HRRS-Nummer: HRRS 2016 Nr. 426
Bearbeiter: Christoph Henckel/Karsten Gaede
Zitiervorschlag: BGH, 2 StR 9/16, Beschluss v. 25.02.2016, HRRS 2016 Nr. 426
1. Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts Gera vom 8. Oktober 2015 im Strafausspruch mit den zugehörigen Feststellungen aufgehoben.
2. Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels, an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.
3. Die weiter gehende Revision des Angeklagten wird verworfen.
Das Landgericht hat den Angeklagten wegen schweren sexuellen Missbrauchs eines Kindes in vier Fällen zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von drei Jahren verurteilt. Gegen dieses Urteil richtet sich die auf die Sachrüge gestützte Revision des Angeklagten. Das Rechtsmittel hat in dem aus der Entscheidungsformel ersichtlichen Umfang Erfolg. Im Übrigen ist es unbegründet im Sinne des § 349 Abs. 2 StPO.
Nach den Feststellungen des Landgerichts übte der Angeklagte im Zeitraum zwischen Sommer 2013 und dem 30. März 2014 mit der zur Tatzeit 13-jährigen Geschädigten in mindestens vier Fällen einvernehmlich den Geschlechtsverkehr aus.
Das Landgericht hat den Angeklagten, der zur Tatzeit Heranwachsender war, nach allgemeinem Strafrecht verurteilt. Es hat den Strafrahmen jeweils wegen Vorliegens eines minder schweren Falls gemäß § 176a Abs. 4 StGB gemildert und dabei hervorgehoben, dass die Geschädigte zur Tatzeit nicht weit von der Schutzaltersgrenze entfernt gewesen sei und es sich bei der Tatsituation um „eine Art Liebesverhältnis“ gehandelt habe. Aus diesem Strafrahmen hat es unter Berücksichtigung derselben Strafzumessungsgründe in drei Fällen Einzelfreiheitsstrafen von jeweils zwei Jahren und in einem Fall eine Einzelfreiheitsstrafe von einem Jahr und acht Monaten verhängt. Durch Erhöhung der Einsatzstrafe hat es die Gesamtfreiheitsstrafe von drei Jahren gebildet.
Die Revision des Angeklagten ist unbegründet, soweit sie sich gegen den Schuldspruch richtet. Jedoch ist der Strafausspruch rechtlich zu beanstanden.
Das Landgericht hat nicht erkennbar in seine Überlegungen einbezogen, dass der Angeklagte, der eine „akzentuierte Persönlichkeit mit unreifen und emotional unstabilen Zügen“ aufweist, zur Tatzeit erst Heranwachsender war. Das Tatbild ist insoweit auch von der Persönlichkeitsstruktur des Angeklagten und seinem jungen Alter zur Tatzeit geprägt. Die im Vergleich mit anderen Missbrauchsfällen geringe Altersdifferenz zwischen Täter und Opfer stellt - neben der „Liebesbeziehung“ als strafzumessungsrechtlichem Sonderfall (vgl. BGH, Beschluss vom 5. April 2005 - 4 StR 95/15, StV 2005, 387) - einen bestimmenden Strafzumessungsgrund dar (vgl. BT-Drucks. 13/8567 S. 32, 81; 15/350 S. 18; Senat, Beschluss vom 5. Juni 2013 - 2 StR 189/13, NStZ-RR 2013, 291; Eisele in Schönke/Schröder, StGB, 29. Aufl., § 176a Rn. 17; Fischer, StGB, 63. Aufl., § 176a Rn. 14; Laubenthal, Handbuch der Sexualstraftaten, 2012, Rn. 542; Münch-Komm/Renzikowski, StGB, 2. Aufl., § 176a Rn. 48). Die Urteilsgründe lassen besorgen, dass das Landgericht dies übersehen hat.
Der Senat kann nicht ausschließen, dass die nach dem Tatbild hoch erscheinenden Einzelstrafen und die Gesamtstrafe auf dem Rechtsfehler beruhen.
HRRS-Nummer: HRRS 2016 Nr. 426
Externe Fundstellen: StV 2017, 40
Bearbeiter: Christoph Henckel/Karsten Gaede