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HRRS-Nummer: HRRS 2016 Nr. 68

Bearbeiter: Christoph Henckel/Karsten Gaede

Zitiervorschlag: BGH, 2 StR 429/15, Beschluss v. 12.11.2015, HRRS 2016 Nr. 68


BGH 2 StR 429/15 - Beschluss vom 12. November 2015 (LG Frankfurt a. M.)

Urkundenfälschung (Gebrauch einer unechten Urkunde: Tateinheit bei einheitlichem Tatplan).

§ 267 Abs. 1 StGB; § 52 StGB

Leitsatz des Bearbeiters

Wird eine gefälschte Urkunde dem ursprünglichen Tatplan entsprechend mehrfach gebraucht, liegt nur eine Urkundenfälschung vor (vgl. BGH wistra 2014, 349).

Entscheidungstenor

1. Auf die Revisionen der Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts Frankfurt am Main vom 9. Juni 2015

a) im Schuldspruch dahin geändert, dass die Angeklagten jeweils des Betruges in Tateinheit mit Urkundenfälschung in zwei Fällen schuldig sind,

b) im Ausspruch über die Einzelstrafen in den Fällen II.2. bis II.5. der Urteilsgründe und im Ausspruch über die Gesamtfreiheitsstrafe mit den zugehörigen Feststellungen aufgehoben.

2. Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten der Rechtsmittel, an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.

3. Die weitergehenden Revisionen der Angeklagten werden verworfen.

Gründe

Das Landgericht hat die Angeklagten jeweils des Betruges in Tateinheit mit Urkundenfälschung in zwei Fällen und des versuchten Betruges in Tateinheit mit Urkundenfälschung in drei Fällen schuldig gesprochen und sie - jeweils unter Einbeziehung der Strafen aus früheren Verurteilungen - zu Gesamtfreiheitsstrafen von vier Jahren verurteilt. Außerdem hat es angeordnet, dass sechs Monate der Gesamtfreiheitsstrafen als bereits vollstreckt gelten. Gegen dieses Urteil richten sich die Revisionen der Angeklagten mit der Sachrüge. Die Rechtsmittel haben in dem aus der Entscheidungsformel ersichtlichen Umfang Erfolg.

I.

1. Nach den Urteilsfeststellungen veranlassten die Angeklagten die arbeitslose Zeugin H. dazu, drei Eigentumswohnungen in L. zu kaufen und zur Finanzierung des Kaufpreises für zwei dieser Wohnungen am 10. November 2007 mit der D. K. AG einen Darlehensvertrag über 154.000 Euro abzuschließen. Auf Veranlassung der Angeklagten legte die Zeugin der Bank dabei gefälschte Bonitätsunterlagen vor. Eine Rückführung des Darlehens war nicht beabsichtigt; es sollte auch nicht zur Bezahlung der Kaufpreisforderung verwendet werden. Die Grundschulden für die Eigentumswohnungen stellten für die Bank keine ausreichende Kreditsicherheit dar. Ihr Rückzahlungsanspruch hatte nach der Verwertung der Objekte einen Minderwert in Höhe von 37.520 Euro. Der Darlehensbetrag wurde zwischen den Angeklagten, der Zeugin und verschiedenen Vermittlern des Immobiliengeschäfts aufgeteilt (Fall II.1. der Urteilsgründe).

Die Angeklagten veranlassten auch den Zeugen E. dazu, als Darlehensnehmer gegenüber Banken aufzutreten und zur Erlangung von Darlehen, die angeblich zum Kauf von Immobilien verwendet werden sollten, gefälschte Bonitätsunterlagen vorzulegen. Der Zeuge E. schloss in der Zeit vom 21. Juli 2008 bis zum 16. April 2009 bei vier verschiedenen Kreditinstituten Darlehensverträge ab (Fälle II.2. bis II.5. der Urteilsgründe), wobei es nur bei einer Tat (Fall II.2. der Urteilsgründe) zur Auszahlung eines Darlehens in Höhe von 517.000 Euro kam.

