HRRS-Nummer: HRRS 2016 Nr. 807
Bearbeiter: Christoph Henckel/Karsten Gaede
Zitiervorschlag: BGH, 2 StR 7/16, Urteil v. 18.05.2016, HRRS 2016 Nr. 807
Auf die Revision der Staatsanwaltschaft wird das Urteil des Landgerichts Stralsund vom 30. Juni 2015, soweit es den Angeklagten B. betrifft, mit den Feststellungen aufgehoben.
Die Sache wird zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels, an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.
Das Landgericht hat den Angeklagten vom Vorwurf der (banden-und gewerbsmäßigen) Untreue in 16 Fällen freigesprochen. Dagegen wendet sich die auf die Sachrüge gestützte Revision der Staatsanwaltschaft. Das vom Generalbundesanwalt vertretene Rechtsmittel hat Erfolg.
1. Dem Angeklagten liegt zur Last, als stellvertretender Filialleiter einer Commerzbank Niederlassung in Gr. im kollusiven Zusammenwirken mit den ebenfalls angeklagten Kreditvermittlern Ma. und M. in 16 Fällen Kredite in einer Größenordnung von bis zu 50.000 Euro auf Grund gefälschter Bonitätsunterlagen ausgereicht zu haben. Diese Kredite sind - was der Angeklagte zumindest für möglich gehalten habe - zum überwiegenden Teil alsbald notleidend geworden.
2. Das Landgericht hat sich von der Täterschaft des Angeklagten nicht überzeugen können. Es hat hierzu im Wesentlichen ausgeführt:
Der Angeklagte war seit 1999 bei der Commerzbank AG angestellt und seit dem 1. Mai 2001 als stellvertretender Filialleiter in deren Niederlassung in Gr. tätig. Zu seinem Aufgabenbereich gehörte der Abschluss von Konsumenten- bzw. Ratenkreditverträgen mit Privatkunden. Betriebsintern galt der Angeklagte als „verkaufsstarker Mitarbeiter“ der über „starke Zuführerbindungen“ verfügte. Bei „Zuführern“ handelte es sich um Kreditvermittler bzw. Kreditmakler, die Privatkunden gegen Provisionszahlungen den Abschluss von Kreditverträgen mit der Bank vermittelten. Zu diesen „Zuführern“ gehörten u.a. die Mitangeklagten M. und Ma. Bei den von den „Zuführern“ vermittelten Kreditinteressenten handelte es sich überwiegend um Ausländer, die über kein oder nur geringes Einkommen verfügten und schon von daher nicht kreditwürdig waren. Um gleichwohl die mit einer Kreditvergabe einhergehenden Provisionen zu vereinnahmen, fälschten die „Zuführer“ oder von ihnen beauftragte Dritte Lohn- und Gehaltsnachweise entsprechend. Auch im Übrigen passten die „Zuführer“ die tatsächlichen Umstände den ihnen durch den Angeklagten bekannten bankinternen Prüfungskriterien an, z. B. indem sie Selbständige als Angestellte oder Verheiratete als Ledige erscheinen ließen. Die so manipulierten Antragsunterlagen wurden dem Angeklagten ausgehändigt, der unter Missachtung diverser weiterer bankinterner Prüfungs- und Arbeitsanweisungen die Darlehen vergab, teilweise ohne die Kunden überhaupt jemals persönlich gesehen zu haben.
Für den Abschluss der Ratenkreditverträge wurde ein standardisierter Vordruck verwendet. Darin vorgesehene Rubriken waren u.a. Angaben zum jeweiligen Darlehenszweck und Angaben zum monatlichen Einkommen. Ebenso gab es die Rubriken „Angaben zum Beschäftigungsverhältnis“ und „Legitimationsprüfung“. Diese Rubriken wurden u.a. auf der Grundlage der vorgelegten Einkommensnachweise von dem jeweiligen Kreditsachbearbeiter ausgefüllt. Im Zeitraum zwischen November 2008 und Juni 2009 schloss der Angeklagte als Vertreter der Commerzbankfiliale Gr. in zumindest 16 Fällen Kreditverträge, denen falsche bzw. gefälschte Bonitätsunterlagen zugrunde lagen. Dazu im Einzelnen:
- Am 26. Mai 2009 schloss der Angeklagte mit dem seit August 2008 in Deutschland aufenthältlichen arbeitslosen irakischen Staatsbürger H. einen Ratenkreditvertrag über 49.860 Euro. Der Commerzbank lagen dabei falsche Lohn-/Gehaltsabrechnungen vor, ausweislich derer H. bei dem Unternehmen „G. Gebäudereinigung“ mit einem monatlichen Bruttolohn von 3.975 Euro beschäftigt war. Als Darlehenszweck war „KFZ-Neukauf“ angegeben, in den Kreditunterlagen hatte der Angeklagte vermerkt „AG (= Arbeitgeber) tel. geprüft“. Den Kreditvertrag hatte H. in einem Eiscafe in Gr. auf Vorlage des mitangeklagten „Zuführers“ M. unterzeichnet, unmittelbar bevor er sich in die Bank begab, die ihm überlassenen Unterlagen dort abgab und sich 20.000 Euro in bar aushändigen ließ. Dazu, an wen die restliche Darlehenssumme ausgezahlt wurde und ob Darlehensrückzahlungen erfolgt sind, enthält das Urteil - im Gegensatz zur Anklageschrift - keine Feststellungen (Fall II 2a der Urteilsgründe = Fall 1 der Anklage).
