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HRRS-Nummer: HRRS 2018 Nr. 242

Bearbeiter: Karsten Gaede/Marc-Philipp Bittner

Zitiervorschlag: BGH, 2 StR 160/17, Beschluss v. 16.01.2018, HRRS 2018 Nr. 242


BGH 2 StR 160/17 - Beschluss vom 16. Januar 2018 (LG Frankfurt am Main)

Verwerfung der Revision als unbegründet.

§ 349 Abs. 2 StPO

Entscheidungstenor

1. Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts Frankfurt am Main vom 30. November 2016 aufgehoben, soweit die Bildung einer nachträglichen Gesamtstrafe unter Einbeziehung der Strafe aus dem Strafbefehl des Amtsgerichts Frankfurt am Main - Außenstelle Höchst - vom 22. September 2016 unterblieben ist, mit der Maßgabe, dass eine nachträgliche gerichtliche Entscheidung über die Gesamtstrafe nach §§ 460, 462 StPO zu treffen ist.

2. Die weiter gehende Revision wird verworfen.

3. Der Angeklagte hat die Kosten seines Rechtsmittels zu tragen.

Gründe

Das Landgericht hat den Angeklagten wegen gefährlicher Körperverletzung zu einer Freiheitsstrafe von einem Jahr und sechs Monaten verurteilt. Die auf den Strafausspruch beschränkte Revision des Angeklagten hat in dem aus dem Tenor ersichtlichen Umfang Erfolg; im Übrigen ist sie offensichtlich unbegründet (§ 349 Abs. 2 StPO).

1. Die Verfahrensrüge ist aus den vom Generalbundesanwalt in seiner Zuschrift genannten Gründen unzulässig.

2. Der Strafausspruch begegnet - wie sich im Einzelnen der Zuschrift des Generalbundesanwalts entnehmen lässt - keinen rechtlichen Bedenken.

3. Dagegen kann das Urteil keinen Bestand haben, soweit von einer möglichen Gesamtstrafenbildung der verhängten Strafe mit der Strafe aus dem Strafbefehl des Amtsgerichts Frankfurt am Main - Außenstelle Höchst - vom 22. September 2016 abgesehen wurde. Die Annahme, mit der - grundsätzlich gesamtstrafenfähigen - Strafe aus diesem Strafbefehl habe eine nachträgliche Gesamtstrafe nach § 55 StGB nicht gebildet werden können, weil der Strafbefehl zum Zeitpunkt des Urteils noch nicht rechtskräftig gewesen sei, wird von den Feststellungen nicht getragen.

Das Landgericht hat festgestellt, dass der Angeklagte gegen den ihm am 5. Oktober 2016 zugestellten Strafbefehl mit am 26. Oktober 2016 bei Gericht eingegangenem Schreiben Einspruch eingelegt und zugleich beantragt habe, ihm Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren. Mit Beschluss des Amtsgerichts Frankfurt am Main - Außenstelle Höchst - vom 15. November 2016 seien der Einspruch des Angeklagten als unzulässig verworfen und sein Wiedereinsetzungsgesuch abgelehnt worden. In der Folge habe der Angeklagte einen Rechtsanwalt beauftragt, gegen den ihm am 18. November 2016 zugestellten Beschluss vom 15. November 2016 vorzugehen (UA S. 13).

Nach § 46 Abs. 3, § 411 Abs. 1 Satz 1 StPO konnte der Angeklagte gegen den Beschluss vom 15. November 2016 sofortige Beschwerde einlegen. Diese war gemäß § 311 Abs. 2 StPO binnen einer Woche nach Zustellung einzulegen. Damit endete die Frist zur Einlegung der sofortigen Beschwerde mit Ablauf des 25. November 2016. Obwohl die Hauptverhandlung im vorliegenden Verfahren am 30. November 2016 stattgefunden hat, enthält das am selben Tag verkündete Urteil keinerlei Feststellungen zu der Frage, ob fristgerecht sofortige Beschwerde gegen den Beschluss vom 15. November 2016 eingelegt wurde. Sollte dies nicht geschehen sein, wäre der Strafbefehl vom 22. September 2016 mit Ablauf des 25. November 2016 in Rechtskraft erwachsen und somit gesamtstrafenfähig gewesen.

Auch wenn aufgrund der unzureichenden Feststellungen zur Rechtskraft des Strafbefehls vom 22. September 2016 nicht sicher feststeht, ob die unterbliebene Gesamtstrafenbildung rechtsfehlerhaft war, macht der Senat von der Möglichkeit Gebrauch, nach § 354 Abs. 1b StPO zu entscheiden (vgl. Senat, Beschluss vom 29. April 2015 - 2 StR 106/15 -, juris). Hiernach ist bei Rechtsfehlern, die ausschließlich die Bildung einer Gesamtstrafe betreffen, die Möglichkeit eröffnet, den Tatrichter auf eine Entscheidung im Beschlussverfahren gemäß §§ 460, 462 StPO zu verweisen. Im Falle der nachträglichen Bildung einer Gesamtstrafe ist in dem Beschluss unter Beachtung der zeitlichen Schranken der §§ 56, 58 Abs. 1 StGB auch über deren Aussetzung zur Bewährung zu entscheiden, wobei die Sachlage zum Zeitpunkt der Beschlussfassung maßgeblich ist (vgl. Senat, Urteil vom 9. Juli 2003 - 2 StR 125/03, NStZ 2004, 85). Die hierüber im Urteil getroffene Entscheidung wird in diesem Fall gegenstandslos.

HRRS-Nummer: HRRS 2018 Nr. 242

Bearbeiter: Karsten Gaede/Marc-Philipp Bittner