dort klingelte der Angeklagte A. an der Wohnungstür und gab sich erneut als Postbote aus. Nach Öffnung der Wohnungstüre stürmte er sogleich mit den Mitangeklagten G., K. und O. in die Wohnung und hielt zunächst dem A. D. eine Schreckschusspistole an den Kopf. Gleichzeitig forderte er ihn erfolglos zur Herausgabe von Bargeld und Schmuck auf. Anschließend durchsuchte G. das Wohnzimmer nach Wertsachen, während A. sich zu Z. D. in das Schlafzimmer begab, diese mit dem „Schlachten“ ihres Sohnes Om. bedrohte und auf ihren Hinweis von dem dortigen Sideboard Scheingeld in Höhe von 250 € einsteckte. Währenddessen hielten die Angeklagten K. und O. den Geschädigten D. in ihrer Gewalt. Sie fixierten ihn auf dem Boden, schlugen ihn mehrfach und fragten dabei nach Geld. A. kehrte ins Wohnzimmer zurück und teilte A. D. mit, man habe den Sohn Om. in der Gewalt und würde ihn abschlachten, wenn es kein Geld gäbe. Daraufhin wies dieser auf den Wohnzimmerschrank, wo sich weitere 3.600 € befanden, die A. ebenfalls einsteckte. Darüber hinaus nahm er Spargeld der Kinder in Höhe von ca. 200-300 € und eine Uhr im Wert von 299 € an sich.
Als Z. D. die Angeklagten aufforderte, ihren Ehemann loszulassen und nicht weiter zu schlagen, befahl A. ihr, still zu sein, da er ihn ansonsten umbringen werde. O. drückte ihr zudem mit der Hand den Mund zu, wobei er ihren Rücken gegen einen Heizkörper presste. Z. D. erlitt dadurch Schmerzen im Nacken- und Schulterbereich sowie Prellungen im Gesicht. G. nahm indessen einen Beutel mit Silber- und Goldschmuck, dessen genauer Umfang und Wert in der Hauptverhandlung nicht festgestellt werden konnte, an sich und verließ schließlich mit den anderen Mitangeklagten die Wohnung.
Vor dem Haus teilten sich die Täter auf. Den Beutel mit dem Schmuck warf entweder der Angeklagte G. oder der Angeklagte O. auf der Flucht weg; er konnte nicht wieder aufgefunden werden. Kurze Zeit später wurden G., K. und O. ohne Beute festgenommen. O. benannte bei seiner polizeilichen Vernehmung am nächsten Tag den bis dahin noch nicht identifizierten Angeklagten A. als vierten Mittäter.
Von dem bei der Tat erlangten Geld erhielt der Angeklagte K. 1.000 €, den restlichen Teil teilten sich die Angeklagten A. und G. Z. und O. gingen leer aus.
b) Noch vor der Hauptverhandlung entschuldigten sich die Eltern des Angeklagten Z. und später auch der Angeklagte Z. selbst bei den Geschädigten. Ein Angebot der Eltern des Angeklagten Z., den Schaden zu ersetzen, lehnte A. D. ebenso ab wie eine am 20. September 2017 geäußerte Bitte der Schwester des Angeklagten G., mit allen Angeklagten zum Zwecke einer Entschuldigung vorbeikommen zu dürfen. Auch ein angebotener Gesprächstermin im Büro des Verteidigers des Angeklagten K. fand nicht statt. Bei einer Unterredung des Vaters des Angeklagten Z. mit dem Cousin und dem älteren Bruder des Geschädigten D. fanden diese eine ihrem afghanischen Kulturkreis entsprechende Lösung und forderten A. D. auf, den Angeklagten zu verzeihen.