- Am 30. April 2009 schloss der Angeklagte mit der seit März 2008 in Deutschland aufenthältlichen arbeitslosen irakischen Staatsbürgerin Mad. einen Ratenkreditvertrag über 50.000 Euro ab. Der Commerzbank lagen dabei falsche Lohn-/Gehaltsabrechnungen vor, ausweislich derer Mad. mit einem monatlichen Bruttoarbeitslohn von 4.160 Euro bei einer „O. GmbH“ in Ha. beschäftigt war. Als Darlehenszweck war wiederum „KFZ-Neukauf“ angegeben, in den Kreditunterlagen war vermerkt „über die Identität des AG wurde sich im Voraus rückversichert/tel. bestätigt“. Den Kreditbetrag in Höhe von 50.000 Euro hat die der deutschen Sprache nicht mächtige Mad. niemals erhalten. Vielmehr erfolgte die Auszahlung auf ein Konto der Firma „G. Gebäudereinigung“, deren wirtschaftlicher Inhaber mit dem irakischen Staatsbürger Ak. ein ebenfalls mitangeklagter „Zuführer“ war, gegen den die Strafkammer aber die Eröffnung des Hauptverfahrens abgelehnt hat (Fall II 2b der Urteilsgründe = Fall 2 der Anklageschrift).
- Am 19. Mai 2009 schloss der Angeklagte mit A. einen Ratenkreditvertrag über 49.860 Euro. Der Commerzbank lagen dabei Lohn-/Gehaltsabrechnungen vor, ausweislich derer A. bei dem Unternehmen „G. Gebäudereinigung“ mit einem monatlichen Bruttoarbeitslohn von 3.989,68 Euro beschäftigt war. Als Darlehenszweck war „KFZ-Neukauf“ angegeben, in den Kreditunterlagen hatte der Angeklagte vermerkt „tel. Rückspr. mit AG i.O.“. Dazu, ob A. tatsächlich bei der Fa. „G. Gebäudereinigung“ angestellt war, wann und an wen die Darlehenssumme ausgezahlt wurde und ob Darlehensrückzahlungen erfolgt sind, enthält das Urteil - im Gegensatz zur Anklageschrift - keine Feststellungen (Fall II 2c der Urteilsgründe = Fall 3 der Anklageschrift).
- Am 4. Juni 2009 schloss der Angeklagte mit K. einen Ratenkreditvertrag über 49.980 Euro. Der Commerzbank lagen dabei Lohn-/Gehaltsabrechnungen vor, ausweislich derer K. bei dem Unternehmen“ P.“ in Ha. mit einem monatlichen Bruttoarbeitslohn von 3.890 Euro beschäftigt war. Dazu, ob K. tatsächlich bei der Firma“ P.“ angestellt war, wann und an wen die Darlehenssumme ausgezahlt wurde und ob Darlehensrückzahlungen erfolgt sind, enthält das Urteil - im Gegensatz zur Anklageschrift - keine Feststellungen (Fall II 2d der Urteilsgründe = Fall 4 der Anklageschrift).
- Die weiteren 12 angeklagten Fälle folgen einem ähnlichen Schema.
3. Das Landgericht hatte zunächst die Eröffnung des Hauptverfahrens abgelehnt. Auf die sofortige Beschwerde der Staatsanwaltschaft hat das Oberlandesgericht Rostock das Hauptverfahren gegen den Angeklagten B. eröffnet. Nach durchgeführter Hauptverhandlung hat die Strafkammer nunmehr den Angeklagten B. aus tatsächlichen Gründen freigesprochen. Ihm sei die fehlende Kreditwürdigkeit der Kreditnehmer weder positiv bekannt gewesen, noch habe er mit einer solchen auch nur gerechnet und diese billigend in Kauf genommen.
