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HRRS-Nummer: HRRS 2014 Nr. 736

Bearbeiter: Karsten Gaede und Christoph Henckel

Zitiervorschlag: BGH, 2 StR 465/13, Urteil v. 14.05.2014, HRRS 2014 Nr. 736


BGH 2 StR 465/13 - Urteil vom 14. Mai 2014 (LG Frankfurt a. M.)

Verständigung (Unzulässigkeit einer Verständigung, die nicht den gesetzlichen Regelungen entspricht).

§ 257c StPO

Leitsätze des Bearbeiters

Die Regelung des § 257c Abs. 1 Satz 1 StPO gestattet eine Verständigung nur nach dieser Vorschrift. Danach kommt eine Verständigung in der Hauptverhandlung zustande, wenn das Gericht ankündigt, wie die Verständigung aussehen könnte (§ 257c Abs. 3 Satz 1 StPO), und wenn der Angeklagte sowie die Staatsanwaltschaft zustimmen (§ 257c Abs. 3 Satz 4 StPO).

Entscheidungstenor

1. Auf die Revision der Staatsanwaltschaft wird das Urteil des Landgerichts Frankfurt am Main vom 29. April 2013 mit den Feststellungen aufgehoben.

2. Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels, an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.

Gründe

Das Landgericht hat den Angeklagten M. wegen schweren Bandendiebstahls in 16 Fällen und versuchten schweren Bandendiebstahls in zwei Fällen zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von sechs Jahren und drei Monaten verurteilt. Den Angeklagten Z. hat es wegen schweren Bandendiebstahls in 17 Fällen, versuchten schweren Bandendiebstahls in zwei Fällen, versuchten schweren Bandendiebstahls in Tateinheit mit Sachbeschädigung, Beihilfe zum schweren Bandendiebstahl und Diebstahls zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von vier Jahren und drei Monaten verurteilt. Gegen dieses Urteil richtet sich die Revision der Staatsanwaltschaft mit einer Verfahrensrüge sowie der Sachbeschwerde. Das Rechtsmittel hat mit der Verfahrensbeanstandung Erfolg.

1. Der Rüge liegt Folgendes zugrunde:

Nach Beginn der Hauptverhandlung wurde auf Anregung des Verteidigers des Angeklagten M. die Hauptverhandlung unterbrochen und es wurde ein "Rechtsgespräch" geführt, das nicht zu einer "Einigung" führte. Nach erneutem Aufruf der Sache gab der Vorsitzende bekannt, dass bei einer geständigen Einlassung des Angeklagten M. die Gesamtfreiheitsstrafe für die angeklagten Taten eine Obergrenze von sieben Jahren nicht überschreiten werde; bei einer geständigen Einlassung des Angeklagten Z. werde die Obergrenze der Gesamtfreiheitsstrafe fünf Jahre nicht übersteigen. Nach einer erneuten Unterbrechung der Hauptverhandlung erklärten die Verteidiger, dass ihre Mandanten am nächsten Verhandlungstag eine Äußerung zur Sache abgeben werden. Dies geschah, indem die Verteidiger Erklärungen für ihre Mandanten abgaben, diese die Richtigkeit bestätigten und ergänzende Fragen beantworteten.

Im Urteil hat das Landgericht ausgeführt, dass den Geständnissen der Angeklagten "eine Verständigung nach § 257c StPO" vorausgegangen sei.

Die Staatsanwaltschaft rügt mit ihrer - der Sache nach zuungunsten der Angeklagten eingelegten - Revision, es sei ein Verfahren betrieben worden, das "sämtliche Kriterien" für eine gesetzeskonforme Verständigung nicht erfülle.

2. Eine wirksame Beschränkung der Revision auf den Strafausspruch liegt angesichts des umfassenden Aufhebungsantrags und der Revisionsbegründung, die den Schuld- und Strafausspruch gleichermaßen betrifft, nicht vor.

3. Die Rüge ist begründet; sie wirkt gemäß § 301 StPO auch zugunsten der Angeklagten.

a) Die Regelung des § 257c Abs. 1 Satz 1 StPO gestattet eine Verständigung nur nach dieser Vorschrift. Danach kommt eine Verständigung in der Hauptverhandlung zustande, wenn das Gericht ankündigt, wie die Verständigung aussehen könnte (§ 257c Abs. 3 Satz 1 StPO), und wenn der Angeklagte sowie die Staatsanwaltschaft zustimmen (§ 257c Abs. 3 Satz 4 StPO). Ein solcher Ablauf hat nach dem durch das Protokoll der Hauptverhandlung belegten Vortrag der Beschwerdeführerin nicht stattgefunden. Insbesondere die für das Zustandekommen der Verständigung notwendigen Zustimmungserklärungen der Angeklagten und der Staatsanwaltschaft sind nicht erklärt worden.

b) Das Urteil beruht nicht nur im Strafausspruch, sondern auch im Schuldspruch auf dem fehlerhaften Verfahren; denn die Geständnisse der Angeklagten, die zunächst durch die Verteidiger formuliert und sodann von ihnen ergänzt wurden, können durch das rechtsfehlerhafte Verfahren beeinflusst sein.

HRRS-Nummer: HRRS 2014 Nr. 736

Externe Fundstellen: NStZ-RR 2014, 284

Bearbeiter: Karsten Gaede und Christoph Henckel