HRRS-Nummer: HRRS 2015 Nr. 1063
Bearbeiter: Christoph Henckel/Karsten Gaede
Zitiervorschlag: BGH, 2 StR 47/15, Beschluss v. 07.09.2015, HRRS 2015 Nr. 1063
1. Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts Gera vom 29. September 2014
a) im Schuldspruch dahin geändert, dass der Angeklagte des unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge schuldig ist,
b) im Strafausspruch mit den zugehörigen Feststellungen aufgehoben.
2. Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels, an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.
3. Die weitergehende Revision wird als unbegründet verworfen.
Das Landgericht hat den Angeklagten wegen unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge und unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in fünfzehn Fällen zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von zwei Jahren und sechs Monaten verurteilt. Hiergegen richtet sich die auf die Sachrüge gestützte Revision des Angeklagten. Das Rechtsmittel hat in dem aus der Entscheidungsformel ersichtlichen Umfang Erfolg. Im Übrigen ist es unbegründet im Sinne von § 349 Abs. 2 StPO.
Nach den Feststellungen des Landgerichts fasste der Angeklagte im Jahr 2013 den Entschluss, sich durch regelmäßigen Umsatz von Betäubungsmitteln eine Einnahmequelle von einigem Umfang und einiger Dauer zu verschaffen, um seine an sich auskömmlichen Lebensverhältnisse weiter zu verbessern. Von Januar 2013 bis März 2014 verkaufte er in mindestens fünfzehn Fällen jeweils 100 g Marihuana an den gesondert verfolgten T. auf Kommissionsbasis. Er wurde von T. jeweils bei der nächsten Lieferung bezahlt. Im Lauf der Geschäftsbeziehung geriet T. in Zahlungsrückstand. Die genaue Höhe der Rückstände und die Zahl der betroffenen Einzellieferungen konnte das Landgericht nicht feststellen. Zuletzt verkaufte der Angeklagte am 1. April 2014 eine Menge von 426,86 g Marihuana an T. Dieser hatte zuvor zugesichert, über den gesamten Kaufpreis für diese Lieferung zu verfügen und zugleich die aufgelaufenen Rückstände auszugleichen, was er anschließend auch realisierte.
Das Landgericht hat jede Drogenlieferung des Angeklagten an T. als rechtlich selbständige Handlung des unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln angesehen. Nur im Fall der letzten Lieferung bezog sich diese auf eine nicht geringe Menge. Insgesamt ist das Landgericht zur Annahme von sechzehn Taten gelangt.
Die Revision erzielt mit der Sachrüge einen Teilerfolg. Der Schuldspruch ist dahin abzuändern, dass insgesamt nur eine Tat des unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge vorliegt. Dies hat die Aufhebung des Strafausspruchs zur Folge.
Die Konkurrenzbewertung des Landgerichts ist - wie der Generalbundesanwalt zutreffend ausgeführt hat - rechtsfehlerhaft. Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs werden Einzelhandlungen des unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln dann, wenn die Bezahlung einer früheren Lieferung mit der Übergabe einer neuen Drogenmenge zusammentrifft, zur Tateinheit verbunden (vgl. Senat, Beschluss vom 22. Januar 2010 - 2 StR 563/09, NStZ 2011, 97; Beschluss vom 9. Dezember 2014 - 2 StR 381/14, jeweils mwN). Sowohl die Bezahlung von Betäubungsmitteln als auch die Übergabe der Drogen sind Teilakte des Handeltreibens mit Betäubungsmitteln.
Nicht mehr entscheidungserheblich ist danach, dass hier auch zumindest bezüglich eines ungeklärten Teils der Einzelakte die Zahlungsrückstände aus früheren Lieferungen bei der Übergabe der letzten Drogenmenge mit bezahlt wurden; insoweit muss erst recht von einer Handlungseinheit der zusammentreffenden Teilakte des Handeltreibens ausgegangen werden.
Der Senat ändert den Schuldspruch dementsprechend ab. § 265 Abs. 1 StPO steht dem nicht entgegen, denn der Angeklagte, der ein umfassendes Geständnis abgelegt hat, hätte sich auch bei Kenntnis der fehlerhaften Konkurrenzbewertungen der Tatsacheninstanz nicht mit Erfolg anders verteidigen können als es dort geschehen ist.
Die Änderung des Schuldspruchs zwingt zur Aufhebung des Strafausspruchs im Ganzen. Der Senat kann nicht ausschließen, dass das Landgericht bei der Bildung einer einheitlichen Strafe zu einem für den Angeklagten günstigeren Ergebnis gelangen wird, als es durch die Bildung von Einzelstrafen und einer Gesamtstrafe gefunden wurde.
Der neue Tatrichter wird auch die rechtlichen Bedenken gegen die bisherige Begründung der Strafzumessung, die der Generalbundesanwalt erläutert hat, zu beachten haben.
HRRS-Nummer: HRRS 2015 Nr. 1063
Bearbeiter: Christoph Henckel/Karsten Gaede