HRRS-Nummer: HRRS 2017 Nr. 925
Bearbeiter: Christoph Henckel/Karsten Gaede
Zitiervorschlag: BGH, 2 StR 438/16, Urteil v. 10.05.2017, HRRS 2017 Nr. 925
Die Revision der Staatsanwaltschaft gegen das Urteil des Landgerichts Köln vom 7. April 2016 wird verworfen.
Die Staatskasse trägt die Kosten des Rechtsmittels und die dem Angeklagten hierdurch entstandenen notwendigen Auslagen.
Das Landgericht hat den Angeklagten vom Vorwurf des Betruges in 2.729 Fällen aus tatsächlichen Gründen freigesprochen. Hiergegen wendet sich die Revision der Staatsanwaltschaft mit der Rüge der Verletzung materiellen Rechts. Das Rechtsmittel, das vom Generalbundesanwalt nicht vertreten wird, hat keinen Erfolg.
Mit der zugelassenen Anklage vom 20. November 2012 legt die Staatsanwaltschaft dem Angeklagten zur Last, in der Zeit vom 29. Dezember 2004 bis zum 7. September 2011 in Köln in 2.729 Fällen Privatpatienten bei der Abrechnung von Laborleistungen betrogen zu haben. Der Angeklagte habe als niedergelassener Arzt in K. die für seine Privatpatienten zu erbringenden Speziallaborleistungen aus dem Bereich M III der Gebührenordnung für Ärzte (GOÄ) durch die Laborgemeinschaft“ “ durchführen lassen. Die Laborgemeinschaft, deren Mitglied er war, habe ihm für diese und für weitere Laborleistungen im Tatzeitraum einen Gesamtbetrag in Höhe von 155.601,22 Euro in Rechnung gestellt, der sich nach den bei der Erbringung der Laborleistungen tatsächlich angefallenen Kosten bemaß. Gegenüber seinen Patienten habe der Angeklagte die von der Laborgemeinschaft erbrachten Speziallaborleistungen in einem Gesamtvolumen in Höhe von 600.609,91 Euro in unzulässiger Weise nach § 4 Abs. 2 GOÄ als selbst erbracht in Rechnung gestellt und den Patienten dadurch wahrheitswidrig vorgespiegelt, zur Abrechnung in dem in Rechnung gestellten Umfang berechtigt gewesen zu sein, obwohl die Leistungen tatsächlich nicht durch ihn oder unter seiner Aufsicht nach fachlicher Weisung erfolgten. Daraufhin überwiesen die Privatpatienten, die von einer ordnungsgemäßen Rechnungserstellung ausgingen, die in Rechnung gestellten Geldbeträge. Insgesamt habe der Angeklagte, der zumindest billigend in Kauf nahm, zur Abrechnung der Laborleistungen nicht berechtigt gewesen zu sein, dadurch einen Gewinn in Höhe von mindestens 455.608,69 Euro erwirtschaftet, wobei er bei den Abrechnungen gegenüber seinen Privatpatienten jeweils in der Absicht gehandelt habe, sich aus wiederholten Betrugsstraftaten eine nicht nur vorübergehende Einnahmequelle von erheblichem Umfang zu verschaffen und eine große Zahl von Menschen in die Gefahr des Verlustes von Vermögenswerten zu bringen.
1. Nach den Feststellungen führte der Angeklagte als niedergelassener Facharzt für Innere Medizin seit 1982 eine hausärztliche Praxis in K. Die im Rahmen seiner Praxis anfallenden Laboruntersuchungen gemäß Abschnitt M III des Gebührenverzeichnisses für ärztliche Leistungen der GOÄ (im Folgenden: MIII-Untersuchungen) wurden außerhalb der Praxisräume in den Räumlichkeiten einer Laborgemeinschaft erbracht, bei der der Angeklagte Gesellschafter war. Bei MIII-Untersuchungen handelt es sich um Untersuchungen, die voll automatisiert und computergesteuert in Untersuchungsgeräten ablaufen (sog. Black-Box-Verfahren). Die in der Laborgemeinschaft erbrachten MIII-Untersuchungen rechneten die als Gesellschafter beteiligten Ärzte unmittelbar als eigene Leistungen gegenüber ihren Patienten ab. Die Laborgemeinschaft stellte den Ärzten lediglich die Kosten der Untersuchung in Rechnung, die bei diesen Leistungen zwischen sieben Prozent und 46 Prozent des nach der GOÄ abrechenbaren Betrages ausmachten.
