HRRS-Nummer: HRRS 2009 Nr. 771
Bearbeiter: Karsten Gaede
Zitiervorschlag: BGH, 2 StR 198/09, Beschluss v. 22.07.2009, HRRS 2009 Nr. 771
1. Auf die Revision des Angeklagten gegen das Urteil des Landgerichts Koblenz vom 26. November 2008 wird
a) das Verfahren eingestellt, soweit der Angeklagte in den Fällen III 1 a) der Urteilsgründe wegen sexuellen Missbrauchs von Schutzbefohlenen verurteilt worden ist; insoweit werden die Kosten des Verfahrens und die dem Angeklagten entstandenen notwendigen Auslagen der Staatskasse auferlegt;
b) das genannte Urteil im Ausspruch über die Gesamtstrafe mit der Maßgabe aufgehoben, dass eine nachträgliche gerichtliche Entscheidung über die Gesamtstrafe nach §§ 460, 462 StPO zu treffen ist.
2. Die weitergehende Revision wird verworfen.
3. Die Entscheidung über die verbleibenden Kosten des Rechtsmittels bleibt dem für das Nachverfahren nach §§ 460, 462 StPO zuständigen Gericht vorbehalten.
Das Landgericht hat den Angeklagten wegen sexuellen Missbrauchs von Schutzbefohlenen in elf Fällen, davon in einem Fall in Tateinheit mit Vergewaltigung und wegen versuchter Vergewaltigung in Tateinheit mit versuchtem schweren Missbrauch von Kindern in Tateinheit mit sexuellem Missbrauch von Kindern in Tateinheit mit sexuellem Missbrauch von Schutzbefohlenen unter Einbeziehung einer Vorstrafe zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von fünf Jahren und acht Monaten verurteilt und ihn im Übrigen freigesprochen.
Sein hiergegen gerichtetes Rechtsmittel hat in dem aus der Beschlussformel ersichtlichen Umfang Erfolg (§ 349 Abs. 4 StPO); im Übrigen ist es aus den zutreffenden Gründen der Antragsschrift des Generalbundesanwalts unbegründet im Sinne des § 349 Abs. 2 StPO.
In den Fällen III 1 a) der Urteilsgründe, in denen der Angeklagte wegen sexuellen Missbrauchs einer Schutzbefohlenen in sechs Fällen verurteilt worden ist, war das Verfahren einzustellen, weil die Taten verjährt sind.
Der Tatrichter ist davon ausgegangen, dass diese Taten nur wenige Wochen nach dem 14. Geburtstag der Zeugin T. M. (1. Februar 1999) begangen wurden, so dass einerseits eine Strafbarkeit nach § 176 StGB nicht in Betracht kommt. Andererseits war die für das Vergehen nach § 174 StGB geltende fünfjährige Verjährungsfrist (§ 78 b Abs. 3 Nr. 4 StGB) aber vor einer die Verjährung unterbrechenden Handlung abgelaufen. Die Verjährung ruhte auch nicht gemäß § 78 b Abs. 1 Nr. 1 StGB, da diese Vorschrift erst zu einem Zeitpunkt in Kraft trat (1. April 2004) als die Verjährung schon eingetreten war (vgl. u. a. BGHR StGB § 78 b Abs. 1 Ruhen 12).
Denn nach den vom Tatrichter getroffenen Feststellungen zum Tatzeitraum ist zu Gunsten des Angeklagten davon auszugehen, dass diese Taten vor dem 1. April 1999 begangen wurden und damit am 1. April 2004 bereits verjährt waren.
Der Senat schließt aus, dass in einer neuen Verhandlung hierzu weitere Feststellungen getroffen werden können, zumal das Opfer selbst in der Hauptverhandlung bekundet hat, dass "die manuellen Manipulationen eher schon im März ('nicht lange nach meinem 14. Geburtstag') begannen" (UA S. 24).
Der Senat hat daher in diesen Fällen das angefochtene Urteil aufgehoben und das Verfahren insoweit eingestellt.
Der Wegfall der für diese sechs Fälle verhängten Einzelstrafen zieht die Aufhebung der Gesamtfreiheitsstrafe nach sich.
Der Senat macht von der Möglichkeit Gebrauch, nach § 354 Abs. 1 b Satz 1 StPO zu entscheiden.
Der Tatrichter wird mit der abschließenden Sachentscheidung auch über die verbleibenden Kosten des Rechtsmittels zu befinden haben.
HRRS-Nummer: HRRS 2009 Nr. 771
Bearbeiter: Karsten Gaede