hrr-strafrecht.de - Rechtsprechungsübersicht


Bearbeiter: Karsten Gaede

Zitiervorschlag: BGH, 1 StR 183/99, Beschluss v. 12.05.1999, HRRS-Datenbank, Rn. X


BGH 1 StR 183/99 - Beschluß v. 12. Mai 1999 (LG München I)

Rechtsmittelverzicht; Beweiskraft des Sitzungsprotokolls;

§ 273 Abs. 3 StPO; § 274 StPO;

Leitsatz des Bearbeiters

Zu einem wirksamen Rechtsmittelverzicht (bei korrekter Übersetzung und Aufklärung über die Bedeutung des Verzichts).

Entscheidungstenor

Die Revision des Angeklagten gegen das Urteil des Landgerichts München I vom 1. Dezember 1998 wird als unzulässig verworfen.

Der Angeklagte trägt die Kosten des Rechtsmittels und die der Nebenklägerin im Revisionsverfahren entstandenen notwendigen Auslagen.

Gründe

Das Landgericht hat den Angeklagten wegen Vergewaltigung in Tateinheit mit sexueller Nötigung und mit Körperverletzung, begangen am 21. Dezember 1997 zum Nachteil der Nebenklägerin, zu einer Freiheitsstrafe von sechs Jahren verurteilt. Die trotz eines Rechtsmittelverzichts eingelegte Revision des Angeklagten erweist sich als unzulässig. Hierzu hat der Generalbundesanwalt zutreffend ausgeführt:

"Die Revision ist unzulässig, da der Angeklagte und seine Verteidigerin wirksam auf Rechtsmittel verzichtet haben. Aus dem Sitzungsprotokoll ergibt sich, daß der Angeklagte im Anschluß an die Verkündung des Urteils unter Zuhilfenahme eines Dolmetschers über das Rechtsmittel der Revision belehrt wurde (SA III Bl. 356). Nach Rücksprache mit seiner Verteidigerin und unter Zuhilfenahme eines Dolmetschers hat der Angeklagte erklärt: "Ich nehme das Urteil an und verzichte auf die Einlegung eines Rechtsmittels." Diese Erklärung wurde, der Vorschrift des § 273 Abs. 3 StPO gemäß, vorgelesen, übersetzt und genehmigt und nimmt daher an der Beweiskraft des Protokolls nach § 274 StPO teil (vgl. BGH NStZ 1984, 181).

Anhaltspunkte, die Bedenken gegen die Wirksamkeit des Rechtsmittelverzichts begründen könnten, sind nicht ersichtlich. Dem Hauptverhandlungsprotokoll ist nicht zu entnehmen, daß sich der Angeklagte über die Folgen eines Rechsmittelverzichts nicht im klaren gewesen wäre. Wie auch die Revision einräumt, stand dem Angeklagten während der Hauptverhandlung ein Dolmetscher zur Seite, der, wie sich aus dem Hauptverhandlungsprotokoll ergibt, sowohl die Rechtsmittelbelehrung als auch den protokollierten Rechtsmittelverzicht für den Angeklagten übersetzte. Darüber hinaus. hat der Angeklagte unter Zuhilfenahme des Dolmetschers mit seiner Verteidigerin sowohl in einer Sitzungspause als auch unmittelbar vor Erklärung des Rechtsmittelverzichts Rücksprache genommen (SA III Bl. 356).

Entgegen dem Vortrag der Revision wurde der Angeklagte auch nicht von seiner Verteidigerin dazu gezwungen, Rechtsmittelverzicht zu erklären. Die Verteidigerin des Angeklagten hat in einer Stellungnahme vom 11. Februar 1999 (SA III Bl. 389/390) erklärt, sie habe den Angeklagten mehrfach über die Folgen eines Rechtsmittelverzichts aufgeklärt und mit ihm die Möglichkeit, einen Rechtsmittelverzicht zu erklären, besprochen. Es sei unzutreffend, daß der Angeklagte gezwungenermaßen Rechtsmittelverzicht erklärt hat.

Daß Bedenken an der Verhandlungsfähigkeit des Angeklagten bestanden hätten oder andere Gründe einer Wirksamkeit des Rechtsmittelverzichts entgegenstehen könnten, wird von der Revision nicht vorgetragen und ist auch sonst nicht erkennbar.

Der wirksame Verzicht auf Rechtsmittel hat die Unzulässigkeit der vom Angeklagten am 8. Dezember 1998 eingelegten Revision zur Folge. Er schließt zugleich jede Möglichkeit der Wiedereinsetzung in den vorigen Stand aus (BGH, Beschluß vom 25.02.1999 - 1 StR 45/99 - m.w.N.; st. Rspr.). Als Prozeßhandlung kann der Rechtsmittelverzicht im übrigen nicht widerrufen, wegen Irrtums angefochten oder sonst zurückgenommen werden (st. Rspr.; vgl. BGH, Beschluß vom 1. Oktober 1998 - 4 StR 470/98).

Bearbeiter: Karsten Gaede