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Bearbeiter: Rocco Beck

Zitiervorschlag: BGH, 1 StR 119/97, Urteil v. 17.06.1997, HRRS-Datenbank, Rn. X


BGH 1 StR 119/97 - Urteil vom 17. Juni 1997 (LG Nürnberg-Fürth)

BGHSt 43, 110; Tatbestand der Hehlerei, insbesondere die Merkmale des "Absetzens" und der "Absatzhilfe" (keine Vollendung bei Lieferung an einen verdeckten Ermittler der Polizei).

§ 259 Abs. 1 StGB

Leitsatz

Auch wenn vollendete Hehlerei in der Begehungsform des Absetzens oder der Absatzhilfe nicht notwendig voraussetzt, dass ein Förderungserfolg eingetreten ist, muss andererseits das Bemühen um Absatz geeignet sein, die rechtswidrige Vermögenssituation aufrechtzuerhalten oder zu vertiefen. Bei Lieferung an einen verdeckten Ermittler der Polizei ist das nicht der Fall. (BGHSt)

Entscheidungstenor

1. Auf die Revision des Angeklagten M. wird das Urteil des Landgerichts Nürnberg-Fürth vom 14. August 1996, soweit es ihn betrifft,

a) im Schuldspruch dahin geändert, daß der Angeklagte der versuchten Hehlerei schuldig ist;

b) im Strafausspruch mit den Feststellungen aufgehoben.

2. Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels, an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.

3. Die weitergehende Revision wird verworfen.

Gründe

Das Landgericht hat den Angeklagten wegen Hehlerei zu einer Freiheitsstrafe von drei Jahren und sechs Monaten verurteilt. Seine Revision, die das Urteil mit der Rüge der Verletzung formellen und materiellen Rechts angriff, dringt mit der Sachrüge teilweise durch.

1. Nach den Feststellungen hatte der anderweitig verfolgte R. den Angeklagten M. gebeten, ihm bei der Suche nach Abnehmern für die bei einem Einbruch in A. entwendeten Gegenstände zu helfen. M. geriet durch einen V-Mann an einen verdeckten Ermittler der Polizei, dem er das Diebesgut in zwei Lieferungen übergab; bei der zweiten Lieferung wurde er verhaftet. Dieses Verhalten erfüllt nur den Tatbestand der versuchten Hehlerei in der Begehungsform des Absetzens.

a) Hehlerei nach § 259 Abs. 1 StGB begeht u.a., wer die "bemakelte" Sache im Einvernehmen mit dem Vortäter (durch selbständiges Handeln) absetzt oder (durch unselbständiges, an Weisungen gebundenes Handeln) absetzen hilft. Insoweit entspricht die Neufassung, die diese Vorschrift durch das am 1. Januar 1975 in Kraft getretene Einführungsgesetz zum Strafgesetzbuch (EGStGB) vom 2. März 1974 (BGBl. I, 469) erhalten hat, dem früheren Merkmal des Mitwirkens zum Absatz (vgl. dazu BT-Drucks. 7/550 S. 252, 253). Daher stellen Absetzen und Absatzhilfe gleichwertige Begehungsformen dar. Beide Merkmale bezeichnen Unterstützungshandlungen beim Bemühen des Vortäters, die "bemakelte" Sache weiterzuschieben. Der Gesetzgeber stuft solche Handlungen, mag es sich auch der Sache nach um Beihilfe handeln, als täterschaftliches Handeln ein. Bei jeder der genannten Begehungsweisen kann, wie bereits unter der Herrschaft der früheren Gesetzesfassung angenommen wurde, vollendete Hehlerei auch dann vorliegen, wenn der Absatz an einen Dritten nicht durchgeführt und auch noch nicht versucht worden ist; auf einen erfolgreichen Absatz kommt es also nicht an. Vielmehr genügt zur Vollendung des Deliktes jede - vom Absatzwillen getragene - vorbereitende, ausführende oder helfende Tätigkeit, die geeignet ist, den Vortäter bei seinen Bemühungen um wirtschaftliche Verwertung der "bemakelten" Sache zu unterstützen. Das ist gefestigte Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (BGHSt 26, 358; 27, 45; 29, 249; BGH NStZ 1990, 539; vgl. auch BGHSt 33, 44, 47). Ob an dieser Rechtsprechung angesichts der im Schrifttum geäußerten Kritik (LK-Ruß 10. Aufl. § 259 Rdn. 26 und 30 m.w.N.) festzuhalten ist, bedarf hier keiner Entscheidung.