Am 24. September 2017 kam es zwischen allen Angeklagten und den Schwestern der Angeklagten G. und A. zu einem Treffen mit den Eheleuten D. zunächst in einem Eiscafé und anschließend in der Wohnung der Geschädigten. Alle Angeklagten entschuldigten sich zunächst bei dem älteren Bruder des Geschädigten A. D. und dann bei den beiden Tatopfern persönlich. Die Geschädigten wie auch der ältere Bruder und der Cousin des Geschädigten nahmen die Entschuldigung „entsprechend der getroffenen Familienabsprache“ an. Gleichzeitig wurde eine Gesamtzahlung von 11.350 € als Schadensersatz und Schmerzensgeld vereinbart. Jeder der fünf Angeklagten verpflichtete sich zur Zahlung von 2.270 €. Das Geld wurde außerhalb der Hauptverhandlung an die Geschädigten übergeben.
Die Revision der Staatsanwaltschaft hat in dem aus dem Tenor ersichtlichen Umfang Erfolg; im Übrigen ist sie unbegründet.
1. Die Verfahrensrügen bleiben aus den Gründen der Zuschrift des Generalbundesanwalts vom 15. Oktober 2018 ohne Erfolg.
2. Die umfassende Überprüfung der angegriffenen Entscheidung auf die Sachrüge führt hinsichtlich Fall II.1 der Urteilsgründe zur Aufhebung des Schuldspruchs hinsichtlich der Angeklagten A. und G. sowie zur Aufhebung nur des Strafausspruchs hinsichtlich des Angeklagten Z. .
a) Das Landgericht hat übersehen, dass sich der Angeklagte A. im Fall II.1 der Urteilsgründe zusätzlich zu der Verurteilung wegen eines Raubdelikts wegen einer tateinheitlich begangenen (versuchten) Nötigung strafbar gemacht hat, indem er S. und H. Z. gegenüber äußerte, „dass er ihre Familien umbringen werde, wenn sie die Polizei verständigen würden“. Diese Handlung bildete mit dem vorangegangenen Raubgeschehen einen einheitlichen Lebenssachverhalt im Sinne von § 264 StPO und hätte deshalb von der Strafkammer abgeurteilt werden müssen. Ob auch der Angeklagte G. insoweit zu bestrafen wäre, ist anhand der Urteilsfeststellungen nicht abschließend zu beurteilen. Wo genau sich G. zum Zeitpunkt der Nötigungshandlung des Angeklagten A. aufhielt und ob er die entsprechende Äußerung wahrgenommen und im Wege sukzessiver Tatbegehung gebilligt hat, lässt sich den Urteilsgründen nicht entnehmen. Dies führt zur Aufhebung des Schuldspruchs hinsichtlich der Angeklagten A. und G. im Fall II.1 der Urteilsgründe insgesamt, wobei die rechtsfehlerfrei getroffenen Feststellungen aufrechterhalten bleiben können. Das Landgericht kann neue Feststellungen treffen, soweit sie mit den bisherigen nicht in Widerspruch stehen.
b) Der Aufhebung des Schuldspruchs im Fall II.1 der Urteilsgründe entzieht dem gesamten Strafausspruch hinsichtlich der Angeklagten A. und G. die Grundlage und bedingt auch die Aufhebung der sie betreffenden Einziehungsentscheidung zu Fall II.1 der Urteilsgründe.
c) Der Strafausspruch hinsichtlich des Angeklagten Z. im Fall II.1 der Urteilsgründe hält rechtlicher Nachprüfung nicht stand. Das Landgericht hat wie auch bei A. und G. zu Unrecht eine Strafmilderung nach § 46a Nr. 1 StGB i.V.m. § 49 Abs. 1 StGB vorgenommen.
Nach den Feststellungen zu den Ausgleichsbemühungen der Angeklagten nach der Tat fehlt es hinsichtlich der Geschädigten H. Z. an den Voraussetzungen eines Täter-Opfer-Ausgleichs nach § 46a Nr. 1 StGB und damit - da bei mehreren Geschädigten bei einer Tat hinsichtlich jedes Tatopfers mindestens eine Alternative des § 46a StGB erfüllt sein muss (st. Rspr.; vgl. etwa BGH, Urteil vom 7. Februar 2018 - 5 StR 535/18, NStZ 2018, 276) - an der Anwendbarkeit des § 46a StGB insgesamt.
