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HRRS-Nummer: HRRS 2012 Nr. 1021

Bearbeiter: Karsten Gaede

Zitiervorschlag: BGH, 2 StR 248/12, Beschluss v. 04.09.2012, HRRS 2012 Nr. 1021


BGH 2 StR 248/12 - Beschluss vom 4. September 2012 (LG Koblenz)

Minder schwerer Fall des Wohnungseinbruchsdiebstahls (Erörterungsmangel; Meistbegünstigungsgrundsatz).

§ 244 Abs. 1 Nr. 3, Abs. 3 StGB; § 2 Abs. 3 StGB

Leitsatz des Bearbeiters

Einer Erörterung, ob ein minder schwerer Fall in Betracht kam, bedarf es nur dann nicht, wenn alle Umstände, die für die Wertung der Tat und des Täters bedeutsam sein können, von vornherein die Annahme eines minder schweren Falles als so fernliegend erscheinen lassen, dass die Ablehnung des Ausnahmestrafrahmens auf der Hand liegt.

Entscheidungstenor

1. Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts Koblenz vom 7. November 2011, soweit es ihn betrifft, im Strafausspruch aufgehoben; jedoch bleiben die zugehörigen Feststellungen aufrechterhalten.

Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels, an eine allgemeine Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.

2. Die weitergehende Revision wird verworfen.

Gründe

Das Landgericht hat den Angeklagten wegen Wohnungseinbruchsdiebstahls zu einer Freiheitsstrafe von einem Jahr verurteilt, deren Vollstreckung zur Bewährung ausgesetzt wurde. Gegen die Verurteilung wendet sich der Angeklagte mit seiner auf die Verletzung materiellen Rechts gestützten Revision. Das Rechtsmittel führt zur Aufhebung der verhängten Strafe; im Übrigen ist es unbegründet im Sinne von § 349 Abs. 2 StPO.

Der Strafausspruch hat keinen Bestand. Das Landgericht hat rechtsfehlerhaft nicht erörtert, ob ein minder schwerer Fall im Sinne der seit dem 5. November 2011 geltenden Vorschrift des § 244 Abs. 3 StGB in Betracht kam.

Einer solchen Erörterung bedarf es nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs nur dann nicht, wenn alle Umstände, die für die Wertung der Tat und des Täters bedeutsam sein können, von vornherein die Annahme eines minder schweren Falles als so fernliegend erscheinen lassen, dass die Ablehnung des Ausnahmestrafrahmens auf der Hand liegt (vgl. BGHR StPO, § 267 Abs. 3 Satz 2 Strafrahmenwahl 1; BGH, NStZ-RR 2010, 57, 58; Fischer, StGB 59. Aufl., § 46 Rn. 86 mwN).

Dies ist hier nicht der Fall. Die Strafkammer hat bei der Strafzumessung eine Reihe strafmildernder Zumessungsgesichtspunkte aufgezählt (umfassendes Geständnis und Unbestraftheit des Angeklagten, sein im Vergleich zu den Mittätern erheblich geringerer Tatbeitrag und seine Nichtbeteiligung an der Beute). Diese Gesichtspunkte hätten Anlass zu der Erörterung geben müssen, ob möglicherweise ein minder schwerer Fall vorliegt. Dies gilt umso mehr, als bei den strafschärfenden Gesichtspunkten zumindest missverständlich ausgeführt worden ist, dass bei dem Angeklagten "keinerlei echte Reue" festzustellen gewesen sei. Ein solcher Umstand kann zwar die strafmildernde Wirkung eines Geständnisses relativieren, er ist aber nicht straferschwerend zu werten.

Die Feststellungen werden von dem aufgezeigten Rechtsfehler nicht berührt; sie können deshalb bestehen bleiben. Das neue Tatgericht ist nicht gehindert, ergänzende Feststellungen zu treffen, die den bisherigen nicht widersprechen.

Da sich das Verfahren nur noch gegen einen Erwachsenen richtet, weist der Senat die Sache an eine allgemeine Strafkammer des Landgerichts zurück (BGH, Urteil vom 28. April 1988 - 4 StR 33/88, BGHSt 35, 267).

HRRS-Nummer: HRRS 2012 Nr. 1021

Bearbeiter: Karsten Gaede