Der Angeklagte hat sich bis auf Angaben zur Vergabe eines Privatkredits an den mitangeklagten „Zuführer“ M. nicht zur Sache eingelassen. Der Zeuge Pö., Direktor der Commerzbankfiliale in Gr., habe - so das Landgericht - bestätigt, dass es sich bei Konsumentenkrediten um ein „schlankes schnelles Massengeschäft“ gehandelt habe, bei dem die jeweiligen Sachbearbeiter grundsätzlich auf die Richtigkeit der ihnen vorgelegten Lohn- und Gehaltsbescheinigungen vertraut hätten. Bei guten Zielerreichungen habe es jährlich Sonderausschüttungen gegeben, ein guter Mitarbeiter habe dabei schon 7.000 Euro erzielen können.
Um eines solch geringen finanziellen Vorteils willen - so die Strafkammer - hätte der Angeklagte niemals seine angesehene Stellung in der Bank aufs Spiel gesetzt. Zwar habe der Angeklagte regelmäßig gegen bankinterne Weisungen verstoßen, indem er das Regionalprinzip (= Kreditvergabe nur an Kunden aus dem Einzugsbereich der Filiale Gr.) ignoriert und verbotswidrig „Zuführergeschäfte“ getätigt habe. Dabei habe es sich jedoch nur um Verstöße gegen formale Prinzipien gehandelt, die nichts über die mit dem Vertragsschluss verbundenen Risiken besagen und kein Indiz für einen bedingten Vorsatz darstellen würden. Auch aus den Mängeln und Ungereimtheiten der vorgelegten Lohn-/und Gehaltsbescheinigungen könne nicht auf einen zumindest bedingten Vorsatz des Angeklagten hinsichtlich der Fälschung dieser Unterlagen geschlossen werden. Es habe sich nicht um plumpe, sogleich als solche erkennbare Fälschungen gehandelt. Vermeintlich offensichtliche Ungereimtheiten, wie z.B. ein für die angegebene Tätigkeit zu hoher Lohn, ließen sich nur anhand von Kenntnissen über die genaue Tätigkeit des Beschäftigten und das in diesem Bereich übliche Lohnniveau erkennen. Es sei nicht Aufgabe des Angeklagten gewesen, im Rahmen der Vergabe von Ratenkrediten Einkommensnachweise so zu prüfen, wie Kriminalpolizei und Staatsanwaltschaft dies bei strafrechtlichen Ermittlungen zu tun pflegen. Im Übrigen habe der Angeklagte die einzelnen Gehaltsbescheinigungen durchaus kritisch geprüft, wie seine diversen Vermerke „AG tel. geprüft“, „über die Identität des AG wurde sich im Voraus rückversichert/tel. bestätigt“, „tel. Rückspr. mit AG i.O.“ und „Arbeitgeber hinterfragt“ belegten. Dabei sei es ohne Weiteres plausibel, dass der Angeklagte von den jeweiligen Arbeitgebern, hinter denen z.B. bei der „G. Gebäudereinigung“ der „Zuführer“ Ak. gesteckt habe, bewusst hinters Licht geführt worden sei.
Das Rechtsmittel der Staatsanwaltschaft hat Erfolg.
1. Das angefochtene Urteil genügt bereits aus formalen Gründen nicht den an ein freisprechendes Erkenntnis zu stellenden Anforderungen. Kann sich ein Gericht nicht von der Täterschaft eines Angeklagten überzeugen, ist zunächst der Anklagevorwurf aufzuzeigen (BGHSt 37, 22). Sodann muss in einer geschlossenen Darstellung dargelegt werden, welchen Sachverhalt das Gericht als festgestellt erachtet. Erst danach ist zu erörtern, aus welchen Gründen die für einen Schuldspruch erforderlichen zusätzlichen Feststellungen nicht getroffen werden können (BGH NJW 2013, 1106). Dies hat nach der Aufgabe, welche die Urteilsgründe erfüllen sollen, so vollständig und genau zu geschehen, dass das Revisionsgericht in der Lage ist nachzuprüfen, ob der Freispruch auf rechtlich bedenkenfreien Erwägungen beruht (vgl. Meyer-Goßner/Appl, Die Urteile in Strafsachen, 29. Aufl., Rn. 621 ff.).
Bereits daran fehlt es hier.
