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HRRS-Nummer: HRRS 2010 Nr. 977

Bearbeiter: Karsten Gaede

Zitiervorschlag: BGH, 2 StR 463/10, Beschluss v. 29.09.2010, HRRS 2010 Nr. 977


BGH 2 StR 463/10 - Beschluss vom 29. September 2010 (LG Frankfurt am Main)

Erörterungsmangel hinsichtlich eines möglichen minder schweren Falles des Totschlages.

§ 213 StGB; § 212 StGB; § 46 StGB

Entscheidungstenor

Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts Frankfurt am Main vom 6. Mai 2010 im Strafausspruch aufgehoben.

Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels des Angeklagten, an eine andere Schwurgerichtskammer des Landgerichts zurückverwiesen.

Die weitergehende Revision des Angeklagten wird verworfen.

Gründe

Das Landgericht hat den Angeklagten wegen Totschlages zu einer Freiheitsstrafe von acht Jahren verurteilt. Die hiergegen gerichtete, auf die Rüge der Verletzung formellen und materiellen Rechts gestützte Revision des Angeklagten hat in dem aus der Beschlussformel ersichtlichen Umfang Erfolg; im Übrigen ist sie unbegründet (§ 349 Abs. 2 StPO).

1. Das Landgericht hat eine Strafrahmenmilderung nach § 213 StGB rechtsfehlerhaft nicht geprüft. Unter den gegebenen Umständen hätte sich das Gericht aber zu der Erörterung gedrängt sehen müssen, ob nicht jedenfalls die Voraussetzungen eines sonst minder schweren Falles des Totschlages nach § 213 Alt. 2 StGB vorlagen. Bereits an dieser Stelle wären die im Rahmen der konkreten Strafzumessung zugunsten des Angeklagten angeführten Strafmilderungsgründe (frühzeitiges Geständnis, ernsthafte Reue, alkoholbedingte Enthemmung, spontaner Tatentschluss und anfängliche Notwehrsituation) unter Berücksichtigung der Strafschärfungsgründe zu würdigen gewesen. Hätten nach Bewertung des Tatrichters die allgemeinen Strafmilderungsgründe allein zur Begründung eines minder schweren Falles nicht ausgereicht, hätte auch der vertypte Strafmilderungsgrund des § 21 StGB neben allen anderen, in den Urteilsgründen dargestellten Milderungs- und Erschwerungsgründen im Rahmen einer Gesamtbewertung erörtert werden müssen.

2. Der Strafausspruch kann auf diesem Rechtsfehler beruhen. Zwar hat das Landgericht die fakultative Strafrahmenmilderung nach § 21 StGB bejaht und den nach § 49 Abs. 1 StGB gemilderten Strafrahmen des § 212 StGB zugrunde gelegt. Doch schon der einfach gemilderte Strafrahmen des § 213 StGB wäre für den Angeklagten günstiger, wobei auch nicht ausgeschlossen werden kann, dass bei zutreffender Gesamtwürdigung der Strafrahmen des § 213 StGB wegen des - zur Begründung des minder schweren Falles womöglich nicht benötigten - vertypten Strafmilderungsgrundes noch einmal herabgesetzt worden wäre.

Der Senat kann trotz der nicht unangemessen hohen Strafe nicht sicher ausschließen, dass der Tatrichter unter Zugrundlegung eines anderen Strafrahmens zu einer niedrigeren Strafe gelangt wäre. Da die den Strafausspruch zugrunde liegenden Feststellungen rechtsfehlerfrei getroffen sind, hat der Senat sie aufrechterhalten. Der zu neuer Verhandlung und Entscheidung berufene Tatrichter kann ergänzende Feststellungen treffen.

HRRS-Nummer: HRRS 2010 Nr. 977

Bearbeiter: Karsten Gaede