HRRS-Nummer: HRRS 2017 Nr. 658
Bearbeiter: Karsten Gaede/Marc-Philipp Bittner
Zitiervorschlag: BGH, 2 StR 575/16, Beschluss v. 02.05.2017, HRRS 2017 Nr. 658
1. Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts Frankfurt am Main vom 21. Juli 2016, soweit es ihn betrifft, im Schuldspruch dahin geändert, dass der Angeklagte des Diebstahls, des Computerbetruges und des versuchten Computerbetruges in zwei tateinheitlichen Fällen schuldig ist.
2. Die weitergehende Revision wird verworfen.
3. Der Beschwerdeführer hat die Kosten seines Rechtsmittels zu tragen.
Das Landgericht hat den Angeklagten wegen Diebstahls, Computerbetruges und versuchten Computerbetruges in zwei Fällen zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von zehn Monaten verurteilt und deren Vollstreckung zur Bewährung ausgesetzt. Die auf die Verletzung formellen und sachlichen Rechts gestützte Revision des Angeklagten hat zum Schuldspruch den aus der Beschlussformel ersichtlichen Teilerfolg; im Übrigen ist sie unbegründet im Sinne des § 349 Abs. 2 StPO.
1. Die Verfahrensrüge ist nicht ausgeführt und daher unzulässig (§ 344 Abs. 2 Satz 2 StPO).
2. Die Überprüfung des angefochtenen Urteils auf die nicht ausgeführte Sachrüge hat zum Schuldspruch wegen Diebstahls und (vollendeten) Computerbetruges keinen Rechtsfehler ergeben.
3. Die Verurteilung wegen versuchten Computerbetruges in zwei Fällen hält der rechtlichen Nachprüfung hingegen nicht stand. Das Landgericht hat insoweit folgende Feststellungen getroffen:
Nachdem der Angeklagte und weitere Mitangeklagte der Geschädigten O. u.a. Kredit- und EC-Karte entwendet und die EC-Karte bereits an einem Geldautomaten widerrechtlich verwendet hatten, fuhr der Angeklagte mit den Mitangeklagten zu einem weiteren Geldautomaten. Dem gemeinsamen Tatplan entsprechend, die entwendeten Karten „so schnell wie möglich zu nutzen“, begab sich die mit Schal und Sonnenbrille vermummte Mitangeklagte S. zum Geldautomaten, wo sie versuchte, mit der entwendeten Kreditkarte 1.000 Euro von dem Konto der Geschädigten abzuheben. Die Abhebung scheiterte und die Kreditkarte wurde eingezogen (Fall II. 5 der Urteilsgründe). Sodann versuchte die Mitangeklagte am selben Geldautomaten mit der entwendeten EC-Karte 1.000 Euro abzuheben. Auch diese Abhebung scheiterte (Fall II. 6 der Urteilsgründe).
Die rechtsfehlerfrei getroffenen Feststellungen tragen zwar den Schuldspruch wegen versuchten Computerbetruges; jedoch hat das Landgericht das Konkurrenzverhältnis der Tatbeiträge des Angeklagten unzutreffend beurteilt und ist rechtsfehlerhaft von zwei tatmehrheitlichen Fällen des versuchten Computerbetruges ausgegangen.
Sind an einer Deliktsserie - wie hier - mehrere Personen beteiligt, ist die Frage, ob die einzelnen Taten tateinheitlich oder tatmehrheitlich zusammentreffen, bei jedem Beteiligten gesondert zu entscheiden. Leistet ein Mittäter für alle oder einige Einzeltaten einen individuellen, nur je diese fördernden Tatbeitrag, so sind ihm diese Taten - soweit keine natürliche Handlungseinheit vorliegt - als tatmehrheitlich begangen zuzurechnen. Fehlt es an einer solchen individuellen Tatförderung, erbringt der Täter aber im Vorfeld oder während des Laufs der Deliktsserie Tatbeiträge, durch die alle oder mehrere Einzeltaten seiner Tatgenossen gleichzeitig gefördert werden, sind ihm die gleichzeitig geförderten einzelnen Straftaten als tateinheitlich begangen zuzurechnen, da sie in seiner Person durch den einheitlichen Tatbeitrag zu einer Handlung im Sinne des § 52 Abs. 1 StGB verknüpft werden. Ohne Bedeutung ist dabei, ob die Mittäter die einzelnen Delikte tatmehrheitlich begangen haben (st. Rspr., vgl. Senat, Beschluss vom 22. Februar 2017 - 2 StR 291/16 mwN).
Nach diesen Maßstäben hat sich der Angeklagte des versuchten Computerbetruges in zwei tateinheitlichen Fällen schuldig gemacht. Denn er hat zu den beiden Abhebeversuchen keinen individuellen, jeweils einen Abhebeversuch fördernden Tatbeitrag erbracht. Sein Tatbeitrag - die Fahrt zum Geldautomaten - hat sich vielmehr auf beide Abhebeversuche gleichermaßen fördernd ausgewirkt, so dass diese ihm als tateinheitlich begangen zuzurechnen sind.
Der Senat ändert den Schuldspruch entsprechend. § 265 StPO steht dem nicht entgegen, da sich der Angeklagte nicht anders als geschehen hätte verteidigen können.
Die Änderung des Schuldspruchs führt zum Wegfall der vom Landgericht für die im Fall II. 6 der Urteilsgründe festgesetzten Einzelgeldstrafe in Höhe von 40 Tagessätzen zu je 5 Euro. Der Wegfall der Einzelstrafe lässt den Gesamtstrafausspruch unberührt. Angesichts der Einsatzstrafe in Höhe von acht Monaten Freiheitsstrafe und zweier Einzelgeldstrafen in Höhe von 120 und 40 Tagessätzen zu je 5 Euro schließt der Senat aus, dass das Landgericht auf eine niedrigere Gesamtfreiheitsstrafe erkannt hätte.
4. Der geringe Teilerfolg der Revision rechtfertigt es nicht, den Angeklagten von den Kosten und Auslagen seines Rechtsmittels teilweise freizustellen (§ 473 Abs. 4 StPO).
HRRS-Nummer: HRRS 2017 Nr. 658
Externe Fundstellen: NStZ-RR 2018, 42
Bearbeiter: Karsten Gaede/Marc-Philipp Bittner