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Bearbeiter: Karsten Gaede

Zitiervorschlag: BGH, 2 StR 430/01, Beschluss v. 24.10.2001, HRRS-Datenbank, Rn. X


BGH 2 StR 430/01 - Beschluss vom 24. Oktober 2001 (LG Detmoldt)

Rechtsmittelrücknahme; Rechtsmittelverzicht; Prozesshandlung

§ 302 StPO

Leitsatz des Bearbeiters

Die Rücknahmeerklärung ist unwiderruflich und unanfechtbar (st. Rspr. vgl. nur BGHR StPO § 302 Abs. 1 Rücknahme 2; BGHSt 10, 245, 247). Grundsätzlich ist auch eine auf Irrtum beruhende Rücknahmeerklärung nicht anfechtbar (vgl. auch BGH StV 1994, 64). Daß der Angeklagte mit seiner Prozeßhandlung unrealistische Erwartungen verknüpft hat, die nicht von der Justiz veranlaßt worden waren, führt nicht ausnahmsweise zur Zulässigkeit der Anfechtbarkeit. Eine nicht in deutscher Sprache verfasste Rücknahmeerklärung wird mit Eingang der deutschen Übersetzung für das Verfahren beachtlich.

Entscheidungstenor

Es wird festgestellt, daß die Revision des Angeklagten gegen das Urteil des Landgerichts Darmstadt vom 12. März 2001 wirksam zurückgenommen ist.

Der Beschwerdeführer hat die Kosten des Rechtsmittels und die den Nebenklägerinnen dadurch entstandenen notwendigen Auslagen zu tragen.

Gründe

I.

Der Angeklagte legte gegen das Urteil vom 12. März 2001 am 19. März 2001 Revision ein. Das Urteil wurde am 20. April 2001 zugestellt. Die Revisionsbegründungsschrift ging am 21. Mai 2001 innerhalb der Frist des § 345 StPO ein, da der 20. Mai 2001 ein Sonntag war (§ 43 Abs. 2 StPO). Am 3. Juli 2001 gelangte der in französischer Sprache eigenhändig geschriebene Brief des Angeklagten vom 28. Juni 2001 zu Gericht. Die Übersetzung des Briefes lag dem Gericht spätestens am 23. Juli 2001 vor (vgl. Strafakten Bd. VII Bl. 1046). In diesem, Brief heißt es unter anderem "... daß ich aus verschiedenen Gründen keine Wiederaufnahme des Verfahrens mehr wünsche ..." und "... erlaube ich mir, mich selbst an Sie mit dieser Bitte zu wenden, sofort jegliche Schritte bezüglich der Revision zu stoppen und die auf Strafe lautende Urteilsurkunde auszustellen."

In einem weiteren Schreiben des Angeklagten vom 12. Juli 2001 an den Strafkammervorsitzenden (Strafakten Bd. VII Bl. 1114) nimmt er auf diesen Brief inhaltlich mit nachstehender Formulierung Bezug: "... obgleich ich Ihnen in einem Brief mitteilte, daß ich von einer Revision meines Verfahrens absehe ...". Durch am 25. Juli 2001 bei Gericht eingegangenen Schriftsatz des Verteidigers vom 24. Juli 2001, der selbst davon ausgeht, daß der Angeklagte durch sein Schreiben "zum Ausdruck gebracht habe, daß er auf die Durchführung der Revision verzichte", wird die Revisionsrücknahme angefochten, da der Angeklagte diesen Schritt aufgrund "völlig unrealistischer Einschätzung" der Sachlage getan habe.

II.

Die Revision ist wirksam gemäß § 302 Abs. 1 StPO zurückgenommen.

Die formgerechte Rücknahmeerklärung des Angeklagten ist eindeutig. Es besteht kein Zweifel, daß er eine Durchführung des Rechtsmittelverfahrens nicht mehr wollte. Es liegen keine Anhaltspunkte dafür vor, daß er bei Abgabe seiner Erklärung verhandlungsunfähig war.

Die Rücknahmeerklärung ist unwiderruflich und unanfechtbar (st. Rspr. vgl. nur BGHR StPO § 302 Abs. 1 Rücknahme 2; BGHSt 10, 245, 247). Grundsätzlich ist auch eine auf Irrtum beruhende Rücknahmeerklärung nicht anfechtbar (vgl. auch BGH StV 1994, 64). Daß der Angeklagte mit seiner Prozeßhandlung unrealistische Erwartungen verknüpft hat, die nicht von der Justiz veranlaßt worden waren, führt nicht ausnahmsweise zur Zulässigkeit der Anfechtbarkeit.

Die Rücknahme war auch schon vor dem Schriftsatz des Verteidigers vom 24. Juli 2001 wirksam geworden. Das die Rücknahmeerklärung enthaltende Schreiben vom 28. Juni 2001 wurde mit Eingang der deutschen Übersetzung (spätestens 23. Juli 2001) für das Verfahren beachtlich (vgl. Senatsbeschluß vom 27. März 1996 - 2 StR 480/95 m.w.N.).

Der Senat hatte daher festzustellen, daß die Revision des Angeklagten wirksam zurückgenommen ist (vgl. BGH NStZ 1998, 531).

Da der Angeklagte die Revision wirksam zurückgenommen hat, hat er die Kosten des Rechtsmittels und die den Nebenklägerinnen dadurch entstandenen notwendigen Auslagen zu tragen (§ 473 Abs. 1 Sätze 1 und 2 StPO).

Bearbeiter: Karsten Gaede