Die Strafkammer leitet die Urteilsgründe mit den von ihr getroffenen Feststellungen ein (UA 4-29), die in entscheidenden Punkten hinter dem erst später ausführlich mitgeteilten Anklagevorwurf (UA 29-50) zurückbleiben. So weisen die Feststellungen zu den einzelnen Vertragsabschlüssen gravierende Lücken auf:
- In den Fällen II 2 a, c, d, m, n und p der Urteilsgründe fehlen - anders als in der Anklageschrift - Feststellungen dazu, ob überhaupt und gegebenenfalls an wen in welcher Höhe die Kreditbeträge ausgezahlt worden sind.
- In den Fällen II 2 c, d, m, n und p der Urteilsgründe fehlen Feststellungen, ob und inwiefern die vorgelegten Einkommensnachweise echt oder gefälscht waren.
- In den Fällen II 2 a, c, d, e, f, h, i, k, l, m, n und o der Urteilsgründe fehlen Feststellungen, ob und in welchem Umfang die Kreditnehmer Darlehensrückzahlungen geleistet haben.
- Nach der Anklageschrift wiesen in den Fällen II 2 a, b, c, d, e, i und k der Urteilsgründe die vorgelegten Lohnbescheinigungen die Kreditnehmer - trotz eines bescheinigten Bruttoeinkommens von jeweils um die 4.000 Euro - als „Geringverdiener“ aus, worauf das Urteil nicht eingeht.
Aufgrund der Lückenhaftigkeit der vom Landgericht getroffenen Feststellungen unterliegt das angefochtene Urteil bereits deshalb der Aufhebung.
2. Darüber hinaus ist auch die Beweiswürdigung durchgreifend rechtsfehlerhaft.
a) Spricht das Tatgericht einen Angeklagten frei, weil es Zweifel an seiner Täterschaft nicht überwinden kann, so ist dies vom Revisionsgericht in der Regel hinzunehmen. Die Würdigung der Beweise ist Sache des Tatrichters, dem allein es obliegt, sich unter dem Eindruck der Hauptverhandlung ein Urteil über die Schuld oder Unschuld des Angeklagten zu bilden. Das Revisionsgericht kann demgegenüber nur prüfen, ob die Beweiswürdigung des Tatrichters mit Rechtsfehlern behaftet ist, etwa weil sie Lücken oder Widersprüche aufweist, mit den Denkgesetzen oder gesichertem Erfahrungswissen nicht in Einklang steht oder an die Überzeugung von der Schuld des Angeklagten überzogene Anforderungen gestellt werden (st. Rspr.; vgl. BGH, Urteil vom 6. August 2015 - 3 StR 226/15, juris Rn. 5). Lückenhaft ist die Würdigung der Beweise insbesondere dann, wenn das Urteil nicht erkennen lässt, dass der Tatrichter alle Umstände, die geeignet sind, die Entscheidung zu Gunsten oder zu Ungunsten des Angeklagten zu beeinflussen, in seine Überlegungen einbezogen und dabei nicht nur isoliert gewertet, sondern in eine umfassende Gesamtwürdigung eingestellt hat (vgl. BGH, Urteil vom 2. April 2015 - 3 StR 635/14, juris Rn. 3).
b) Nach diesen Maßstäben hält die Beweiswürdigung des Landgerichts revisionsgerichtlicher Überprüfung nicht stand. Insbesondere fehlt es an einer umfassenden Gesamtabwägung aller gegen eine Gutgläubigkeit des Angeklagten sprechende Beweisanzeichen.
aa) So hat die Strafkammer nicht bedacht, dass die Auszahlung der Darlehenssumme in Höhe von 50.000 Euro im Fall II 2b der Urteilsgründe nach den Feststellungen überhaupt nicht an die angeblich bei der „O. GmbH“ in Ha. beschäftigte Kreditnehmerin, sondern auf ein Konto der „G. Gebäudereinigung“ erfolgt war, deren wirtschaftlicher Inhaber der vormals Mitangeklagte Ak. war. Nach der Anklageschrift erfolgte auch in den Fällen II 2 a und c der Urteilsgründe die Auszahlung des überwiegenden Teils der Kreditsumme nicht an die Kreditnehmer, sondern auf ein Kontokorrentkonto der Reinigungsservice Ltd (UA 31) bzw. der „G.“ (UA 33). Mit dieser Merkwürdigkeit setzt sich die Strafkammer - nicht zuletzt aufgrund der Lückenhaftigkeit ihrer Feststellungen - nicht auseinander.
