HRRS-Nummer: HRRS 2012 Nr. 679
Bearbeiter: Karsten Gaede
Zitiervorschlag: BGH, 2 StR 54/12, Beschluss v. 15.05.2012, HRRS 2012 Nr. 679
1. Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts Marburg (Lahn) vom 17. November 2011, soweit es ihn betrifft, im Strafausspruch mit den zugehörigen Feststellungen aufgehoben.
Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels, an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.
2. Die weitergehende Revision wird verworfen; jedoch wird der Schuldspruch dahin berichtigt, dass der Angeklagte der besonders schweren räuberischen Erpressung schuldig ist.
Das Landgericht hat den Angeklagten wegen schwerer räuberischer Erpressung zu einer Jugendstrafe von fünf Jahren verurteilt. Seine Revision hat mit der Sachrüge zum Strafausspruch Erfolg.
Nach den Feststellungen überfielen der Angeklagte und zwei Mittäter eine Spielhalle. Bewaffnet mit zwei geladenen Schreckschusspistolen und einem Messer bedrohten sie die Spielhallenaufsicht und zwei Gäste der Spielhalle. Sie erzwangen so die Herausgabe von Bargeld in Höhe von 830 € aus der Kasse sowie von einer Geldbörse und zwei Mobiltelefonen.
Die Überprüfung des Urteils aufgrund der Revisionsrechtfertigung hat zum Schuldspruch keinen Rechtsfehler zum Nachteil des Angeklagten ergeben (§ 349 Abs. 2 StPO). Der Schuldspruch ist allerdings dahingehend neu zu fassen, dass der Angeklagte wegen besonders schwerer räuberischer Erpressung verurteilt ist. Das Landgericht hat wegen der Verwendung der beiden Schreckschusspistolen und des Messers für die Drohungen zutreffend den Qualifikationstatbestand des § 250 Abs. 2 Nr. 1 StGB i.V.m. §§ 253 Abs. 1, 255 StGB als verwirklicht angesehen. Diese Qualifikation muss in der nach § 260 Abs. 4 Satz 1 StPO erforderlichen rechtlichen Bezeichnung der Straftat im Urteilstenor zum Ausdruck kommen (BGH NStZ 2010, 101).
Dagegen hat der Strafausspruch keinen Bestand. Das Landgericht hat auf den zur Tatzeit 20 Jahre und fünf Monate alten Angeklagten gemäß § 105 Abs. 1 Nr. 1 JGG Jugendstrafrecht angewendet und wegen schädlicher Neigungen und Schwere der Schuld die Verhängung von Jugendstrafe für erforderlich gehalten. Dies ist aus Rechtsgründen nicht zu beanstanden.
Durchgreifende Bedenken bestehen jedoch gegen die Erwägungen, mit denen die Jugendkammer die Höhe der verhängten Jugendstrafe begründet hat. Die Höhe der Jugendstrafe bemisst sich, auch wenn sie wegen der Schwere der Schuld verhängt wird, gemäß § 18 Abs. 2 JGG vorrangig nach erzieherischen Gesichtspunkten. Die Urteilsgründe müssen deshalb erkennen lassen, dass dem Erziehungsgedanken die ihm zukommende Beachtung geschenkt und bei Bemessung der Jugendstrafe das Gewicht des Tatunrechts gegen die Folgen der Strafe für die weitere Entwicklung des Heranwachsenden abgewogen worden ist (BGH, Beschluss vom 21. Juli 1995 - 2 StR 309/95, BGHR JGG § 18 Abs. 2 Erziehung 10; Eisenberg, JGG, 15. Aufl., § 18 Rn. 13, 20 ff.). Diesen Anforderungen genügen die Strafzumessungserwägungen des angefochtenen Urteils nicht.
Die Urteilsgründe stellen im Wesentlichen auf das in der Tat zum Ausdruck gekommene Unrecht ab und teilen Zumessungserwägungen mit, die auch im Erwachsenenstrafrecht maßgeblich sind. Sie erwähnen lediglich am Ende der Strafzumessungserwägungen den Erziehungsgedanken eher formelhaft.
Den noch bestehenden Erziehungsbedarf des Angeklagten substantiiert die Jugendkammer unter Hinweis auf seine strafrechtlichen Vorbelastungen, ohne die Folgen der Verbüßung der verhängten Jugendstrafe für die weitere Entwicklung des Angeklagten näher abzuwägen. Insbesondere stellt die Jugendkammer nicht dar, warum trotz der festgestellten positiven Entwicklungsansätze (UA S. 7, 27) dem vorrangigen Erziehungsgedanken nur durch Verbüßung einer derart langen Jugendstrafe Rechnung getragen werden kann.
Die Sache bedarf daher zum Strafausspruch neuer Verhandlung und Entscheidung.
HRRS-Nummer: HRRS 2012 Nr. 679
Bearbeiter: Karsten Gaede