HRRS-Nummer: HRRS 2010 Nr. 689
Bearbeiter: Karsten Gaede
Zitiervorschlag: BGH, 2 StR 206/10, Beschluss v. 23.06.2010, HRRS 2010 Nr. 689
Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts Köln vom 27. November 2009 in den Fällen 3 und 4 der Urteilsgründe sowie im Gesamtstrafenausspruch mit den jeweils zugehörigen Feststellungen aufgehoben.
Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels, an eine andere Jugendschutzkammer des Landgerichts zurückverwiesen.
Die weitergehende Revision wird verworfen.
Das Landgericht hat den Angeklagten wegen sexuellen Missbrauchs einer Schutzbefohlenen in sechs Fällen, davon in drei Fällen in Tateinheit mit sexuellem Missbrauch eines Kindes und in einem weiteren Fall in Tateinheit mit sexuellem Missbrauch einer Jugendlichen zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von fünf Jahren und sechs Monaten verurteilt. Von weiteren Vorwürfen des sexuellen Missbrauchs hat es den Angeklagten freigesprochen. Die auf die Sachrüge gestützte Revision des Angeklagten hat in den Fällen 3 und 4 Erfolg; im Übrigen ist sie unbegründet im Sinne des § 349 Abs. 2 StPO.
1. Die Urteilsfeststellungen belegen im Fall 3 nicht zweifelsfrei, dass die Tat zum Nachteil eines Kindes begangen worden ist. Während in den beiden ersten ausgeurteilten Fällen festgestellt ist, dass S. zur Tatzeit zehn oder elf Jahre alt war, ist den Urteilsgründen hinsichtlich der dritten Tat lediglich zu entnehmen, dass sie vor dem Umzug in eine andere Wohnung am 16. März 2004 stattgefunden hat. S. wurde aber bereits am 4. Februar 2004 14 Jahre alt. Damit kann nicht sicher ausgeschlossen werden, dass der Tatrichter rechtsfehlerhaft eine Tat, die nach dem 14. Geburtstag S. s begangen worden ist, als tateinheitlichen sexuellen Missbrauch eines Kindes gewertet hat. Es bedarf daher insoweit neuer Feststellungen.
2. Im Fall 4 der Urteilsgründe sind die Voraussetzungen des tateinheitlich ausgeurteilten § 182 Abs. 2 Nr. 1 StGB a. F. durch die Feststellungen nicht belegt.
Gegen eine Ausnutzung der fehlenden Fähigkeit des Opfers zur sexuellen Selbstbestimmung spricht vielmehr, dass die Geschädigte dem Angeklagten regelmäßig erklärt hat, dass sie das nicht wolle und er aufhören solle. Das Urteil war daher auch insoweit aufzuheben.
3. Mit den Einzelstrafen für die genannten Fälle entfällt auch die Gesamtstrafe.
4. Der neue Tatrichter wird angesichts der festgestellten chronischen Alkoholabhängigkeit des Angeklagten und des festgestellten Umstands, dass die Taten vor diesem Hintergrund zu sehen sind, die Anordnung einer Maßregel nach § 64 StGB zu prüfen haben.
HRRS-Nummer: HRRS 2010 Nr. 689
Bearbeiter: Karsten Gaede