HRRS-Nummer: HRRS 2016 Nr. 126
Bearbeiter: Christian Becker
Zitiervorschlag: BGH, AK 43-46/15, Beschluss v. 17.12.2015, HRRS 2016 Nr. 126
Die Untersuchungshaft hat fortzudauern.
Eine etwa erforderliche weitere Haftprüfung durch den Bundesgerichtshof findet in drei Monaten statt.
Bis zu diesem Zeitpunkt wird die Haftprüfung dem nach den allgemeinen Vorschriften zuständigen Gericht übertragen.
I. Die Beschuldigten wurden am 6. Mai 2015 vorläufig festgenommen und befinden sich seit diesem Tag aufgrund der Haftbefehle des Ermittlungsrichters des Bundesgerichtshofs vom 5. Mai 2015 (3 BGs 75 - 78/15) ununterbrochen in Untersuchungshaft. Gegenstand der Haftbefehle ist der Vorwurf, die Beschuldigten hätten spätestens im November 2014 die terroristische Vereinigung „Oldschool Society“ (im Folgenden: OSS) mit dem Ziel gegründet, bewaffnete Anschläge unter anderem auf Asylbewerberheime zu begehen, und sich an dieser Organisation als Mitglieder oder Rädelsführer beteiligt (§ 129a Abs. 1 StGB).
II. Die Voraussetzungen der Untersuchungshaft und ihrer Fortdauer über sechs Monate hinaus liegen vor.
1. Nach den bisherigen Ermittlungen ist im Sinne eines dringenden Tatverdachts im Wesentlichen von folgendem Sachverhalt auszugehen:
a) Die OSS fand sich zu einem nicht näher ermittelten Zeitpunkt aus Teilnehmern einer „Chat"-Gruppe bei dem Instant-Messenger-Dienst „WhatsApp“ zusammen, der unter anderem die Beschuldigten G., H. und W. angehörten. Sie wechselte aus „Sicherheitsgründen“ im August 2014 zum Messenger-Dienst „Telegram“, der eine schnelle und verschlüsselte Kommunikation erlaubt und zudem die Möglichkeit zu besonders verschlüsselten „Geheimchats“ bietet. Die Gruppe trat nach außen mit einem im September 2014 errichteten Facebook-Profil auf, das Darlegungen ihrer politischen, insbesondere ausländer- und islamfeindlichen Ansichten und Ziele sowie Kontaktmöglichkeiten enthielt. Intern gab sich die Gruppierung eine Satzung, die Interessenten zugänglich gemacht wurde und von deren Akzeptieren der Beitritt abhing. Diese Satzung, die sich an den Regelungen für sog. Outlaw Motorcycle Gangs orientierte, sah eine Führungsebene mit „President (Führer), Vice-President (Stellvertretender Führer)" usw. vor. Aus ihr ergab sich auch die Verpflichtung der Mitglieder, Anweisungen der Führungsebene unverzüglich Folge zu leisten. Zuwiderhandlungen gegen die Satzung sollten zum Ausschluss führen.
Die ideologische Ausrichtung der OSS folgte ausländer- und insbesondere islamfeindlichen Vorstellungen. Unter ihren Mitgliedern bestand Einigkeit, dass Menschen mit Migrationshintergrund und insbesondere mit muslimischen Wurzeln Deutschland zu „überschwemmen“ drohen, und durch die politischen und staatlichen Instanzen - auch finanziell - bevorzugt behandelt werden. Sie sollten deshalb aus Deutschland vertrieben werden. Wie dies erreicht werden könne, war immer wieder Inhalt der „Chat-Diskussionen“. Dabei wurden vor allem zwei Strategien erörtert: Zum einen wurde erwogen, gegen diese Bevölkerungsgruppe direkt vorzugehen, etwa mit gewaltsamen Anschlägen auf Asylbewerberheime und Moscheen. Zum anderen wurden Brand- und Sprengstoffanschläge gegen andere Einrichtungen, etwa auf Kirchen, Einkaufsmeilen und Schulen erörtert, um in der Bevölkerung eine fremdenfeindliche und von Rache getragene Stimmung zu erzeugen.
