HRRS-Nummer: HRRS 2018 Nr. 833
Bearbeiter: Karsten Gaede/Marc-Philipp Bittner
Zitiervorschlag: BGH, 2 StR 117/18, Beschluss v. 03.07.2018, HRRS 2018 Nr. 833
1. Auf die Revisionen der Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts Bonn vom 7. Dezember 2017 im Ausspruch über die Einziehung aufgehoben.
2. Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten der Rechtsmittel, an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.
3. Die weitergehenden Revisionen werden verworfen.
Das Landgericht hat den Angeklagten S. wegen schweren Raubes in zwei Fällen, schweren Raubes in drei tateinheitlichen Fällen, davon in einem Fall versucht, versuchten Wohnungseinbruchsdiebstahls und versuchten Diebstahls zu einer Einheitsjugendstrafe von drei Jahren und drei Monaten, den Angeklagten B. wegen schweren Raubes, versuchten Wohnungseinbruchsdiebstahls und versuchten Diebstahls zu einer Einheitsjugendstrafe von zwei Jahren verurteilt und deren Vollstreckung zur Bewährung ausgesetzt. Außerdem hat es eine Goldkette eingezogen sowie die Einziehung von Wertersatz gegen den Angeklagten S. in Höhe von 55.720 € und gegen den Angeklagten B. in Höhe von 55.100 €, davon in Höhe von 44.000 € als Gesamtschuldner, angeordnet. Die Revisionen der Angeklagten haben in dem aus der Beschlussformel ersichtlichen Umfang Erfolg; im Übrigen sind sie offensichtlich unbegründet.
1. Der Schuldspruch hält wie auch der Strafausspruch hinsichtlich beider Angeklagter im Ergebnis rechtlicher Nachprüfung stand. Dass die Strafkammer hinsichtlich des Falles 1 der Urteilsgründe von zwei tatmehrheitlichen Raubtaten des Angeklagten S. ausgegangen ist, ist zwar rechtlich nicht unbedenklich. Der Senat schließt jedoch aus, dass sich eine möglicherweise unzutreffende konkurrenzrechtliche Bewertung des Landgerichts auf die Höhe der gegen den Angeklagten festgesetzten Einheitsjugendstrafe ausgewirkt hat.
2. Hingegen halten die Einziehungsentscheidungen in mehrfacher Hinsicht rechtlicher Nachprüfung nicht stand.
a) Zu Recht hat das Landgericht zwar im Fall 1 der Urteilsgründe die Einziehung des Wertes von Taterträgen in Höhe des erbeuteten, aber bei dem Angeklagten S. und seinen gesondert verfolgten Mittätern nicht mehr vorhandenen Bargelds von 720 € gegen diesen angeordnet (§ 73c Satz 1 StGB). Es hat aber versäumt, insoweit eine gesamtschuldnerische Haftung auszusprechen.
b) Im Fall 2 der Urteilsgründe hat die Strafkammer ohne Rechtsfehler angenommen, dass sämtliche Tatbeteiligte, darunter die Angeklagten S. und B., die tatsächliche Mitverfügungsgewalt über die gesamte Beute im Sinne von § 73 Abs. 1 StGB erlangt haben. Im Grundsatz nicht zu beanstanden ist deshalb die Einziehung eines dem Wert des Goldschmucks entsprechenden Geldbetrags. Insoweit ist die Strafkammer zwar rechtlich unbedenklich von einem Wert des gesamten erbeuteten Schmucks von 44.000 € ausgegangen, hat aber bei der Bemessung des einzuziehenden Werts des veräußerten Goldschmucks nicht den Wert der beim Angeklagten S. sichergestellten Goldkette in Abzug gebracht, deren Einziehung sie zusätzlich angeordnet hat. Hinsichtlich der „Königskette“, die der Angeklagte B. nach der Tat getragen hat, bleibt im Übrigen offen, ob insoweit die Voraussetzungen einer Einziehung von Wertersatz gemäß § 73c Satz 1 StGB gegeben sind. Den Urteilsgründen lässt sich nicht entnehmen, ob sich diese Kette nach wie vor im Besitz des Angeklagten befindet oder ob sie zwischenzeitlich veräußert wurde oder zumindest nicht mehr auffindbar ist. Nur im zweiten Fall wäre auch insoweit die Einziehung von Wertersatz zulässig (§ 73c Satz 1 StGB), während ansonsten die Einziehung der Goldkette - unter gleichzeitiger Reduzierung des Betrags von 44.000 € für die Einziehung des Wertes von Taterträgen um den Wert der „Königskette“ - anzuordnen gewesen wäre (§ 73 Abs. 1 StGB).
Rechtsfehlerhaft ist auch die über den Wert des Goldschmucks hinausgehende (zusätzliche) Anordnung der Einziehung des Werts des Erlöses, den beide Angeklagte durch Veräußerung ihres Beuteanteils erzielt und anschließend verbraucht haben. Zwar hätte der Erlös von 11.000 € bzw. 11.100 € als Veräußerungssurrogat gemäß § 73 Abs. 3 Nr. 1 StGB eingezogen werden können, wenn er noch beim Angeklagten vorhanden gewesen wäre. In diesem Fall hätte neben der Surrogateinziehung aber nur noch auf Einziehung des Wertes von Taterträgen in Höhe der Differenz zwischen dem Gesamtwert des ursprünglich erlangten Goldschmucks und dem Surrogatwert erkannt werden dürfen (vgl. § 73c Satz 2 StGB). Eine Einziehung des Werts eines Veräußerungssurrogats, das - wie hier - nicht mehr vorhanden ist und daher nicht eingezogen werden kann, sieht das Gesetz nicht vor. § 73c StGB bezieht sich, wie sich aus Satz 2 der Vorschrift ergibt, nicht auf die Einziehung des Werts von Surrogaten, sondern allein auf die Einziehung des Werts des zunächst durch die Tat Erlangten. Erst recht kann nicht zusätzlich zur Einziehung des (vollen) Werts des zunächst Erlangten die Einziehung des Werts eines nicht mehr vorhandenen Surrogats angeordnet werden. Durch eine solche Kumulation sowohl des Wertes des zunächst Erlangten als auch des Surrogatwerts würde mehr abgeschöpft, als dem Vermögen des Täters zugeflossen ist. Dies ließe sich mit Sinn und Zweck der strafrechtlichen Vermögensabschöpfung, die keine Nebenstrafe darstellt, nicht vereinbaren.
c) Die Rechtsfehler führen zur Aufhebung des Ausspruchs über die Einziehung. Eine eigene Sachentscheidung bleibt dem Senat verwehrt, weil sich den Urteilsgründen weder der Wert der beim Angeklagten S. sichergestellten Goldkette noch der weitere Verbleib der „Königskette“ entnehmen lässt. Insoweit wird das neue Tatgericht ergänzende Feststellungen, die den aufrecht erhaltenen bisherigen nicht widersprechen dürfen, zu treffen haben.
HRRS-Nummer: HRRS 2018 Nr. 833
Externe Fundstellen: NStZ 2018, 654; StV 2019, 20
Bearbeiter: Karsten Gaede/Marc-Philipp Bittner