HRRS-Nummer: HRRS 2011 Nr. 90
Bearbeiter: Karsten Gaede
Zitiervorschlag: BGH, 2 StR 479/10, Beschluss v. 27.10.2010, HRRS 2011 Nr. 90
1. Auf Antrag des Generalbundesanwalts wird das Verfahren im Fall II. 11 der Gründe des Urteils des Landgerichts Frankfurt am Main vom 21. Juni 2010 gemäß § 154 Abs. 1 Nr. 1 und Abs. 2 StPO eingestellt; im Umfang der Einstellung fallen die Kosten des Verfahrens und die notwendigen Auslagen des Angeklagten der Staatskasse zur Last.
2. Auf die Revision des Angeklagten wird das vorgenannte Urteil im Schuldspruch dahin abgeändert, dass der Angeklagte des unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in Tateinheit mit unerlaubtem Erwerb von Betäubungsmitteln in 11 Fällen sowie des unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in Tateinheit mit unerlaubtem Erwerb von Betäubungsmitteln in 29 Fällen schuldig ist.
3. Die weitergehende Revision wird verworfen.
4. Der Beschwerdeführer hat die Kosten des Rechtsmittels zu tragen.
Das Landgericht hat den Angeklagten wegen unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in Tateinheit mit unerlaubtem Besitz von Betäubungsmitteln in 12 Fällen, sowie wegen unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitten in nicht geringer Menge in Tateinheit mit unerlaubtem Besitz von Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in 29 Fällen zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von drei Jahren verurteilt und sichergestelltes Rauschgift eingezogen. Hiergegen richtet sich die auf die Sachrüge gestützte Revision des Angeklagten. Auf Antrag des Generalbundesanwalts hat der Senat das Verfahren hinsichtlich des Falles II. 11 der Urteilsgründe gemäß § 154 Abs. 2 StPO eingestellt.
Die Revision des Angeklagten führt zu einer Änderung des Schuldspruchs in dem aus der Entscheidungsformel ersichtlichen Umfang; im Übrigen ist sie unbegründet im Sinne von § 349 Abs. 2 StPO.
Nach den Feststellungen des Landgerichts erwarb der Angeklagte in der Zeit vom 1. August 2007 bis zum 31. August 2007 in zehn Fällen jeweils fünf Briefchen mit je einem Gramm Kokainzubereitung. Jedem der Briefchen entnahm er seinem Tatplan entsprechend 0,2 bis 0,3 Gramm Kokainzubereitung für seinen Eigenkonsum; den Rest veräußerte er an W. In der Zeit vom 7. Juni 2008 bis zum 27. August 2008 erwarb er weitere Kokainmengen, von denen er jeweils 20 bis 30 % zum Eigenkonsum behielt, um den Rest weiter zu verkaufen und mit dem Gewinn seinen Drogenkonsum zu finanzieren. In den Fällen 12 bis 19, 25, 27, 30 bis 33 und 37 handelte es sich bei den erworbenen Mengen um je 40 Gramm, in den Fällen 20 bis 24, 28 und 29 um je 20 Gramm, in den Fällen 35, 36, 38 und 39 um je 25 Gramm, im Fall 34 um 38,2 Gramm, im Fall 26 um 38,4 Gramm, im Fall 40 um 10 Gramm und im Fall 41 um 19,82 Gramm Kokainzubereitung. Soweit keine Analysen wie bei sichergestellten Mengen möglich waren, die höhere Wirkstoffanteile ergaben, hat das Landgericht jeweils einen Wirkstoffanteil von 50 % Kokainhydrochlorid angenommen.
Das Landgericht hat die Fälle 1 bis 10 und 40 als Fälle des unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in Tateinheit mit unerlaubtem Besitz eingestuft, wobei im Fall 40 eine geringfügige Unterschreitung des Grenzwertes zur nicht geringen Menge nicht ausgeschlossen werden konnte. In den übrigen Fällen hat die Strafkammer jeweils unerlaubtes Handeltreiben mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in Tateinheit mit unerlaubtem Besitz von Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge angenommen, wobei für die Mengenbestimmung aber nicht zwischen Teilmengen für den Verkauf und solchen für den Eigenkonsum unterschieden wurde.
Der Schuldspruch ist auf die Revision des Angeklagten in dem aus der Entscheidungsformel ersichtlichen Umfang zu ändern.
In den Fällen 1 bis 10 und 40 ist der tateinheitlich erfüllte Tatbestand des unerlaubten Besitzes durch denjenigen des unerlaubten Erwerbs zu ersetzen. Der Tatbestand des unerlaubten Handeltreibens bleibt unberührt.
Soweit das Landgericht in den Fällen 12 bis 39 und 41 unerlaubtes Handeltreiben mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge angenommen hat, bleibt der Schuldspruch unverändert; denn auch nach Abzug von Teilmengen von bis zu 30 % für den Eigenkonsum überschreiten alle verbleibenden Teilmengen den Grenzwert von fünf Gramm Kokainhydrochlorid für eine nicht geringe Menge. Der jeweils tateinheitlich in Bezug auf die Restmengen erfüllte Tatbestand ist als unerlaubter Erwerb von Betäubungsmitteln zu bezeichnen.
Die rechtliche Bewertung der Teile von einheitlich erworbenen Mengen von Betäubungsmitteln, die nach dem Tatplan aufgeteilt und verschiedenen Verwendungen zugeführt werden sollen, richtet sich alleine nach der jeweils betroffenen Teilmenge (vgl. BGH StV 2010, 131, 132). Die Teilmengen, die der Angeklagte zu seinem Eigenkonsum unerlaubt erworben hat, sind im Zweifel zu seinen Gunsten auf 20 % der jeweiligen Erwerbsmenge zu veranschlagen und unterschreiten bei einem Wirkstoffanteil der Kokainzubereitungen von 50 % Kokainhydrochlorid in allen Einzelfällen den Grenzwert von fünf Gramm Kokainhydrochlorid für die nicht geringe Menge; denn bei einem Wirkstoffanteil von 50 % ergeben die alleine vom Erwerbstatbestand erfassten Teilmengen von höchstens acht Gramm (20 % von bis zu 40 Gramm) nur jeweils bis zu vier Gramm Kokainhydrochlorid. Soweit es um das unerlaubte Handeltreiben mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge geht, bleibt der Schuldspruch in den Fällen 12 bis 39 und 41 unberührt; denn in allen Fällen ist der Grenzwert zur nicht geringen Menge trotz der genannten Aufteilung überschritten.
Der Senat schließt aus, dass sich die Änderungen des Schuldspruchs auf den Strafausspruch auswirken.
HRRS-Nummer: HRRS 2011 Nr. 90
Bearbeiter: Karsten Gaede