aa) § 46a Nr. 1 StGB, der sich vor allem auf den Ausgleich der immateriellen Folgen der Tat bezieht, setzt voraus, dass der Täter in dem Bemühen, einen Ausgleich mit dem Opfer zu erreichen, die Tat ganz oder zum überwiegenden Teil wiedergutmacht oder dieses Ziel jedenfalls ernsthaft erstrebt hat. Dies erfordert grundsätzlich einen kommunikativen Prozess zwischen Täter und Opfer, bei dem das Bemühen des Täters Ausdruck der Übernahme von Verantwortung sein und das Opfer die Leistung des Täters als friedensstiftenden Ausgleich akzeptieren muss. Die Wiedergutmachung muss auf einen umfassenden Ausgleich der durch die Straftat verursachten Folgen gerichtet sein (st. Rspr.; vgl. BGH, Urteil vom 9. Mai 2017 - 1 StR 576/16, NStZ-RR 2017, 198, 199; Beschluss vom 24. Januar 2019 - 1 StR 591/18, juris Rn. 6).
Die „Vereinbarungen zur Schadenswiedergutmachung“ enthalten zwar Zahlungen an H. Z., diese betreffen aber nur den Ausgleich der immateriellen Folgen. Eine Kompensation für den erlittenen materiellen Schaden der Zeugin, den die Strafkammer mit mindestens 6.950 € angesetzt hat, fehlt hingegen und findet sich auch nicht in den Schuldverträgen vom 17. September 2017, die einen Ausgleich nur hinsichtlich des materiellen Schadens von J. Z. vorsehen. Die Wiedergutmachungsleistungen waren insoweit nicht - wie aber auch im Rahmen von § 46a Nr. 1 StGB geboten - auf einen umfassenden Ausgleich der durch die Tat verursachten Folgen gerichtet. Die Angeklagten hätten auch den bei H. Z. entstandenen materiellen Schaden bei ihren Ausgleichsverhandlungen berücksichtigen müssen.
Insoweit ist zwar zu berücksichtigen, dass ein vollständiger Schadensausgleich (im zivilrechtlichen Sinn) keine zwingende Voraussetzung für die Anwendung des § 46a Nr. 1 StGB ist. So ist zum einen erforderlich, dass der Täter im Bemühen, einen Ausgleich mit dem Opfer zu erreichen, die Tat „ganz oder zum überwiegenden Teil“ wiedergutgemacht hat; ausreichend ist zum anderen aber auch, dass der Täter dieses Ziel ernsthaft erstrebt (vgl. BGH, Beschluss vom 22. August 2002 - 1 StR 333/01, NStZ 2002, 29). Aus diesem Grund gibt eine vergleichende Gegenüberstellung von zivilrechtlich geschuldetem Schadensersatz einerseits und angebotener bzw. geleisteter Ausgleichszahlung andererseits zwar eine gewisse Orientierung über das Ausmaß der Schadensbemühungen des Täters, sie erlaubt aber für den Fall, dass die versprochenen bzw. geleisteten Zahlungen hinter den geschuldeten zurückbleiben, nicht ohne nähere Betrachtung den Rückschluss, dass es damit an einer „umfassenden Wiedergutmachung“ fehlt. Ansonsten würde jeder zwischen Täter und Opfer geschlossene Vergleich, der nicht zu einem vollständigen zivilrechtlichen Ausgleich führt, aus dem Anwendungsbereich des § 46a Nr. 1 StGB herausfallen.
Allerdings darf für die Annahme eines friedensstiftenden Ausgleichs im Sinne von § 46a StGB nicht ausschließlich auf die - selbst einvernehmliche - subjektive Bewertung von Tatopfer und Täter abgestellt werden, wie sie in einer getroffenen Übereinkunft zum Ausdruck kommt. Erforderlich ist vielmehr vorrangig die Prüfung, ob die konkret erfolgten oder ernsthaft angebotenen Leistungen des Täters nach einem objektivierenden Maßstab als so erheblich anzusehen sind, dass damit das Unrecht der Tat oder deren materiellen und immateriellen Folgen als „ausgeglichen“ erachtet werden können (vgl. OLG Bamberg, NStZ-RR 2007, 37, 38). Dies folgt schon daraus, dass überhaupt nur angemessene und nachhaltige Leistungen die erlittenen Schädigungen ausgleichen und zu einer Genugtuung für das Opfer führen können (vgl. BGH, Urteil vom 7. Dezember 2005 - 1 StR 287/05, NStZ 2006, 275, 276). Aus diesem Grund wäre auf jeden Fall auch ein adäquater Ausgleich für den H. Z. entstandenen materiellen Schaden vorzunehmen gewesen.