Auch wenn danach vollendete Hehlerei in der Begehungsform des Absetzens oder der Absatzhilfe nicht notwendig voraussetzt, daß ein Förderungserfolg eingetreten ist, muß andererseits das Bemühen um Absatz geeignet sein, die rechtswidrige Vermögenssituation aufrechtzuerhalten oder zu vertiefen (BGH NStZ 1990, 539). Dabei kann nicht auf eine abstrakte Betrachtung abgehoben werden; entscheidend ist, ob im konkreten Fall durch das Bemühen des Hehlers ein Erfolg zu erwarten ist, da sonst eine Perpetuierung der rechtswidrigen Vermögenslage nicht in Frage kommt. Ein solcher Fall ist nicht gegeben, wenn der Täter, der Diebesgut absetzen will, ausschließlich mit einem - von ihm als solchen nicht erkannten - Polizeibeamten verhandelt und ihm das Diebesgut ausliefert. Solche Bemühungen sind nicht geeignet, den rechtswidrigen Vermögenszustand aufrechtzuerhalten oder zu vertiefen; sie führen im Gegenteil dazu, daß der rechtmäßige Zustand wiederhergestellt wird (vgl. zur Überlassung von Falschgeld an einen V-Mann der Polizei BGHR StGB § 146 Abs. 1 Konkurrenzen 2).

b) Der Angeklagte hat sich das Diebesgut nicht verschafft, denn er wollte nicht die tatsächliche, vom Vortäter abgeleitete Verfügungsmacht darüber erlangen (BGHSt 35, 172, 175; Stree aaO Rdn. 19), sondern er wollte für R. handeln (vgl. BGH, Urteil vom 28. August 1985 - 3 StR 195/85). Das liegt auf der Hand hinsichtlich der ersten Lieferung am 4. April 1995, die auf Vermittlung des Angeklagten durch den früheren Mitangeklagten Sch. durchgeführt wurde. Aber auch bei der zweiten Lieferung am 12. April 1995 gilt nichts anderes. Zwar lieferte nun der Angeklagte M. die Ware selbst aus, doch arbeitete er weiter mit Sch. zusammen in dem Bestreben, das Diebesgut abzusetzen.

c) Demgemäß war der Schuldspruch dahin zu ändern, daß der Angeklagte M. der versuchten Hehlerei schuldig ist; § 265 StPO steht nicht entgegen, da sich der Angeklagte gegenüber dem geänderten Schuldvorwurf ersichtlich nicht anders hätte verteidigen können. Die Änderung des Schuldspruchs führt zur Aufhebung des Strafausspruchs.

2. Aus den Ausführungen zur Sachrüge ergibt sich, daß das Landgericht den Antrag auf Vernehmung der Zeugen K. und B., soweit er den Schuldspruch betrifft, zu Recht als bedeutungslos abgelehnt hat. Für den Tatbestand der Hehlerei in Form des versuchten Absetzens kommt es nicht darauf an, zu welchem jedenfalls vor der Veräußerung liegenden Zeitpunkt der Angeklagte davon erfahren hat, daß er sich um das Absetzen von Diebesgut bemühte. Etwas anderes könnte für den Strafausspruch gelten; doch war dieser wegen der Änderung des Schuldspruchs ohnehin aufzuheben.

Externe Fundstellen: BGHSt 43, 110; NJW 1997, 2610; NStZ 1997, 493; NStZ 1998, 462; NStZ 1999, 352; StV 1997, 529

Bearbeiter: Rocco Beck