bb) Ebenso wenig nachvollziehbar ist die Bewertung, der Angeklagte habe die Fälschungen der Gehaltsnachweise nicht erkannt. Dass die teils erst kurze Zeit in Deutschland aufenthältlichen und der deutschen Sprache kaum mächtigen, angeblich in verschiedenen Niedriglohnsektoren (Reinigungsgewerbe, Zeitarbeitsfirma, Gastronomie) beschäftigten Kreditnehmer durchweg um die 4.000 Euro monatlich verdienten, hätte einer eingehenden Erörterung bedurft. Hinzu kommt, dass die Kreditnehmer ausweislich der Anklageschrift - womit sich das Urteil nicht auseinandersetzt - in den Lohnbescheinigungen ausdrücklich als „Geringverdiener“ bezeichnet wurden (Fälle II 2 a, b, c, d, e, i, k der Urteilsgründe, UA 31, 32, 33, 34, 35, 40, 42).
Soweit die Strafkammer ausführt, die Vermerke des Angeklagten, wonach er die Arbeitgeber und die Beschäftigungsverhältnisse überprüft habe (Fälle II 2 ad, k der Urteilsgründe), sprächen für seine Gutgläubigkeit, ist dies nicht nachvollziehbar. Die Vermutung des Landgerichts, der Angeklagte B. sei selbst bei seinen Nachforschungen bei der „G. Gebäudereinigung“ von dem in die Manipulationen eingeweihten Ak. und dessen Mitarbeitern entsprechend getäuscht worden, bietet z.B. keine Erklärung im Fall II 2b der Urteilsgründe. Dazu hat der Angeklagte in den Kreditunterlagen vermerkt: „Über die Identität des AG wurde sich im Voraus rückversichert/tel. bestätigt“. Naheliegend kann dieser Vermerk jedoch nur wider besseres Wissen erfolgt sein, weil die Kreditnehmerin tatsächlich nicht bei dem angegebenen Arbeitgeber „O. GmbH“ in Ha. arbeitete (UA 12) und ein solches Unternehmen nach dem in den Urteilsgründen wiedergegebenen Inhalt der Anklageschrift überhaupt nicht existierte (UA 32).
Darüber hinaus sind die Ausführungen des Landgerichts, was eine mögliche Erkennbarkeit der Fälschungen anbelangt, in sich widersprüchlich. Bezogen auf vorsätzliches Handeln des Mitangeklagten M. heißt es auf UA 71:
„Gegen die Annahme, M. könnte von dem Kreditnehmer getäuscht worden sein, d. h. im Hinblick auf die Authentizität der letztlich bei der Commerzbank vorgelegten Lohn-/Gehaltsabrechnungen gutgläubig gewesen sein, sprechen zudem die Ähnlichkeiten im äußeren Erscheinungsbild der gefälschten Bescheinigungen. Dass die aus unterschiedlichen Ländern stammenden und an verschiedenen Orten in Deutschland lebenden Kreditnehmer nur zufällig ähnlich aussehende Lohn-/und Gehaltsabrechnungen ge- bzw. verfälscht haben könnten, schließt die Kammer aus.“ Warum diese Ähnlichkeiten im äußeren Erscheinungsbild nicht auch dem Angeklagten B. aufgefallen sein müssen, erläutert die Strafkammer nicht.
cc) Schließlich greift auch die Argumentation der Strafkammer zu kurz, das bewusste Zuwiderhandeln gegen bankinterne Anweisungen bei der Kreditvergabe lasse, weil es sich nur um rein formelle Vorgaben handele, nicht auf ein bedingt vorsätzliches Handeln schließen.
Das von der Commerzbank im Oktober 2008 verfügte Verbot von Zuführergeschäften verbunden mit einer „Zuführerwarndatei“ und die Beschränkung auf regionale Kreditnehmer basierte - für den Angeklagten als stellvertretender Filialleiter ohne Weiteres erkennbar - auf schlechten Erfahrungen mit der bisherigen Geschäftspraxis und verfolgte eine Reduzierung des Ausfallrisikos bei der Kreditvergabe. Indem sich der Angeklagte über diese Vorgaben und Prinzipien hinweggesetzt hat, hat er nicht nur reine Formalien außer Acht gelassen, sondern er ist bewusst ein höheres Kreditrisiko eingegangen, als dies von seinem Arbeitgeber vorgegeben war.
HRRS-Nummer: HRRS 2016 Nr. 807
Bearbeiter: Christoph Henckel/Karsten Gaede