Die Voraussetzungen für die Abrechenbarkeit von Laborleistungen regelte im Tatzeitraum die zum 1. Januar 1996 in Kraft getretene Fassung des § 4 Abs. 2 GOÄ. Danach kann der Arzt Gebühren nur für selbständige ärztliche Leistungen berechnen, die er selbst erbracht hat oder die unter seiner Aufsicht nach fachlicher Weisung erbracht wurden. Als eigene Leistungen gelten auch von ihm berechnete Laborleistungen des Abschnitts M II des Gebührenverzeichnisses (Basislabor), die nach fachlicher Weisung unter der Aufsicht eines anderen Arztes in Laborgemeinschaften oder in von Ärzten ohne eigene Liquidationsberechtigung geleiteten Krankenhauslabors erbracht werden.
Zur Abrechenbarkeit von MIII-Untersuchungen führte die Bundesärztekammer in einer am 1. März 1996 veröffentlichten Stellungnahme aus, dass sich aus § 4 Abs. 2 GOÄ die Notwendigkeit ergebe, „dass der Arzt bei allen Schritten der Leistungserstellung persönlich anwesend ist, auch wenn er das Labor einer Laborgemeinschaft zur eigenen Leistungserbringung in Anspruch nimmt. Während der technischen Erstellung durch automatisierte Verfahren, welche im Labor ausgeführt werden, ist allerdings die persönliche Anwesenheit während dieses Teilschritts nicht erforderlich.“ Die Stellungnahme enthielt ausserdem eine Aufstellung von Mindestvoraussetzungen zur Wahrnehmung der Aufsicht. Diese Auslegung des § 4 Abs. 2 GOÄ, die die Bundesärztekammer im Oktober 1997 und Juli 2000 erneut bestätigte, machte sich die Ärztekammer N. zu eigen.
In Einklang mit den medizinischen Erfordernissen gestaltete sich der Ablauf der von der Laborgemeinschaft angebotenen Untersuchungen so, dass die in der Arztpraxis abgenommenen und gekennzeichneten Blutproben vom Fahrdienst der Laborgemeinschaft abgeholt und in das Labor gebracht wurden. Dort wurden die Probenröhrchen zentrifugiert, sortiert und über einen automatischen Probenverteiler den entsprechenden Untersuchungsgeräten zugeführt. Die jeweils angeforderten Untersuchungen wurden vollautomatisch durchgeführt und im Anschluss optisch durch die Angestellten der Laborgemeinschaft kontrolliert. Nach Abschluss der Untersuchungen erhielten die Ärzte die Ergebnisse per Post oder Datenfernübertragung übermittelt. Nach Übergabe der Proben an den Fahrdienst bis zur Fertigstellung der Untersuchungen war an keiner Stelle des Untersuchungsvorgangs eine Beteiligung oder ein Eingreifen der einsendenden Ärzte vorgesehen.
Unter anderem als Reaktion darauf, dass gegen Mitglieder der Laborgemeinschaft wegen des Verdachts des Abrechnungsbetrugs bei Speziallaborleistungen staatsanwaltschaftliche Ermittlungen eingeleitet worden waren, führte die Laborgemeinschaft im Jahr 2003 für MIII-Untersuchungen ein sog. Validationsverfahren ein, das bis 2007 freiwillig wahrgenommen werden konnte und seit Januar 2008 für alle Gesellschafter verpflichtend war. Danach erhielt der Arzt die Ergebnisse von MIII-Untersuchungen erst übermittelt, wenn er diese im Labor nach Prüfung der medizinischen Plausibilität an einem eigens eingerichteten Computerarbeitsplatz mittels Kennwort validiert hatte. Bei fehlender Plausibilität konnte er eine Kontrolluntersuchung aus der gleichen Blutprobe durch die zuständige Labormitarbeiterin veranlassen. Erst im Anschluss an die Befundfreigabe wurden Befundberichte erstellt und dem Arzt übermittelt. Die im Labor erfolgte Validierung wurde auf den Befundberichten und durch Unterschrift in einem am Empfang ausliegenden „Anwesenheitsbuch“ dokumentiert.
