HRRS-Nummer: HRRS 2015 Nr. 973
Bearbeiter: Karsten Gaede und Christoph Henckel
Zitiervorschlag: BGH, 2 StR 524/14, Urteil v. 01.07.2015, HRRS 2015 Nr. 973
Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts Köln vom 18. Juni 2014, soweit es ihn betrifft, mit den Feststellungen aufgehoben.
Die Sache wird zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels, an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.
Das Landgericht hat den Angeklagten wegen schweren Bandendiebstahls in sechs Fällen und wegen Hehlerei zu der Gesamtfreiheitsstrafe von drei Jahren verurteilt. Darüber hinaus hat es eine Entscheidung nach § 111 i Abs. 2 StPO getroffen. Gegen dieses Urteil hat der Angeklagte Revision eingelegt. Er rügt - unausgeführt - die Verletzung materiellen Rechts.
Die Revision des Angeklagten hat Erfolg.
Das Landgericht hat im Wesentlichen folgende Feststellungen und Wertungen getroffen:
Der bislang strafrechtlich nicht in Erscheinung getretene Angeklagte kam mit den nicht revidierenden Mitangeklagten D. S., einem Onkel des Angeklagten, und M. S., einem Cousin des Angeklagten, spätestens am 12. Juni 2013 überein, künftig als Gruppierung gemeinsam wiederholt im Einzelnen noch ungewisse Trickdiebstähle zum Nachteil älterer Personen nach der so genannten „Wasserwerker-Methode“ zu begehen. Danach sollten gezielt ältere Personen in ihren Wohnungen bestohlen werden. Nach dem gemeinsam gefassten Tatplan sollten die Tatopfer gemeinsam ausgewählt werden; jedem der Beteiligten war ein „Veto-Recht“ eingeräumt. Dem nicht revidierenden Mitangeklagten M. S. war die Rolle des so genannten „Ablenkers“ zugedacht; er sollte an der Wohnungstür des jeweiligen Tatopfers klingeln, sich als Mitarbeiter der Wasserwerke oder als Handwerker ausgeben und sich unter einem Vorwand Zutritt zur Wohnung verschaffen und das Tatopfer ablenken. Der nicht revidierende Mitangeklagte D. S. sollte die Rolle des Diebes übernehmen, die Wohnung unbemerkt betreten, sie nach Wertgegenständen durchsuchen und diese entwenden. Der Angeklagte, der als einziger der Beteiligten über eine Fahrerlaubnis verfügte, sollte die Rolle des Fahrers übernehmen, der während der Ausführung der Taten im Fahrzeug in Tatortnähe warten, das Umfeld absichern und eine rasche Flucht nach Durchführung der jeweiligen Taten sicherstellen sollte.
Zur Bildung dieser Gruppierung war es gekommen, nachdem D. S., der seit Mitte Mai 2013 gemeinsam mit den nicht revidierenden Mitangeklagten H. S. und P. J. Trickdiebstähle nach der genannten Methode begangen hatte, Ende Mai 2013 in Streit mit H. S. geraten war und die Zusammenarbeit mit diesem beendet hatte. In Absprache mit M. S. hatte D. S. den Angeklagten angesprochen und gefragt, ob dieser künftig als Fahrer und „Aufpasser“ an den Trickdiebstählen mitwirken wolle. Der Angeklagte erwarb - in Absprache mit den beiden anderen Tatbeteiligten - von dem ihm zustehenden Beuteanteil nach Begehung der ersten Tat ein Fahrzeug, das für die Begehung der weiteren Taten als Fahrzeug genutzt werden sollte und auch tatsächlich genutzt wurde.
Nach Beilegung der Streitigkeiten trat H. S. am 15. Juli 2013 zu der Gruppierung hinzu und übernahm anstelle des Mitangeklagten M. S. die Rolle des so genannten „Ablenkers“, während dieser nunmehr entweder als weiterer Dieb oder als weiterer Aufpasser eingesetzt wurde.
Entsprechend dieser Abreden kam es im Zeitraum vom 12. Juni 2013 bis zum 18. Juli 2013 zu insgesamt sechs Taten. In einem Fall begingen die nicht revidierenden Mitangeklagten D. S. und M. S. ohne Mitwirkung des Angeklagten einen Diebstahl nach der genannten Methode; der Angeklagte war ihnen beim Absetzen der Tatbeute behilflich.
Das Urteil hält einer rechtlichen Überprüfung nicht stand. Die Beweiswürdigung ist nicht frei von Rechtsfehlern, denn sie ist lückenhaft und unklar.
Das Landgericht teilt die Einlassung des Angeklagten in der Hauptverhandlung, die es als Teilgeständnis bewertet und im Übrigen durch die Geständnisse der nicht revidierenden Mitangeklagten für widerlegt gehalten hat, nicht vollständig mit. Insoweit ist nur erwähnt, dass der Angeklagte sich in der Hauptverhandlung zunächst über seinen Verteidiger zur Sache eingelassen und seine Einlassung im Ermittlungsverfahren wiederholt hat, wonach er zwar seine Beteiligung an den verfahrensgegenständlichen Taten eingeräumt, sich jedoch darauf berufen habe, ohne genauere Kenntnisse der Pläne der anderen Beteiligten lediglich Fahrerdienste übernommen zu haben, dieses Teilgeständnis habe er bezüglich einer Tat erweitert. Anschließend hält das Urteil fest: „Auf entsprechende Nachfragen hat der Angeklagte selbst diese Angaben im Sinne der unter II.1. bis II.20. getroffenen Feststellungen ergänzt und konkretisiert, wobei es beharrlichen Nachhakens bedurfte“ (UA S. 63). Darüber hinaus wird lediglich mitgeteilt, dass der Angeklagte in der Hauptverhandlung in Abrede gestellt habe, zu gleichen Teilen an der Tatbeute beteiligt gewesen zu sein, ein Umstand, der gegen seine mittäterschaftliche Beteiligung an den verfahrensgegenständlichen Bandentaten sprechen konnte. Ob der Angeklagte damit - entgegen seiner früheren Angaben - seine Einbindung in die Gruppierung eingeräumt hat, bleibt danach unklar.
Auf diesem Darstellungsmangel beruht das Urteil. Der Senat kann unter den hier gegebenen Umständen nicht verlässlich prüfen, ob die Feststellungen die Verurteilung wegen mittäterschaftlich begangenen Bandendiebstahls tragen. Gleiches gilt für die Verurteilung des Angeklagten wegen Hehlerei im Fall II.12. der Urteilsgründe. Auch insoweit bleibt unklar, ob der Angeklagte die Begehung der Tat, die er noch im Ermittlungsverfahren bestritten hatte, nunmehr in der Hauptverhandlung eingeräumt hat.
Die Sache bedarf daher insgesamt neuer Verhandlung und Entscheidung.
HRRS-Nummer: HRRS 2015 Nr. 973
Bearbeiter: Karsten Gaede und Christoph Henckel