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HRRS-Nummer: HRRS 2012 Nr. 1022

Bearbeiter: Karsten Gaede

Zitiervorschlag: BGH, 2 StR 277/12, Beschluss v. 21.08.2012, HRRS 2012 Nr. 1022


BGH 2 StR 277/12 - Beschluss vom 21. August 2012 (LG Köln)

Voraussetzungen der Bewertungseinheit beim unerlaubten Handeltreiben mit Betäubungsmitteln (sukzessive Auffüllung eines Drogenvorrats).

§ 29 BtMG; § 29a Abs. 1 Nr. 2 BtMG

Leitsatz des Bearbeiters

Beim wiederholten Rauschgifterwerb zum Weiterverkauf in Kleinmengen sind die Handlungen des Käufers grundsätzlich nicht als eine Tat im Sinne einer Bewertungseinheit anzusehen. Dies gilt selbst dann, wenn die einzelnen Portionen von einem Lieferanten erworben werden, der sie seinerseits aus einem einheitlichen Vorrat entnommen hat. Alleine der gleichzeitige Besitz mehrerer Drogenmengen verbindet die hierauf bezogenen Handlungen nicht zu einer Tat des unerlaubten Handeltreibens. Auch das wiederholte Auffüllen eines Betäubungsmittelvorrats führt nicht zur Verklammerung der Erwerbsakte zu einer Bewertungseinheit.

Entscheidungstenor

Die Revision des Angeklagten gegen das Urteil des Landgerichts Köln vom 21. März 2012 wird als unbegründet verworfen.

Der Beschwerdeführer hat die Kosten des Rechtsmittels zu tragen.

Gründe

Das Landgericht hat den Angeklagten wegen unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge zu einer Freiheitsstrafe von vier Jahren und sechs Monaten verurteilt. Hiergegen richtet sich die auf die Sachbeschwerde gestützte Revision des Angeklagten. Das Rechtsmittel ist unbegründet im Sinne von § 349 Abs. 2 StPO.

Nach den Urteilsfeststellungen legte der Angeklagte ab März 2011 in seiner Wohnung ein Kokaindepot an, um das Kokain in Form von so genannten Bubbles mit Gewinn weiterzuverkaufen. Das Depot füllte er mehrfach mit neu erworbenen Kokainmengen auf. So erwarb er Anfang März 2011 100 g, am 9. April 2011 nochmals 100 g, am 10. April 2011 500 g, am 16. April 2011 300 g und danach weitere 700 g Kokaingemisch mit einem Wirkstoffanteil von jeweils mindestens 50 % Kokainhydrochlorid. Zurzeit seiner Festnahme am 19. August 2011 besaß er noch 955,5 g Kokaingemisch.

Das Landgericht ist im Hinblick auf die sukzessive Auffüllung des Drogenvorrats davon ausgegangen, dass der Angeklagte insgesamt nur eine Tat im Sinne von § 29a Abs. 1 Nr. 2 BtMG begangen habe. Dagegen bestehen rechtliche Bedenken. Beim wiederholten Rauschgifterwerb zum Weiterverkauf in Kleinmengen sind die Handlungen des Käufers grundsätzlich nicht als eine Tat im Sinne einer Bewertungseinheit anzusehen. Dies gilt selbst dann, wenn die einzelnen Portionen von einem Lieferanten erworben werden, der sie seinerseits aus einem einheitlichen Vorrat entnommen hat (vgl. BGH, Beschluss vom 14. Januar 2010 - 1 StR 587/09, NStZ-RR 2011, 25, 26). Alleine der gleichzeitige Besitz mehrerer Drogenmengen verbindet die hierauf bezogenen Handlungen nicht zu einer Tat des unerlaubten Handeltreibens (vgl. Senat, Beschluss vom 20. Februar 2008 - 2 StR 619/07, NStZ 2008, 470). Deshalb führt auch das wiederholte Auffüllen eines Betäubungsmittelvorrats nicht zur Verklammerung der Erwerbsakte zu einer Bewertungseinheit (vgl. BGH, Beschluss vom 26. Mai 2000 - 3 StR 162/00, NStZ 2000, 540 f.). Auf die Zahl der Einzelverkäufe kommt es hier nicht an (vgl. BGH, Beschluss vom 5. März 2002 - 3 StR 491/01, NJW 2002, 1810 f.). Bei allen Einkaufsmengen handelte es sich um nicht geringe Mengen. Danach wäre von fünf Taten im Sinne des § 29a Abs. 1 Nr. 2 BtMG auszugehen statt nur von einer derartigen Tat.

Die Annahme nur einer Tat durch das Landgericht beschwert den Angeklagten jedoch auch im Hinblick darauf, dass das Landgericht das Verfahren durch Beschluss vom 21. März 2012 gemäß § 154a Abs. 2 StPO auf den abgeurteilten Vorwurf beschränkt hat, hier nicht.

Der Senat schließt aus, dass das Landgericht bei zutreffender Bewertung der Konkurrenzlage zu einer milderen (Gesamt-)Freiheitsstrafe gelangt wäre. Es hatte im Rahmen der gemäß § 257c StPO getroffenen Verständigung - noch vor Umgestaltung der Strafklage zur Annahme einer Bewertungseinheit - zugesagt, eine Gesamtfreiheitsstrafe zwischen vier Jahren und sechs Monaten sowie fünf Jahren und sechs Monaten zu verhängen. Die tatsächlich ausgesprochene Freiheitsstrafe entspricht der Untergrenze dieses Rahmens.

HRRS-Nummer: HRRS 2012 Nr. 1022

Externe Fundstellen: NStZ 2013, 48

Bearbeiter: Karsten Gaede