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HRRS-Nummer: HRRS 2018 Nr. 102

Bearbeiter: Karsten Gaede/Marc-Philipp Bittner

Zitiervorschlag: BGH, 2 StR 342/17, Beschluss v. 18.01.2018, HRRS 2018 Nr. 102


BGH 2 StR 342/17 - Beschluss vom 18. Januar 2018 (LG Aachen)

Sachlich-rechtlich fehlerhafte Darstellung von DNA-Vergleichsuntersuchungen in den Urteilsgründen (fehlende Mitteilung von Anknüpfungstatsachen und Ausführungen des Gutachters).

§ 261 StPO; § 81e Abs. 1 StPO

Leitsatz des Bearbeiters

Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs ist für die Darstellung des Ergebnisses einer auf einer molekulargenetischen Vergleichsuntersuchung beruhenden Wahrscheinlichkeitsberechnung in der Regel zumindest erforderlich ist, dass das Tatgericht mitteilt, wie viele Systeme untersucht wurden, ob und inwieweit sich Übereinstimmungen in den untersuchten Systemen ergeben haben und mit welcher Wahrscheinlichkeit die festgestellte Merkmalskombination zu erwarten ist.

Entscheidungstenor

1. Auf die Revision des Angeklagten C. gegen das Urteil des Landgerichts Aachen vom 13. März 2017 wird

a) das Verfahren eingestellt, soweit der Angeklagte im Fall 3 der Urteilsgründe wegen schweren Bandendiebstahls verurteilt worden ist; insoweit trägt die Staatskasse die Kosten des Verfahrens und die notwendigen Auslagen des Angeklagten;

b) das vorbezeichnete Urteil im Schuldspruch dahin abgeändert, dass der Angeklagte des schweren Bandendiebstahls in sieben Fällen und des versuchten schweren Bandendiebstahls schuldig ist,

c) die Einzelstrafe im Fall 9 der Urteilsgründe auf ein Jahr herabgesetzt.

2. Die weitergehende Revision wird verworfen.

3. Der Beschwerdeführer hat die verbleibenden Kosten seines Rechtsmittels zu tragen.

Gründe

Das Landgericht hat den Angeklagten wegen „schweren Bandendiebstahls in neun Fällen, davon einmal im Versuch“ zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von drei Jahren und drei Monaten verurteilt.

Die dagegen gerichtete und auf die Sachrüge gestützte Revision des Angeklagten hat den aus dem Tenor ersichtlichen Teilerfolg. Im Übrigen ist das Rechtsmittel unbegründet.

Der Generalbundesanwalt hat in seiner Zuschrift ausgeführt:

„Hinsichtlich Fall 3 der Urteilsgründe […] wird die Einstellung des Verfahrens nach § 154 Abs. 2 StPO beantragt. Die diesbezügliche Beweiswürdigung begegnet rechtlichen Bedenken. Die Strafkammer hat ihre Verurteilung lediglich auf eine durch die Aussage des Zeugen S. eingeführte Treffermitteilung hinsichtlich einer dem Angeklagten zugeordneten DANN-Spur an einem augenscheinlich mit der Tatbegehung zusammenhängenden Schlauch sowie die Verlesung des entsprechenden Schriftstücks gestützt […]. Diese Beweiswürdigung ist lückenhaft. Sie widerspricht der ständigen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs, wonach für die Darstellung des Ergebnisses einer auf einer molekulargenetischen Vergleichsuntersuchung beruhenden Wahrscheinlichkeitsberechnung in der Regel zumindest erforderlich ist, dass das Tatgericht mitteilt, wie viele Systeme untersucht wurden, ob und inwieweit sich Übereinstimmungen in den untersuchten Systemen ergeben haben und mit welcher Wahrscheinlichkeit die festgestellte Merkmalskombination zu erwarten ist (vgl. BGH, Beschluss vom 22. Februar 2017 - 5 StR 606/16 -, juris, Rn. 11 m.w.N.). Daran fehlt es hier. Es ist nach den Urteilsgründen zu besorgen, dass der Kammer ein diesen Ansprüchen gerecht werdendes Sachverständigengutachten nicht vorlag, denn eine Übereinstimmungswahrscheinlichkeit wird ebenso wenig mitgeteilt wie die Anzahl der untersuchten Systeme.

Der Wegfall der für die Tat zu Fall 3 festgesetzten Einzelfreiheitsstrafe von einem Jahr und vier Monaten hat keine Auswirkungen auf den Gesamtstrafenausspruch. Im Hinblick auf die verbleibenden acht Einzelstrafen - überwiegend hat die Kammer insoweit Strafen von mehr als einem Jahr festgesetzt - sowie den durch die Kammer vorgenommenen straffen Zusammenzug der Einzelstrafen wird der Senat ausschließen können, dass die Kammer eine geringere Gesamtstrafe verhängt hätte […].

Gleiches gilt hinsichtlich der Tat zu Fall 9. Hier unterliegen die Strafzumessungserwägungen der Kammer insofern Bedenken, als das Landgericht die von den Tätern bei der Tat angerichteten Schäden, hinsichtlich derer das Urteil nahelegt, dass sie über die mit der eigentlichen Tatbegehung üblicherweise einhergehenden erheblich hinausgegangen sind, hinsichtlich des Angeklagten C. möglicherweise strafschärfend berücksichtigt hat (UA S. 56). Gleichzeitig hat das Gericht jedoch festgestellt, dass sich der Angeklagte an den Verwüstungen nicht aktiv beteiligt hat (UA S. 14). Die von der Kammer insoweit vorgenommene Zurechnung des Handelns der Mittäter (UA S. 45) stellt sich als bedenklich dar, da das Landgericht keine Erwägungen dazu anstellt, ob der Angeklagte mit den durch die Mittäter verursachten Verwüstungen rechnen musste (was für eine Zurechnung ausreichen würde, vgl. Fischer, StGB, 64. Auflage 2017, § 25 Rn. 36 m.w.N), oder ob es sich insoweit um einen Exzess handelt. Bei den übrigen Taten wurden keine derartigen Sachschäden festgestellt. Hinsichtlich dieser Tat wird daher beantragt, die Strafe von der durch die Kammer festgesetzten Strafe von einem Jahr und drei Monaten gemäß § 354 Abs. 1a Satz 2 StPO auf das gesetzliche Mindestmaß von einem Jahr herabzusetzen. Der Gesamtstrafenausspruch wird auch hierdurch nicht berührt.“ Diesen Ausführungen tritt der Senat bei.

Ergänzend ist zu bemerken:

Zwar hat das Landgericht den Angeklagten von weiteren Tatvorwürfen freigesprochen und im Rahmen der Begründung dieses Teilfreispruchs unter VII. der Urteilsgründe auch die Fälle 16 und 20 der Anklageschrift aufgeführt, obwohl es sich dabei um Taten handelt, die der Verurteilung des Angeklagten in den Fällen 8 und 11 der Urteilsgründe zugrunde liegen. Das hierin liegende offensichtliche Fassungsversehen gefährdet den Bestand der Schuldsprüche in den Fällen 8 und 11 der Urteilsgründe jedoch nicht.

HRRS-Nummer: HRRS 2018 Nr. 102

Bearbeiter: Karsten Gaede/Marc-Philipp Bittner