Die Kommunikation der Organisation fand - wie dargelegt - in der Regel in „Chats“ statt. Hierbei waren verschiedene Gruppen eingerichtet. Der „Chat“ der sog. Hauptgruppe stand allen Mitgliedern der OSS, aber auch Interessenten offen. Hier wurde rege - auch über Belanglosigkeiten - kommuniziert. Dreimal wöchentlich, nämlich montags, mittwochs und freitags, fand ab 20.30 Uhr ein offizieller „Gruppenchat“ statt, der ausdrücklich der Diskussion der Gruppenziele diente. Die Mitglieder waren verpflichtet, jedenfalls einmal wöchentlich hieran teilzunehmen. Darüber hinaus bestand eine weitere Diskussionsrunde, die sich „Geheimrat“ nannte und die der Führung der Gruppierung vorbehalten war. Die Kommunikation wurde teilweise parallel in beiden Gruppen geführt, wobei die Mitglieder der Führungsebene Beiträge in beiden „Chats“ abgaben. Am 15. November 2014 fand ein erstes persönliches Treffen, das auch als „Gründungstreffen“ bezeichnet wurde, unter Beteiligung der Beschuldigten auf einem Kleingartengrundstück des Beschuldigten W. bei B. statt. Bei dieser Zusammenkunft, die wenig strukturiert ablief, wurde erstmals über Übergriffe auf „Salafisten“, Moscheen und Asylbewerberheime gesprochen. Ein weiteres Treffen war vom 8. bis zum 10. Mai 2015 auf dem gleichen Gelände geplant.
b) Den Beschuldigten G., H., O. und W. oblag die Führung der OSS. Der Beschuldigte H. war nach der Satzung ihr Präsident und nahm auch tatsächlich die Führungsrolle ein. Der Beschuldigte W. fungierte als Vizepräsident und traf zusammen mit dem Beschuldigten H. die wesentlichen Entscheidungen. Die Beschuldigte G. gehörte als Schriftführerin ebenfalls zur Führungsgruppe und war in Entscheidungsfindungen eingebunden. Der Beschuldigten O., dem die Öffentlichkeitsarbeit übertragen war, zählte zwar nicht zu den ursprünglichen Mitgliedern der OSS, sondern wurde von der Beschuldigten G. erst zu einem späteren Zeitpunkt angeworben. Er gehörte indes spätestens im Frühjahr 2015 als viertes Mitglied der Führungsebene an. Die Mitglieder der Führungsgruppe organisierten die „Chat-Kommunikation“ und gaben meist die Diskussionsthemen vor. Die Besprechungen im „Chat“ über mögliche Anschläge wurden im Wesentlichen von Redebeiträgen der Beschuldigten G., O. und H. bestimmt. Auch die persönlichen Zusammenkünfte wurden von den Beschuldigten, insbesondere den Beschuldigten G. und H., anberaumt und vorbereitet. Die Führungsgruppe brachte Vorschläge für Aktionen zur Umsetzung der politischen und ideologischen Zielsetzung der OSS ein, die mit den Mitgliedern diskutiert wurden. Die endgültige Entscheidung blieb allerdings der Führung vorbehalten. Dieser oblag es auch, die Mitglieder zur Einhaltung der Gruppenregelungen und Erfüllung ihrer Pflichten anzuhalten und gegebenenfalls zu disziplinieren.
Die Beschuldigten waren überzeugt, dass eine Vertreibung von Menschen mit Migrationshintergrund aus Deutschland nur mit gewaltsamen Aktionen erreicht werden könne. Nach der Zusammenkunft der OSS im November 2014 wuchs bei ihnen die Entschlossenheit, die zuvor wiederholt diskutierten Überlegungen zu Gewaltaktionen tatsächlich umzusetzen. Insbesondere die Beschuldigten H. und G. brachten in der „Chat-Kommunikation“ mehrfach zum Ausdruck, dass ein weiterer Aufschub gewaltsamer Übergriffe nicht mehr in Betracht komme. Schließlich einigten sich die Beschuldigten, zunächst Angriffe auf Asylbewerberheime vorzunehmen, wobei ein erster Anschlag während der für Mai 2015 geplanten Zusammenkunft stattfinden sollte. Da sie letztlich den meisten Mitgliedern der Hauptgruppe die Beteiligung an einem solchen Anschlag nicht zutrauten, entschlossen sie sich, diese bei dem Treffen im Mai eine weniger „gefährliche“ Aktion unternehmen zu lassen, etwa Angriffe gegen die „Antifa“ oder von dieser benutzte Gebäude. Derweil wollten die Beschuldigten selbst, möglicherweise zusammen mit einigen ausgesuchten anderen Mitgliedern der OSS, einen Anschlag auf ein Asylbewerberheim verüben. Dies sollte, wie die Beschuldigten H. und