Die Nachfrage der Laborgemeinschaft, ob die dort geübte Praxis der Durchführung von MIII-Untersuchungen bezogen auf Qualitätssicherung, Erreichbarkeit der Ärzte und Überprüfung der Plausibilität GOÄ-konform sei, wurde von der Ärztekammer N. mit Schreiben vom 30. September 2003 bejaht. In mehreren Rundschreiben an ihre Mitglieder, in Mitgliederversammlungen und Informationsveranstaltungen äußerte die Laborgemeinschaft zwischen September 2005 und August 2011 im Einklang mit dem Ergebnis eines 2007 eingeholten externen Rechtsgutachtens, dass die Abrechenbarkeit der Leistungen zwar nicht die persönliche Anwesenheit des Arztes während der voll automatischen Analyseerstellung, jedoch eine medizinische Validierung durch den beauftragenden Arzt am Tag der Untersuchung im Labor voraussetze. Dieser Auffassung schloss sich auch die Ärztekammer N. in mehreren Schreiben an.
2. Der Angeklagte nahm die Möglichkeit in Anspruch, MIII-Untersuchungen bei der Laborgemeinschaft durchzuführen. Zur Erbringung von MIII-Leistungen wurden die in der Praxis des Angeklagten regelmäßig montags oder dienstags entnommenen Blutproben durch ihn selbst oder eine seiner Angestellten nach einiger Standzeit optisch begutachtet, mit einem Barcode und einem Tagesaufkleber versehen, der die Proben als solche kennzeichnete, die mittwochs untersucht werden sollten. Die Proben wurden sodann mit der entsprechenden Untersuchungsanforderung vom Fahrdienst der Laborgemeinschaft abgeholt und ins Labor transportiert. Dort angekommen wurden die Proben nach Prüfung ihrer Tauglichkeit zentrifugiert und bis zu der am darauffolgenden Mittwoch ab 11 Uhr stattfindenden Untersuchung in einem Kühlschrank aufbewahrt. Während der Durchführung der bis zu zwei Stunden dauernden Untersuchung war der Angeklagte telefonisch erreichbar und hätte das Labor in 25 Minuten Fahrzeit erreichen können. Der Angeklagte kam regelmäßig mittwochs nachmittags in das Labor, um dort die Validation der Untersuchungsergebnisse am Computer vorzunehmen, und dokumentierte seine Anwesenheit im ausliegenden Anwesenheitsbuch. Spätestens ab März 2011 nutzte der Angeklagte das Verfahren der Präsenzvalidation, bei dem die Proben erst nach seiner Ankunft im Labor zur Untersuchung in die Geräte gestellt wurden. Der Angeklagte nahm bei seinen Besuchen im Labor regelmäßig die Gelegenheit wahr, sich auch mit den für die MIII-Untersuchungen zuständigen Labormitarbeiterinnen zu unterhalten, den Raum mit den Untersuchungsgeräten in Augenschein zu nehmen und sich die Ergebnisse der Qualitätskontrollen und Ringversuche anzusehen.
In der Zeit vom 29. Dezember 2004 bis zum 7. September 2011 stellte der Angeklagte insgesamt 2.729 Rechnungen an Privatpatienten aus, die in der Laborgemeinschaft erbrachte MIII-Leistungen betrafen. Die Rechnungen enthielten den Hinweis, die Leistungen seien „unter unserer Aufsicht und nach unserer fachlichen Anweisung erstellt worden (Paragr. 4 Abs. 2 GOÄ)“. Außerdem fügte der Angeklagte seinen Rechnungen im gesamten verfahrensgegenständlichen Zeitraum auf Empfehlung der Laborgemeinschaft ein Beiblatt „Patienteninformation“ bei, in dem erläutert wurde, dass die Untersuchungen in Analyseautomaten einer Laborgemeinschaft durchgeführt und die Ergebnisse von ihm persönlich im Anschluss an die Analytik im Labor begutachtet werden. Während der Maschinenlaufzeit sei er zwar nicht anwesend, aber erreichbar. „Der guten Ordnung halber“ wurde darauf hingewiesen, dass teilweise für die Abrechenbarkeit eine dauerhafte persönliche Präsenz im Labor gefordert werde.
Dem Angeklagten waren die Veröffentlichungen der Bundesärztekammer und der Ärztekammer N. zur Auslegung des § 4 Abs. 2 GOÄ im Hinblick auf die Abrechenbarkeit von Speziallaborleistungen ebenso bekannt wie die Empfehlungen der Geschäftsführung der Laborgemeinschaft und das Ergebnis des externen Rechtsgutachtens, wonach die Abläufe in der Laborgemeinschaft rechtlich „in Ordnung seien“. Über die Durchsuchungen und den Lauf des Ermittlungsverfahrens gegen Mitglieder der Laborgemeinschaft war er informiert.