bb) Soweit ein solcher Ausgleich nicht erfolgt ist, kommt von vornherein auch eine Strafrahmenmilderung nach dem insbesondere den materiellen Schadensausgleich betreffenden § 46a Nr. 2 StGB nicht in Betracht.
cc) Die Aufhebung des Strafausspruchs im Fall II.1 der Urteilsgründe bedingt die Aufhebung der gegen den Angeklagten Z. verhängten Gesamtfreiheitsstrafe.
d) Für die neue Hauptverhandlung weist der Senat im Hinblick auf Fall II.1 der Urteilsgründe auf Folgendes hin:
aa) Auf der Grundlage der getroffenen Feststellungen haben sich die Angeklagten A. und G. mit Blick auf das Vorzeigen des Messers gemäß § 250 Abs. 2 Nr. 1 StGB wegen besonders schweren Raubes schuldig gemacht. Davon ist zwar das Landgericht auch bei seiner rechtlichen Würdigung ausgegangen, hat es aber versäumt, dies in den Tenor aufzunehmen.
Hingegen kommt eine (tateinheitliche) Verurteilung wegen einer gefährlichen Körperverletzung nicht in Betracht. Das Landgericht hat im Hinblick auf den Einsatz des Klebebands keine üble, unangemessene Behandlung im Sinne von § 223 StGB festgestellt und jedenfalls das Vorliegen der subjektiven Tatseite im Hinblick auf den durch Abreißen des Klebebands bei der Zeugin H. Z. verursachten kurzen Schmerz ohne rechtliche Bedenken ausgeschlossen. Zur Verwendung des Klebebands beim Raubgeschehen weist der Senat auf BGH NStZ 1993, 79 hin.
bb) Hinsichtlich der Annahme des § 46a Nr. 1 StGB, bezogen auf J. Z., weist der Senat vorsorglich darauf hin, dass auch insoweit näher zu prüfen sein wird, ob der einzelne Schuldvertrag, den jeder Angeklagte mit dem Tatopfer getroffen hat, allein oder in Berücksichtigung der jeweiligen anderen Verträge eine „angemessene und nachhaltige Leistung“ zum Ausgleich der erlittenen Schäden darstellt. Bedenken könnten sich insoweit ergeben, als in den Verträgen jeweils nur Verpflichtungen zu Leistungen von monatlichen Ratenzahlungen hinsichtlich eines Teilbetrags des eingetretenen Gesamtschadens eingegangen sind, Regelungen für den Zahlungsausfall oder die Zahlungseinstellung durch den jeweiligen Vertragspartner oder auch einer der Mittäter fehlen, zumal ein Verzicht auf die außergerichtliche oder gerichtliche Geltendmachung zivilrechtlicher Ansprüche erklärt wird.
cc) Für die neu gegen die Angeklagten A. und G. zu treffenden Einziehungsentscheidungen weist der Senat im Übrigen auf die Zuschrift des Generalbundesanwalts vom 15. Oktober 2018 hin.
3. Hinsichtlich Fall II.2 der Urteilsgründe hat die Überprüfung der landgerichtlichen Entscheidung lediglich Rechtsfehler bei den Strafaussprüchen sowie bei den Einziehungsentscheidungen ergeben.