W. bereits im November 2014 ins Auge gefasst hatten, mittels Spreng- und Brandsätzen geschehen. In Umsetzung dieses Vorhabens begaben sich die Beschuldigten W. und G. am 1. Mai 2015, also nur wenige Tage vor der geplanten Zusammenkunft, nach Tschechien, wo sie pyrotechnische Gegenstände mit hoher Sprengkraft erwarben, die in Deutschland nicht zugelassen sind. Diese sollten teilweise zum Bau von Nagelbomben dienen oder mit brennbaren Stoffen verbunden werden und bei dem geplanten Angriff auf ein Asylbewerberheim Verwendung finden. Nach der Rückkehr nach Deutschland informierte der Beschuldigte W. zunächst telefonisch den Beschuldigten O. und danach den Beschuldigten H. über die Erlangung der Gegenstände, wobei er mit letzterem - unter Beteiligung der Beschuldigten G. - ausdrücklich auch die Nutzung der herbeigeschafften Pyrotechnik zu dem Angriff auf ein Asylantenheim besprach. Davon, dass sie mit den pyrotechnischen Gegenständen einen solchen Angriff verüben würden, ging auch der Beschuldigte O. aus. Allen Beschuldigten war bewusst, dass bei den ins Auge gefassten Anschlägen Leib und Leben von Menschen geschädigt werden können.
2. Der dringende Tatverdacht im Sinne des § 112 Abs. 1 Satz 1 StPO ergibt sich aus einer Gesamtschau der vorliegenden Beweismittel, unter anderem aus der Auswertung des „Chatverkehrs“ und den abgehörten Telefongesprächen, insbesondere den Gesprächen zwischen den Beschuldigten W. und O. bzw. H. am 1. Mai 2015. Er gründet zudem auf der Einlassung des Beschuldigten O. sowie den Aussagen weiterer gesondert verfolgter Beschuldigter und von Zeugen. Bei der Durchsuchung der - von der Beschuldigten G. zeitweise mitbewohnten - Wohnung des Beschuldigten W. wurden pyrotechnische Gegenstände sowie ein Rucksack mit Nägeln sichergestellt. Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten wird auf die Darlegungen in den Haftbefehlen Bezug genommen. Ergänzend ist lediglich Folgendes auszuführen:
a) Die Führungsposition des Beschuldigten H. im Rahmen der OSS wird durch den Inhalt der „Chatprotokolle“ belegt, wonach er offen den Anspruch erhebt, der Gruppe vorzustehen und diese anzuleiten. Aus dem „Chatverkehr“ wie auch einzelnen Telefongesprächen ergibt sich darüber hinaus, dass der Beschuldigte fest entschlossen war, jedenfalls zusammen mit den Mitgliedern der Führungsgruppe gewaltsame Anschläge zu verüben, bei denen Menschenleben zumindest gefährdet werden, und diese Planungen mit einem ersten Anschlag auf ein Asylbewerberheim anlässlich des geplanten Treffens im Mai 2015 konkret umzusetzen.
b) Den erwähnten Beweismitteln kann entnommen werden, dass auch der Beschuldigte W. zu den ursprünglichen Mitgliedern der OSS und den Befürwortern gewaltsamer Aktionen zählte. Insbesondere aus der Einlassung des Beschuldigten O. und der Vernehmung der gesondert verfolgten L. wird seine Führungsrolle im Rahmen der OSS, aber auch auf der Ebene des „Geheimrats“ deutlich. Sie wird durch den Inhalt der „Chat-Kommunikation“ sowie Telefongespräche bestätigt, die den Erwerb von Waffen und Sprengstoff zum Gegenstand hatten. Seine Fahrt nach Tschechien zum Erwerb pyrotechnischer Gegenstände wird durch die Telekommunikationsüberwachung sowie den Fund der Gegenstände bei der Durchsuchung seiner Wohnung am 6. Mai 2015 belegt.
c) Die Entschlossenheit der Beschuldigten G., ab 2015 gewaltsame Aktionen durchzuführen, wird aus den „Chatprotokollen“ deutlich, ergibt sich aber auch aus der Einlassung des Mitbeschuldigten O. sowie anderen Aussagen, etwa der der gesondert Verfolgten L. Nach der Einlassung des Beschuldigten O. sprach sie immer wieder die Verwendung von Sprengstoff an. Den Erkenntnissen aus der Telekommunikationsüberwachung kann entnommen werden, dass sie den Beschuldigten W. nach Tschechien zum Erwerb der pyrotechnischen Gegenstände begleitete. An dem im Anschluss hieran geführten Telefonat mit dem Mitbeschuldigten H. über deren Verwendung bei dem geplanten Angriff auf ein Asylbewerberheim äußerte sie sich aus dem Hintergrund.