Bei diesen Darlehensgeschäften wurde jeweils ein gefälschter Arbeitsvertrag verwendet, der den Zeugen E. als Polier einer Baufirma mit einem Bruttoarbeitslohn von 5.600 Euro pro Monat bezeichnete. Tatsächlich war der Zeuge als Hilfsarbeiter tätig, verfügte nur über ein monatliches Nettoeinkommen von 600 Euro und hatte Schulden in Höhe von 30.000 Euro. Er eröffnete Bankkonten, auf denen er Bargeldbeträge einzahlte, die ihm dazu von dem Angeklagten U. zeitweilig überlassen worden waren; nach der jeweiligen Buchung des Zahlungseingangs ließ sich der Zeuge einen Kontoauszug erstellen und hob anschließend den eingezahlten Betrag wieder ab. Die Immobilien, die angeblich mithilfe der Bankdarlehen erworben werden sollten, waren minderwertig und die dazu bestellten Grundschulden stellten keine ausreichenden Kreditsicherheiten dar. Den Angeklagten ging es nur darum, jeweils einen Teil der Darlehenssumme selbst zu erhalten und für eigene Zwecke zu verwenden.

Im Fall II.5. der Urteilsgründe hatte der Filialleiter der S. k. Ha. den Verdacht des Betrugs. Er informierte die Polizei. Der Angeklagte U. und der Zeuge E. wurden in den Räumen der S. k. festgenommen. Danach gingen die Angeklagten davon aus, dass „die Katze aus dem Sack“ sei. Sie nahmen selbst Kontakt mit der im Fall II.4. der Urteilsgründe getäuschten S. - k. O. auf, offenbarten die Täuschung und wirkten darauf hin, dass das Darlehen nicht ausgezahlt wurde. Im Fall II.3. der Urteilsgründe war es zur Darlehensauszahlung nicht gekommen, weil die notarielle Bescheinigung der Fälligkeit des Kaufpreises nicht vorgelegt wurde. Zudem bezahlte der Zeuge E. nach seiner Verhaftung die Bereitstellungszinsen nicht mehr. Die Angeklagten unternahmen auch keine Anstrengungen mehr, um die Darlehensauszahlungen zu forcieren.

2. Das Landgericht hat den festgestellten Sachverhalt dahin gewürdigt, dass bei der Täuschung von Mitarbeitern verschiedener Banken jeweils rechtlich selbständige Handlungen vorgelegen hätten. Im Fall II.5. der Urteilsgründe sei der Versuch des Betruges fehlgeschlagen. In den Fällen II.3. und II.4. habe es an der Freiwilligkeit eines Rücktritts gefehlt.

II.

Die Revisionen der Angeklagten sind teilweise begründet.

1. Die Rechtsmittel führen zu einer Konkurrenzkorrektur.

Wird eine gefälschte Urkunde dem ursprünglichen Tatplan entsprechend mehrfach gebraucht, liegt nur eine Urkundenfälschung vor (vgl. BGH, Beschluss vom 7. Mai 2014 - 4 StR 95/14, wistra 2014, 349). Das den Angeklagten als Mittätern zugerechnete mehrfache Gebrauchmachen von dem gefälschten Arbeitsvertrag des Zeugen E. beruht nach den Urteilsgründen auf einem einheitlichen Tatentschluss. Es stellt eine einheitliche Urkundenfälschung dar. Diese verklammert die verschiedenen Täuschungshandlungen des Betruges in den Fällen II.2. bis II.5. zu einer rechtlichen Einheit.

Der Senat ändert den Schuldspruch dahin, dass die Angeklagten des Betruges in Tateinheit mit Urkundenfälschung in zwei Fällen schuldig sind. § 265 Abs. 1 StPO steht nicht entgegen, weil die Angeklagten sich nicht anders als geschehen hätten verteidigen können.

2. Die Schuldspruchänderung führt zur Aufhebung der Einzelstrafen in den Fällen II.2. bis II.5. der Urteilsgründe mit den zugehörigen Feststellungen und zum Wegfall der Gesamtfreiheitsstrafe.

Der neue Tatrichter hat auch Gelegenheit nochmals zu prüfen, ob in den Fällen II.3. und II.4. davon auszugehen ist, dass die Angeklagten den Entschluss zur Herbeiführung der Darlehensauszahlung durch Täuschung freiwillig aufgegeben haben. Die Verhaftung des Zeugen E. und des Angeklagten U. war möglicherweise für die Angeklagten noch kein zwingendes Hindernis die Tat zu vollbringen (vgl. Senat, Beschluss vom 13. Januar 1988 - 2 StR 665/87, BGHSt 35, 184, 186).

Die Kompensationsentscheidungen bleiben von der Schuldspruchänderung und der Aufhebung eines Teils des Rechtsfolgenausspruchs unberührt.

HRRS-Nummer: HRRS 2016 Nr. 68

Bearbeiter: Christoph Henckel/Karsten Gaede