a) Der Schuldspruch begegnet auch insoweit keinen rechtlichen Bedenken, als das Landgericht eine Strafbarkeit wegen erpresserischen Menschenraubs nach § 239a StGB nicht erörtert hat. Denn nach den Feststellungen wurde der Geschädigte D. zwar mittels körperlicher Gewalt überwältigt, festgehalten, bedroht, geschlagen und fortwährend zur Preisgabe der Aufbewahrungsorte von Bargeld und Schmuck aufgefordert. Die gegenüber D. eingesetzten Nötigungsmittel dienten damit unmittelbar der Duldung der Wegnahme und begründeten zugleich eine Bemächtigungslage, der deshalb keine eigenständige Bedeutung für die Begehung des Raubes zukam (vgl. Fischer, StGB, 66. Aufl., § 239a, Rn. 7a m. Nachw. zur Rspr.). Soweit die Angeklagten die Zeugin D. festhielten und später auch ihr gegenüber Gewalt anwendeten, kommt auch dieser Bemächtigung keine eigenständige Bedeutung zu, zumal es ihnen insoweit nur darauf ankam, sie ruhig zu stellen, und damit keine Erpressungsabsicht verbunden war.
b) Die Strafaussprüche halten rechtlicher Nachprüfung nicht stand.
aa) Die Annahme der Voraussetzungen des § 46a Nr. 1 StGB mit Blick auf die Geschädigte Z. D. begegnet Bedenken.
Die Voraussetzungen des § 46a Nr. 1 StGB (vgl. dazu schon oben II.2.c.aa) liegen entgegen der Ansicht des Landgerichts nicht vor. Zwischen den Angeklagten und den Geschädigten hat zwar ein kommunikativer Prozess stattgefunden, bei dem die Angeklagten die Verantwortung für die Tat übernommen und die Geschädigten ihre Leistungen als friedensstiftenden Ausgleich akzeptiert haben. Dabei ist es grundsätzlich ohne Belang, von wem die Ausgleichsbemühungen initiiert wurden (vgl. Fischer, aaO, § 46a, Rn. 12; OLG Köln NStZ-RR 2004, 71, 72). Dass der erste Schritt nicht von den Angeklagten selbst, sondern von den Eltern des Angeklagten Z. ausgegangen ist, steht deshalb der Anwendung des § 46a Nr. 1 StGB nicht entgegen, soweit die Angeklagten - wie hier - im Laufe der zu einem Ausgleich unternommenen Anstrengungen die Verantwortung für ihre Tat gegenüber den Opfern übernommen haben. Am Vorliegen eines kommunikativen Prozesses fehlt es auch nicht deshalb, weil die Geschädigten D. zunächst an Gesprächen mit den Angeklagten nicht interessiert waren und diese erst zustande kamen, als es zu einer Absprache der beteiligten Familien kam, in deren Folge der Geschädigte D. aufgefordert wurde, den Angeklagten zu verzeihen. Das Landgericht hat insoweit in den Blick genommen, dass letztendlich beide Geschädigte die persönlichen Entschuldigungen der Angeklagten angenommen haben, und hat dabei auch bedacht, dass der Geschädigte D. dies nur auf „Vorgabe“ seiner Verwandten getan hat. Wenn es mit Blick auf den Inhalt der getroffenen Vereinbarungen und die Entgegennahme der Leistungen der Angeklagten in wertender Betrachtung (vgl. BGH, Urteil vom 27. August 2002 - 1 StR 204/02, NStZ 2003, 29, 31) davon ausgegangen ist, dass die Geschädigten diese hiermit - ohne dass es auf die förmliche Annahme der Entschuldigung ankäme - (freiwillig) als friedensstiftenden Ausgleich akzeptiert haben, ist diese tatrichterliche Einschätzung von Rechts wegen nicht zu beanstanden (vgl. Senat, Urteil vom 19. Oktober 2011 - 2 StR 344/11, StV 2012, 150), dies auch deshalb, weil Anhaltspunkte dafür, sie hätten die Zahlungen aus Sorge darüber, ansonsten keine Leistungen zu erhalten, entgegengenommen, nicht ersichtlich sind.