d) Der Beschuldigte O. bezeichnete sich selbst sowohl in überwachten Telefongesprächen als auch in seiner Einlassung - neben den Mitbeschuldigten - als viertes Mitglied der Führungsebene. Dies belegt auch die Aussage der gesondert Verfolgten L. Sie hat zudem angegeben, dass der Beschuldigte O. zu den Befürwortern gewaltsamer Aktionen gehörte, was der Inhalt der „Chatkommunikation“ bestätigt. Die Überwachung der Telekommunikation ergibt zudem, dass der Beschuldigte bereits im Januar 2015 mit dem Mitbeschuldigten H. beratschlagte, wie Waffen besorgt werden können, und der Beschuldigte W. ihn am 1. Mai 2015 vom Erwerb der pyrotechnischen Gegenstände in Kenntnis setzte. Nach seiner Einlassung wusste der Beschuldigte O., dass diese bei einem anstehenden Angriff auf ein Asylantenwohnheim Verwendung finden sollten. Ihm seien nun zwar Bedenken gekommen. Diese habe er indes nicht geäußert, da er in der Gruppe habe bleiben wollen. Er habe aber gehofft, dass andere die Aktion noch stoppen könnten.
3. Danach besteht der dringende Verdacht, dass jedenfalls die Beschuldigten als Führungsgruppe der OSS eine terroristische Vereinigung im Sinne des §129a Abs. 1 Nr. 1 StGB bildeten und sich an dieser mitgliedschaftlich beteiligten. Ob die OSS insgesamt als derartige Vereinigung einzustufen wäre, bedarf hier daher keiner näheren Betrachtung.
Die aus den vier Beschuldigten bestehende Führungsgruppe der OSS erfüllte mit großer Wahrscheinlichkeit alle Voraussetzungen, die nach ständiger Rechtsprechung an eine Vereinigung im Sinne der genannten Vorschrift zu stellen sind (vgl. LK/Krauß, StGB, 12. Aufl., § 129 Rn. 18 ff. mwN). Es handelte sich um eine Gruppierung von mindestens drei Personen, die in einem organisatorisch fest abgesteckten Rahmen gemeinsame Zwecke verfolgten und sich hierbei aus übergeordneten ideologischen Zielen dem Gruppenwillen unterwarfen. Dass ein solcher übergeordneter Gruppenwille von den Beschuldigten anerkannt wurde, liegt zum einen nahe aufgrund der von ihnen akzeptierten Satzung, die einen hierarchischen Aufbau der Organisation mit Befehls- und Disziplinargewalt vorsah, zum anderen aber auch aufgrund des längerfristigen abgestimmten Zusammenwirkens zur Erreichung ihres über die beabsichtigten Straftaten hinausgehenden ideologischen Ziels, Ausländer - insb. Migranten - aus Deutschland zu vertreiben (vgl. BGH, Urteil vom 3. Dezember 2009 - 3 StR 277/09, BGHSt 54, 216, 226 ff.). Er wird anschaulich belegt durch das Verhalten des Beschuldigten O., der zwar innerlich die geplanten Gewaltaktionen abgelehnt haben will, sich aber dennoch dem Gruppenzwang beugte und weiterhin mitwirkte, um in der Vereinigung verbleiben zu können.
Die Zwecke und die Tätigkeit der Vereinigung waren in einem für die Erfüllung des Tatbestands ausreichendem Maße (vgl. BGH, Beschlüsse vom 30. Juni 1999 - StB 5/99, NStZ 1999, 503, 504; vom 17. Juni 2010 - AK 3/10, BGHSt 55, 157, 174) darauf gerichtet, Tötungsdelikte zu begehen. Die Beschuldigten hatten sich in der Führungsgruppe der OSS zusammengetan, um Personen mit ausländischen Wurzeln aus Deutschland zu vertreiben, was zunächst durch Angriffe mit Brandsätzen und Nagelbomben auf Asylbewerberheime, später möglicherweise auch mit gewaltsamen Übergriffen auf andere Einrichtungen erreicht werden sollte. Dabei nahmen die Beschuldigten angesichts der unkontrollierbaren Folgen des Einsatzes von Brandsätzen und Nagelbomben naheliegend die Tötung von Menschen jedenfalls billigend in Kauf.
