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HRRS-Nummer: HRRS 2018 Nr. 106

Bearbeiter: Karsten Gaede/Marc-Philipp Bittner

Zitiervorschlag: BGH, 2 StR 514/17, Beschluss v. 12.12.2017, HRRS 2018 Nr. 106


BGH 2 StR 514/17 - Beschluss vom 12. Dezember 2017 (LG Frankfurt am Main)

Rücktritt (keine strafschärfende Berücksichtigung des auf die versuchte Straftat gerichteten Vorsatzes bei anderem vollendetem Delikt).

§ 24 Abs. 1 Satz 1 StGB; § 46 StGB; § 223 StGB

Leitsatz des Bearbeiters

Ist der Täter vom Versuch der Tat strafbefreiend zurückgetreten, aber wegen eines anderen vollendeten Delikts zu bestrafen, darf der auf die versuchte Straftat gerichtete Vorsatz nicht strafschärfend berücksichtigt werden.

Entscheidungstenor

1. Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts Frankfurt am Main vom 21. Juni 2017 aufgehoben

a) im Ausspruch über die Einzelstrafe im Fall II.1.b der Urteilsgründe,

b) im Ausspruch über die Gesamtstrafe.

2. Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels, an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.

3. Die weitergehende Revision wird verworfen.

Gründe

Das Landgericht hat den Angeklagten wegen gefährlicher Körperverletzung und Körperverletzung in Tateinheit mit Bedrohung zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von zwei Jahren und sechs Monaten verurteilt. Hiergegen richtet sich die Revision des Angeklagten mit der Sachrüge. Das Rechtsmittel hat in dem aus der Entscheidungsformel ersichtlichen Umfang Erfolg; im Übrigen ist es unbegründet. Der Erörterung bedarf nur Folgendes:

1. Nach den Feststellungen des Landgerichts war der Angeklagte am 19. Juli 2015 bei einem Besuch der „Bar M.“ in B. des Lokals verwiesen worden. Der Zeuge G. versuchte, ihm dies verständlich zu machen, worauf es zu einem Handgemenge kam, bevor der Angeklagte hinausging. Er war verärgert, wartete in Sichtweite der Bar, bis G. ebenfalls das Lokal verließ und fuhr diesen sodann mit seinem Fahrrad um. Als der Geschädigte sich aufrichten wollte, trat der Angeklagte mehrfach gegen dessen Kopf, auch als dieser bereits am Boden lag, wobei er dessen Tod billigend in Kauf nahm. Als Zeugen herannahten, ließ er von seinem Opfer ab. Er hatte erkannt, dass der Geschädigte noch lebte, handelte aber nicht weiter. Das Landgericht ist deshalb davon ausgegangen, dass der Angeklagte vom unbeendeten Versuch des Totschlags gemäß § 24 Abs. 1 Satz 1 Alt. 1 StGB strafbefreiend zurückgetreten ist.

2. Der Schuldspruch wegen gefährlicher Körperverletzung ist rechtlich nicht zu beanstanden. Jedoch hat der Ausspruch über die Einzelstrafe keinen Bestand.

Bei der Strafrahmenwahl und der Strafzumessung im engeren Sinn hat das Landgericht zum Nachteil des Angeklagten gewertet, dass er dem Tatopfer die Fußtritte mit Tötungsvorsatz versetzt hatte. Dies ist rechtsfehlerhaft.

Ist der Täter vom Versuch der Tat strafbefreiend zurückgetreten, aber wegen eines anderen vollendeten Delikts zu bestrafen, darf der auf die versuchte Straftat gerichtete Vorsatz nicht strafschärfend berücksichtigt werden (vgl. BGH, Urteil vom 14. Februar 1996 - 3 StR 445/95, BGHSt 42, 43, 44 ff.; Senat, Urteil vom 20. April 2016 - 2 StR 320/15, BGHSt 61, 188, 191 mwN).

Der Senat kann nicht ausschließen, dass sich die rechtsfehlerhafte Wertung des Landgerichts auf die Höhe der Einzelstrafe ausgewirkt hat.

3. Die Aufhebung der Einzelstrafe zwingt zur Aufhebung der Gesamtfreiheitsstrafe. Die von dem Wertungsfehler nicht betroffenen Feststellungen können bestehen bleiben. Ergänzende, zu den bisherigen nicht in Widerspruch stehende Feststellungen, sind möglich.

HRRS-Nummer: HRRS 2018 Nr. 106

Bearbeiter: Karsten Gaede/Marc-Philipp Bittner