3. Das Landgericht hat den Angeklagten aus tatsächlichen Gründen freigesprochen. Es ist davon ausgegangen, dass der Angeklagte die außerhalb seiner Praxis in der Laborgemeinschaft durchgeführten MIII-Untersuchungen nicht als „eigene Leistungen“ gemäß § 4 Abs. 2 GOÄ hätte abrechnen dürfen, da er seiner Aufsichtspflicht nicht im erforderlichen Umfang nachgekommen sei. Insoweit habe er die für ihn bestehende Verpflichtung nicht erfüllt, die ordnungsgemäße Laborgerätewartung und die Bedienungsabläufe durch das Laborpersonal einschließlich der Durchführung von Qualitätssicherungsmaßnahmen zu überprüfen. Die Frage, ob der Angeklagte seine Patienten mit der Inrechnungstellung der MIII-Leistungen im Sinne des § 263 StGB getäuscht hat, hat das Landgericht offengelassen. Die Strafkammer hat angenommen, dass die Einlassung des Angeklagten, er habe sich an der von der Bundesärztekammer und der Ärztekammer N. vertretenen Auslegung des § 4 Abs. 2 GOÄ orientiert, sein Verhalten entsprechend ausgerichtet und sei davon ausgegangen, die Abrechnungsvoraussetzungen des § 4 Abs. 2 GOÄ erfüllt zu haben, nicht zu widerlegen sei. Es hat sich daher nicht davon überzeugen können, dass der Angeklagte hinsichtlich möglicher Täuschungshandlungen sowie hinsichtlich der Rechtswidrigkeit der von ihm erstrebten Vermögensvorteile zumindest mit bedingtem Vorsatz handelte.
Die Revision der Staatsanwaltschaft hat keinen Erfolg. Die Nachprüfung des Urteils hat - auch unter Berücksichtigung des Revisionsvorbringens - keinen Rechtsfehler zugunsten des Angeklagten ergeben.
1. Ungeachtet des Umstands, dass auf der Grundlage der Feststellungen bereits keine unwahre Tatsachenbehauptung vorliegt und damit das objektive Tatbestandsmerkmal der Täuschung über Tatsachen im Sinne von § 263 Abs. 1 StGB nicht erfüllt ist, weil der Angeklagte bei der Rechnungsstellung durch ausdrückliche Hinweise und die Beilegung des Beiblatts „Patienteninformation“ seine Auffassung zum Ausdruck gebracht hat, die Erbringung von MIII-Leistungen stehe mit den Vorgaben von § 4 Abs. 2 GOÄ in Einklang (vgl. OLG Düsseldorf, Beschluss vom 20. Januar 2017 - III-1 Ws 482/15, juris Rn. 28), greifen die Einwendungen der Revision gegen die Beweiswürdigung zur subjektiven Tatseite nicht durch. Die Annahme des Landgerichts, der Angeklagte habe jedenfalls nicht vorsätzlich gehandelt, hält rechtlicher Nachprüfung stand, so dass auch eine Strafbarkeit wegen Versuchs nicht in Betracht kommt.
a) Die Beweiswürdigung ist Sache des Tatgerichts (§ 261 StPO). Diesem obliegt es, sich unter dem umfassenden Eindruck der Hauptverhandlung ein Urteil über die Schuld oder Unschuld des Angeklagten zu bilden. Seine Schlussfolgerungen brauchen nicht zwingend zu sein; es genügt, dass sie möglich sind. Die revisionsgerichtliche Prüfung hat sich darauf zu beschränken, ob dem Tatgericht Rechtsfehler unterlaufen sind, was in sachlichrechtlicher Hinsicht der Fall ist, wenn die Beweiswürdigung widersprüchlich, unklar oder lückenhaft ist, gegen Denkgesetze oder gesicherte Erfahrungssätze verstößt oder an die Überzeugung von der Schuld des Angeklagten überhöhte Anforderungen gestellt werden (st. Rspr.; vgl. BGH, Urteil vom 27. Oktober 2015 - 3 StR 199/15, juris Rn. 16 mwN).
