HRRS-Nummer: HRRS 2011 Nr. 1147
Bearbeiter: Karsten Gaede
Zitiervorschlag: BGH, 2 StR 280/11, Beschluss v. 15.09.2011, HRRS 2011 Nr. 1147
1. Auf die Revisionen der Angeklagten V. und D. B. wird das Urteil des Landgerichts Aachen vom 4. Februar 2011 im Schuldspruch dahin abgeändert, dass die Angeklagte V. B. der Beihilfe zum unerlaubten bandenmäßigen Handeltreiben mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in zwei Fällen schuldig ist und der Angeklagte D. B. der Beihilfe zum unerlaubten bandenmäßigen Handeltreiben mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge schuldig ist und im Übrigen freigesprochen wird.
2. Die weitergehenden Revisionen werden verworfen.
3. Die Beschwerdeführer haben die Kosten ihrer Rechtsmittel zu tragen.
Das Landgericht hat die Angeklagte V. B. wegen Beihilfe zum unerlaubten bandenmäßigen Handeltreiben mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in acht Fällen schuldig gesprochen und die Entscheidung über die Verhängung einer Jugendstrafe gemäß § 27 JGG zur Bewährung ausgesetzt.
Den Angeklagten D. B. hat es - unter Freisprechung im Übrigen - wegen Beihilfe zum unerlaubten bandenmäßigen Handeltreiben mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in sieben Fällen schuldig gesprochen und die Entscheidung über die Verhängung einer Jugendstrafe gemäß § 27 JGG zur Bewährung ausgesetzt. Die auf die Verletzung materiellen Rechts gestützten Revisionen der Angeklagten haben den aus der Beschlussformel ersichtlichen Teilerfolg; im Übrigen sind sie unbegründet im Sinne des § 349 Abs. 2 StPO.
Nach den Feststellungen des Landgerichts führte die Mutter der beiden jugendlichen Angeklagten, die nichtrevidierende Mitangeklagte G. B., in der Zeit vom 13. März bis 19. Mai 2010 gemeinsam mit anderen Tatbeteiligten gewinnbringende Weiterverkäufe von Kokain durch. Die Angeklagten schlossen sich der Übereinkunft der Haupttäter, künftig dauerhaft den Handel mit Betäubungsmitteln durchzuführen, an und unterstützten sie hierbei fortlaufend auf vielfältige Weise. Dabei ließen sich zwar die festgestellten einzelnen Unterstützungshandlungen, die in den Zeitraum vom 20. März bis 18. Mai 2010 fielen (UA S. 32 f.), nicht hinreichend sicher den jeweiligen Haupttaten in den Fällen 1 bis 7 der Urteilsgründe zu Ziff. II. 2. zuordnen. Jedenfalls standen die Angeklagten aber ständig zur Verfügung, wenn es darum ging, etwa bei Verhinderung ihrer Mutter die im Straßenverkauf eingesetzten "Läufer" zu überwachen, ihnen das Rauschgift zu übergeben und mit ihnen abzurechnen.
Der Schuldspruch mit der Annahme von sieben selbständigen Beihilfehandlungen in den Fällen 1 bis 7 der Urteilsgründe hält der rechtlichen Nachprüfung nicht stand. Bezüglich dieser sieben Fälle hat die Strafkammer rechtsfehlerfrei festgestellt, dass die Angeklagten psychische Beihilfe geleistet haben, weil sie entsprechend einer gleichzeitig mit der Bandenabrede getroffenen Zusage grundsätzlich zu begleitenden Tätigkeiten für eine Abwicklung der Betäubungsmittelgeschäfte bereit waren. Die fortlaufende Förderung der Taten durch das Sich-Bereit-Halten für die anfallenden Aufgaben stellt sich deshalb hier in der Gesamtschau als nur eine - dauerhafte - Beihilfehandlung der Angeklagten zu den sieben Haupttaten dar (vgl. BGH, Beschluss vom 6. Dezember 2006 - 1 StR 556/06, wistra 2007, 100; Fischer, StGB 58. Aufl., § 27 Rn. 31 mwN).
Der Senat hat den Schuldspruch entsprechend geändert. § 265 StPO steht dem nicht entgegen, weil sich die Angeklagten ersichtlich nicht anders als geschehen hätten verteidigen können.
Die Rechtsfolgenaussprüche bleiben trotz Schuldspruchänderung bestehen. Die zutreffende Bestimmung der Konkurrenzen führt hier zu keiner Veränderung des Unrechts- und Schuldumfangs. Der Senat kann daher ausschließen, dass die Strafkammer bei Annahme nur einer Beihilfehandlung in den Fällen 1 bis 7 der Urteilsgründe eine noch mildere Rechtsfolge als die jeweils gemäß § 27 JGG vorgenommene Aussetzung der Entscheidung über die Verhängung einer Jugendstrafe zur Bewährung ausgesprochen hätte.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 473 Abs. 1 und 4 StPO. Es erscheint nicht unbillig, die Beschwerdeführer trotz des geringfügigen Teilerfolgs mit ihren Auslagen und den gesamten Kosten des Rechtsmittels zu belasten.
Von der nach § 74 JGG eröffneten Freistellungsmöglichkeit ist aus den Gründen, die bereits das Landgericht für seine Kostenentscheidung angeführt hat (UA S. 88), abzusehen.
HRRS-Nummer: HRRS 2011 Nr. 1147
Bearbeiter: Karsten Gaede