Die Wiedergutmachungsleistungen waren aber nicht auf einen umfassenden Ausgleich der durch die Tat verursachten Folgen gerichtet. Die Zahlung eines Betrages von insgesamt „nur“ 11.350 € zum Ausgleich von materiellem und immateriellem Schaden steht einer Anwendung von § 46a Nr. 1 StGB hier entgegen. Denn in diesem Betrag, der sich aus dem sich rechnerisch aus den Urteilsgründen ergebenden materiellen Schaden von 4.349 € und einem Schmerzensgeldbetrag von 3.500 € für jeden Geschädigten zusammensetzt, ist kein Ausgleich für den außerdem entwendeten „Beutel mit Silber- und Goldschmuck“ enthalten. Dies aber wäre für eine umfassende Wiedergutmachung der durch die Tat verursachten Folgen vonnöten gewesen. Dass „dessen genauer Umfang und Wert in der Hauptverhandlung nicht festgestellt werden konnte“ (UA S. 20), rechtfertigt es nicht, den Wert mit „null“ anzusetzen und infolgedessen von einem ernsthaft auf umfassenden Ausgleich getragenen Bemühen auszugehen. Das Landgericht hätte - gestützt auf Angaben der Geschädigten - den Wert des Schmucks schätzen und diesen bei der Prüfung, ob die Wiedergutmachung auf einem umfassenden Ausgleich der durch die Straftat verursachten Folgen gerichtet ist, berücksichtigen müssen.
bb) Hingegen hält die Annahme von Aufklärungshilfe nach § 46b StGB durch den Angeklagten O. rechtlicher Nachprüfung stand. Das Landgericht hat nachvollziehbar dargelegt, dass O. den Mitangeklagten A. namentlich und unter Benennung des Wohnortes benannt und dessen Identität unter Vorhalt eines Lichtbildes bestätigt hat. Dies rechtfertigt ohne Weiteres die Anwendung des § 46b StGB, weil den Ermittlungsbehörden zu diesem Zeitpunkt lediglich eine allgemein gehaltene Täterbeschreibung der Geschädigten vorlag. Diese Feststellung der Strafkammer ist im Übrigen belegt durch die Angaben des Zeugen M. Dass dieser zum konkreten Erkenntnisstand der Ermittlungsbehörden nicht befragt worden ist, wie es die Staatsanwaltschaft in ihrer Revisionsbegründung vorträgt, ist eine urteilsfremde Tatsache, auf die die Revision nicht gestützt werden kann.
c) Die (nicht begründete) Entscheidung des Landgerichts, von einer Einziehung des Wertes von Taterträgen hinsichtlich Fall II.2 der Urteilsgründe abzusehen, hält rechtlicher Nachprüfung nicht stand, soweit die Angeklagten K., A. und G. betroffen sind. Der Angeklagte A. hat mindestens 4.050 € an Bargeld sowie eine Uhr im Wert von 299 € erlangt, während der Angeklagte G. neben einem Teil des Bargelds (UA S. 21) Verfügungsgewalt über einen Beutel mit Gold- und Silberschmuck in nicht festgestelltem Wert erworben hat. Weiterreichende Mitverfügungsgewalt aller an der unmittelbaren Tatausführung Beteiligten über das Geld und den Inhalt des erbeuteten Beutels lässt sich hingegen - nachdem die Angeklagten unmittelbar nach der Tatbegehung in verschiedene Richtungen flüchteten - nicht feststellen. Das Landgericht hat lediglich noch festgestellt, dass der Angeklagte K. 1.000 € aus der Tatbeute erhalten hat, während O. und Z. leer ausgingen. Bei dieser Sachlage kann der Senat unter Berücksichtigung der geleisteten Zahlungen aller Angeklagten an die Geschädigten ohne nähere Erläuterung nicht nachvollziehen, ob die Einziehung nach § 73e Abs. 1 StGB ausgeschlossen ist. Dies gilt insbesondere mit Blick darauf, dass das Landgericht den Wert des erbeuteten Silber- und Goldschmucks nicht weiter aufgeklärt und diesen insoweit mit „Null“ angesetzt hat, obwohl es auch im Rahmen der Einziehungsentscheidung vonnöten gewesen wäre, dieser einen gegebenenfalls im Rahmen einer Schätzung zu ermittelnden Wert des Schmucks zugrunde zu legen.
HRRS-Nummer: HRRS 2019 Nr. 960
Externe Fundstellen: NStZ-RR 2019, 369
Bearbeiter: Karsten Gaede/Marc-Philipp Bittner