An dieser Vereinigung beteiligten sich die Beschuldigten jedenfalls als Mitglieder. Ob ihnen auch deren Gründung und gegebenenfalls Rädelsführerschaft angelastet werden kann, bedarf hier keiner Entscheidung. Die Beschuldigten waren jeweils subjektiv in die terroristischen Ziele der Organisation und ihre Willensbildung eingebunden und entfalteten dauerhaft gewichtige Tätigkeiten zur Förderung der Ziele der Vereinigung. Die Beschuldigten G., H. und W. nahmen unter anderem zur Umsetzung des nach eingehender Erörterung aller Gruppenmitglieder gemeinsam gefassten Entschlusses zu gewaltsamen Aktionen konkrete Vorbereitungshandlungen für einen ersten Anschlag vor. Die Beschuldigten W. und G. besorgten die für einen Angriff erforderlichen pyrotechnischen Gegenstände und erörterten ihren Umbau zu Nagelbomben sowie die möglichst effiziente Nutzung als Brandsätze. In einem Telefongespräch zwischen den Beschuldigten W. und H. wurde unter Beteiligung der Beschuldigten G. der Angriff auf ein Asylbewerberheim konkret festgelegt. Aber auch der Beschuldigte O. zeigte sich bereit, sich in Anerkennung des Gemeinschaftswillens an solchen Übergriffen zu beteiligen und mögliche persönliche Bedenken hinter den Gruppenwillen zurückzustellen. Dabei gingen alle Beschuldigten davon aus, dass dem geplanten Übergriff vor dem Hintergrund der von einer Ideologie der Ausländerfeindlichkeit getragenen Zwecksetzung der Organisation einer gewaltsamen Vertreibung von Menschen mit ausländischen Wurzeln aus Deutschland weitere folgen sollten.
4. Es besteht aus den im Haftbefehl dargestellten Gründen der Haftgrund der Fluchtgefahr (§ 112 Abs. 2 Nr. 2 StPO) sowie der Haftgrund der Schwerkriminalität (§ 112 Abs. 3 StPO). Die zu erwartenden Strafen üben einen hohen Fluchtanreiz auf die Beschuldigten aus. Ausreichend tragfähige soziale oder berufliche Bindungen im Inland, die geeignet sind, diesem Anreiz maßgeblich entgegen zu wirken, bestehen jeweils nicht. Es ist deshalb zu erwarten, dass die Beschuldigten, in Freiheit belassen, sich dem Verfahren entziehen würden.
Unter den gegebenen Umständen vermögen Maßnahmen nach § 116 Abs. 1 StPO nicht die Erwartung zu begründen, dass auch durch sie der Zweck der Untersuchungshaft erreicht werden kann.
5. Die Voraussetzungen für die Fortdauer der Untersuchungshaft über sechs Monate hinaus (§ 121 Abs. 1 StPO) sind gegeben. Die besondere Schwierigkeit und der Umfang des Verfahrens haben ein Urteil noch nicht zugelassen. Im Zusammenhang mit der Festnahme der Beschuldigten am 6. Mai 2015 wurde eine Reihe von Objekten durchsucht. Die sichergestellten Asservate mussten gesichtet und ausgewertet werden. Zudem nahm die Auswertung der Erkenntnisse aus der umfangreichen Telekommunikationsüberwachung, insbesondere des „Chatverkehrs“ zwischen den Beschuldigten, sowie der sichergestellten Handys erhebliche Zeit in Anspruch. Am 3. August 2015 wurde der Beschuldigte O. vernommen. In der Zeit von Mai bis Dezember 2015 fand zudem eine Vielzahl von Zeugen- und Beschuldigtenvernehmungen statt. Das Gutachten über die sichergestellte Pyrotechnik datiert vom 26. Oktober 2015. Gleichwohl ist nach Mitteilung des Generalbundesanwalts die Anklageschrift mittlerweile weitgehend fertiggestellt. Noch in diesem Jahr soll Anklage erhoben werden.
6. Der jeweilige weitere Vollzug der Untersuchungshaft steht auch nicht außer Verhältnis zur Bedeutung der Sache und der zu erwartenden Strafen (§ 120 Abs. 1 Satz 1 StPO).
HRRS-Nummer: HRRS 2016 Nr. 126
Bearbeiter: Christian Becker