HRRS-Nummer: HRRS 2007 Nr. 351
Bearbeiter: Ulf Buermeyer
Zitiervorschlag: BGH, 2 StR 605/06, Beschluss v. 31.01.2007, HRRS 2007 Nr. 351
1. Auf die Revision der Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts Mainz vom 20. September 2006 im Ausspruch über die Gesamtstrafe mit den zugehörigen Feststellungen aufgehoben.
2. Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels, an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.
3. Die weitergehende Revision wird als unbegründet verworfen.
Das Landgericht hat die Angeklagte wegen gewerbsmäßiger Abgabe von Betäubungsmitteln an Jugendliche in 300 Fällen zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von vier Jahren verurteilt. Ihre auf die Sachrüge gestützte Revision hat im Hinblick auf den Gesamtstrafenausspruch Erfolg; im Übrigen ist sie unbegründet im Sinne von § 349 Abs. 2 StPO.
1. Nach den Feststellungen des Landgerichts verkaufte die Angeklagte in 300 Fällen jeweils 1 Gramm Haschisch an zwei 16- und 17-jährige Jugendliche, die ihrerseits über intensive Drogenerfahrungen verfügten und Haschisch und andere Betäubungsmittel auch von anderen Lieferanten bezogen.
Der Schuldspruch weist Rechtsfehler zum Nachteil der Angeklagten nicht auf. Zutreffend hat das Landgericht insbesondere angenommen (UA S. 9 f.), dass der Tatbestand des Abgebens von Betäubungsmitteln an Personen unter 18 Jahren (§ 29 a Abs. 1 Nr. 1 BtMG) nicht nur die unentgeltliche Übertragung der Verfügungsmacht erfasst, sondern auch das entgeltliche Abgeben in Form des Handeltreibens. Dies ergibt sich schon aus der gesetzlichen Systematik, denn der Qualifikationstatbestand des gewerbsmäßigen Abgebens an Jugendliche (§ 30 Abs. 1 Nr. i.V.m. § 29 a Abs. 1 Nr. 1 BtMG) wäre nicht verständlich, wenn der Grundtatbestand auf das unentgeltliche Abgeben beschränkt wäre. Überdies träte bei anderer Auslegung der Widerspruch auf, dass das entgeltliche Vertreiben von Betäubungsmitteln (auch an Jugendliche) nur ein Vergehen darstellen, die uneigennützige Abgabe aber den Verbrechenstatbestand des § 29 a Abs. 1 Nr. 2 BtMG erfüllen würde (vgl. BGH NStZ 1997, 89, 90).
Auch die Einzelstrafen von jeweils sechs Monaten in Anwendung von § 30 Abs. 2 BtMG sind nicht zu beanstanden.
2. Dagegen hat die Gesamtstrafe keinen Bestand. Zwar hat das Landgericht zur Begründung der Gesamtstrafenbildung gemäß § 54 StGB ausgeführt, es habe eine "zusammenfassende Würdigung" und eine "Gesamtbetrachtung" vorgenommen (UA S. 16 f.). Gleichwohl fehlt eine für das Revisionsgericht nachvollziehbare Begründung der Erhöhung der Einsatzstrafe von sechs Monaten auf die Gesamtstrafenhöhe von vier Jahren. Das Landgericht hat zutreffend den engen situativen und motivatorischen Zusammenhang der Taten erwähnt und ausgeführt, das Verhalten der Angeklagten wäre "früher als eine fortgesetzte Handlung bewertet worden" (UA S. 16). Da es an einer ausdrücklichen Begründung für die starke Anhebung der Einsatzstrafe fehlt, liegt aber die Annahme nahe, dass der Tatrichter die Höhe der Gesamtstrafe auf die bloße Anzahl der Einzeltaten gestützt hat, ohne den Zusammenhang der Taten und ihren Gesamtunrechtsgehalt hinreichend zu würdigen. Die Gesamtstrafe ist daher neu festzusetzen.
HRRS-Nummer: HRRS 2007 Nr. 351
Externe Fundstellen: NStZ 2007, 339; StV 2007, 298
Bearbeiter: Ulf Buermeyer