b) Daran gemessen begegnet die Beweiswürdigung des angefochtenen Urteils im Ergebnis keinen durchgreifenden rechtlichen Bedenken. Das Landgericht hat die Einlassung des Angeklagten umfassend geprüft und hat sich auf der Grundlage der von ihm getroffenen umfangreichen Feststellungen im Rahmen der Gesamtwürdigung insbesondere auch damit auseinandergesetzt, dass dem Angeklagten bekannt war, dass die Auslegung des § 4 Abs. 2 GOÄ nicht einheitlich bewertet wurde und Ermittlungsverfahren gegen andere Mitglieder der Laborgemeinschaft sowie ab 2009 auch gegen ihn selbst geführt wurden. Unter Berücksichtigung aller Umstände hat es angenommen, es lasse sich nicht mit der zur Verurteilung erforderlichen Sicherheit feststellen, dass der Angeklagte die Möglichkeit, zur Abrechnung der verfahrensgegenständlichen Untersuchungen nicht berechtigt zu sein, billigend in Kauf genommen habe. Die Würdigung des Landgerichts, angesichts der umstrittenen, obergerichtlich noch nicht geklärten Rechtslage und im Hinblick auf das penibel an den Vorgaben der Ärztekammern zur Anwendung von § 4 Abs. 2 GOÄ ausgerichtete Verhalten des Angeklagten sei es möglich, dass dieser davon ausgegangen sei, seine Ansprüche seien von der Rechtsordnung anerkannt, ist revisionsrechtlich nicht zu beanstanden.
c) Soweit die Revision diese Bewertung des Landgerichts mit der Begründung angreift, dieses habe den Inhalt der erstmals am 1. März 1996 veröffentlichen Stellungnahme der Bundesärztekammer zur Anwendung von § 4 Abs. 2 GOÄ unrichtig ausgelegt, dringt sie nicht durch. Die Auslegung von Äußerungen und Erklärungen ist eine dem Tatrichter vorbehaltene Tatsachenwürdigung. Ebenso wie bei der Beweiswürdigung ist dem Revisionsgericht eine eigene Würdigung verwehrt; seine Prüfung beschränkt sich auf Lücken oder Verstöße gegen Sprach- und Denkgesetze, Erfahrungssätze und allgemeine Auslegungsregeln (Meyer-Goßner/Schmitt, StPO, 60. Aufl., § 261 Rn. 38 ff.). Ein derartiger Rechtsfehler liegt hier nicht vor. Die Strafkammer hat den Ablauf der vom Angeklagten als MIII-Leistungen abgerechneten Untersuchungen im Rahmen einer sorgfältigen Gegenüberstellung an insgesamt sechs in den Richtlinien genannten Voraussetzungen „zur Wahrnehmung der ‚Aufsicht‘“ gemessen. Der (auch) auf dieser Grundlage gezogene Schluss des Landgerichts, der Angeklagte habe davon ausgehen können, dass seine Vorgehensweise den Vorgaben der Richtlinie entspreche, ist - was ausreicht - jedenfalls möglich. So konnte die Strafkammer etwa entgegen der Auffassung der Revision ohne Rechtsfehler annehmen, dass die in der Richtlinie aufgeführte „Sicherstellung ordnungsgemäßer Probenvorbereitung“ sich auf Vorgänge in der eigenen Praxis des Angeklagten beziehe und der Richtlinie eine Anwesenheitspflicht des Arztes im Labor bei einfachen Arbeitsschritten vor und nach der automatischen Untersuchung nicht zu entnehmen sei. Auch konnte das Landgericht, das sich insoweit auf die Beurteilung des Sachverständigen stützte, annehmen, dass die persönliche und nicht nur telefonische Erreichbarkeit des Angeklagten innerhalb kurzer Zeit zur Aufklärung von Problemfällen in einer den Anforderungen der Bundesärztekammer und der Ärztekammer N. genügenden Weise sichergestellt war.
2. Soweit die Revision beanstandet, das Landgericht habe bei der Prüfung des Vorsatzes nicht hinreichend berücksichtigt, dass der Angeklagte mit den verfahrensgegenständlichen Untersuchungen bei nur geringem eigenen Arbeitsaufwand hohe Gewinne erzielt hat, dringt sie ebenfalls nicht durch. Die Strafkammer hat sich mit diesem Umstand auseinandergesetzt. Ihre Wertung, dass hieraus nicht auf einen Betrugsvorsatz geschlossen werden könne, hat sie in nachvollziehbarer und damit revisionsrechtlich nicht angreifbarer Weise damit begründet, dass hohe Vergütungen für Arbeiten, die in kurzer Zeit erledigt werden können, auch in anderen Tätigkeitsfeldern auf legalem Weg zu erzielen sind.
HRRS-Nummer: HRRS 2017 Nr. 925
Externe Fundstellen: NStZ-RR 2017, 318 ; StV 2018, 288
Bearbeiter: Christoph Henckel/Karsten Gaede