HRRS-Nummer: HRRS 2014 Nr. 431
Bearbeiter: Karsten Gaede
Zitiervorschlag: BGH, 2 StR 391/13, Beschluss v. 18.02.2014, HRRS 2014 Nr. 431
1. Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts Darmstadt vom 11. April 2013
a) im Schuldspruch dahin abgeändert, dass der Angeklagte K. des unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in drei Fällen, davon in zwei Fällen in Tateinheit mit unerlaubter Einfuhr von Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge und davon in einem Fall tateinheitlich wegen versuchten unerlaubten Erwerbs von Patronenmunition sowie einer halbautomatischen Kurzwaffe zum Verschießen von Patronenmunition schuldig ist,
b) im Ausspruch über die Verfallsanordnung betreffend die drei sichergestellten Armbanduhren mit den zugehörigen Feststellungen aufgehoben.
2. Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels, an eine andere Strafkammer des Landgerichts Darmstadt zurückverwiesen.
3. Die weitergehende Revision wird verworfen.
Das Landgericht hat den Angeklagten wegen unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in drei Fällen, davon in zwei Fällen in Tateinheit mit unerlaubter Einfuhr von Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge und davon in einem Fall tateinheitlich wegen unerlaubten Erwerbs von Patronenmunition sowie einer halbautomatischen Kurzwaffe zum Verschießen von Patronenmunition zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von neun Jahren und sechs Monaten verurteilt. Ferner hat es u.a. drei sichergestellte Armbanduhren (davon zwei der Marke Breitling) für verfallen erklärt.
Die auf mehrere Verfahrensrügen und die Sachrüge gestützte Revision des Angeklagten hat den aus der Beschlussformel ersichtlichen Teilerfolg; im Übrigen ist sie unbegründet im Sinne des § 349 Abs. 2 StPO.
Nach den Feststellungen hatte der Angeklagte im Fall 2 der Urteilsgründe bei seinem in Belgien ansässigen Rauschgiftlieferanten zusätzlich zu den georderten Ecstasy Tabletten und dem Amphetamin eine scharfe Schusswaffe SIG Sauer, Mod. P226, Kaliber 9 mm Luger mit Magazin und 15 Patronen Munition bestellt. Die in das Kurierfahrzeug zusammen mit dem Rauschgift eingebaute Waffe, von der die mitangeklagte Fahrerin G. nichts wusste, wurde bei einer nach Grenzübertritt durchgeführten Polizeikontrolle sichergestellt und gelangte somit nicht in den Besitz des Angeklagten.
Der Generalbundesanwalt hat insoweit ausgeführt:
"Die Feststellungen tragen dagegen im Fall 2 der Urteilsgründe nicht die tateinheitliche Verurteilung des Angeklagten wegen vollendeten unerlaubten Erwerbs von Patronenmunition und einer halbautomatischen Kurzwaffe zum Verschießen von Patronenmunition (§ 52 Abs. 1 Nr. 2b, Abs. 3 Nr. 2b, 54 WaffG). Eine Waffe erwirbt, wer die tatsächliche Gewalt darüber erlangt. Es muss eine gewisse, jederzeit zu realisierende tatsächliche Herrschaftsmöglichkeit über die Waffe bestehen (siehe Steindorf/Heinrich/Papsthart Waffenrecht 9. Auflage § 1 WaffG Rn. 33). Der Angeklagte hatte noch keine tatsächliche Gewalt über die Waffe erlangt, die Mitangeklagte G., die von der Waffe keine Kenntnis hatte, hat den Besitz an der Waffe auch nicht für den Angeklagten ausgeübt. Es kommt in diesem Fall lediglich eine Verurteilung wegen Versuchs in Betracht (§ 52 Abs. 2 WaffG). Der Schuldspruch ist daher - wie beantragt - entsprechend zu ändern.
3. Der Strafausspruch hält rechtlicher Nachprüfung noch stand. Die Strafrahmenwahl ist von Rechts wegen nicht zu beanstanden. Die Strafzumessungserwägungen lassen Rechtsfehler nicht erkennen. Die verhängten Einzelstrafen halten sich im Rahmen des tatrichterlichen Ermessensspielraums. Dass sich der Angeklagte im Fall 2 der Urteilsgründe tateinheitlich nicht wegen eines vollendeten, sondern lediglich wegen eines versuchten Verstoßes gegen das Waffengesetz schuldig gemacht hat, berührt die Einzelstrafe nicht. Die Strafkammer hat dieses tateinheitlich verwirklichte Delikt nicht strafschärfend berücksichtigt. Sie hat ausschließlich zu Lasten der Angeklagten Umstände gewürdigt, die mit dem Rauschgifttransport in Zusammenhang stehen (UA S. 63). Es kann daher ausgeschlossen werden, dass der Tatrichter in diesem Fall bei rechtlich zutreffender Beurteilung des Waffendelikts auf eine mildere Einzelstrafe erkannt hätte." Dem schließt sich der Senat an.
Die Entscheidung über den Verfall der drei sichergestellten Armbanduhren hat keinen Bestand. Das Landgericht begründet seine auf § 73d StGB gestützte Verfallsentscheidung damit, die hochwertigen Uhren müssten mit aus illegalen Geschäften herrührenden Geldern erworben sein, da der Angeklagte - auch in der Vergangenheit - über keine nennenswerten legalen Einkünfte verfügt habe.
Die Strafkammer hat - wie von der Revision beanstandet - bei Anordnung des erweiterten Verfalls ihrer Aufklärungspflicht nicht genügt. Ihr war aufgrund umfangreicher Korrespondenz mit dem Verteidiger bekannt, dass zwei Armbanduhren der Marke Breitling Gegenstand eines früheren Strafverfahrens gegen den Angeklagten gewesen und dort mit Verfügung der Staatsanwaltschaft vom 12. Oktober 2006 freigegeben worden waren. Da es nicht fernliegend ist, dass diese Uhren mit den hier für verfallen erklärten Breitling-Uhren identisch sind, hätte es sich aufgedrängt, z.B. durch Beiziehung der Strafakten des früheren Verfahrens aufzuklären, warum seinerzeit eine Verfallsanordnung unterblieben war.
HRRS-Nummer: HRRS 2014 Nr. 431
Bearbeiter: Karsten Gaede