Bearbeiter: Karsten Gaede
Zitiervorschlag: BGH, 1 StR 461/94, Urteil v. 15.11.1994, HRRS-Datenbank, Rn. X
Die Revisionen der Angeklagten gegen das Urteil des Landgerichts Ellwangen vom 9. März 1994 werden verworfen.
Jeder Beschwerdeführer trägt die Kosten seines Rechtsmittels und die der Nebenklägerin durch seine Revision entstandenen notwendigen Auslagen.
Das Landgericht hat die Angeklagten T. und E. je wegen sexuellen Mißbrauchs von Kindern, den Angeklagten T. zugleich in Tateinheit mit versuchter Vergewaltigung und mit sexueller Nötigung, die Angeklagte E. in Tateinheit mit Beihilfe zum sexuellen Mißbrauch von Kindern verurteilt. Außerdem hat es die Angeklagten T. und G. je wegen eines weiteren Falles des sexuellen Mißbrauchs von Kindern verurteilt und die Angeklagten im übrigen freigesprochen. Das Landgericht hat Freiheitsstrafen verhängt und deren Vollstreckung bei den Angeklagten E. und G. zur Bewährung ausgesetzt.
Die Revisionen der Angeklagten sind unbegründet.
Nach den Feststellungen hat der Angeklagte T. auf Grund eines auf wiederholte Tatbegehung gerichteten Vorsatzes vom Sommer 1991 bis zum 17. Februar 1993 seine damals 6 und 7 Jahre alte Halbschwester H. mit Schlägen und Drohungen in fünf Fällen zum Oral- und Handverkehr gezwungen und jeweils zugleich (vergeblich) versucht, den Geschlechtsverkehr mit dem Kind durchzuführen. Der erste Vorfall wurde damit eingeleitet, daß die Mutter der beiden, die Angeklagte E., und der Angeklagte T. sich nackt aufeinanderlegten, Beischlafsbewegungen machten und dem Kind H. sagten, es müsse das anschließend auch so machen. Der erste Teilakt der sexuellen Handlung des Angeklagten T. an dem Kind wurde mit Einverständnis und Förderung der Angeklagten E. durchgeführt.
Als die Zeugin H. 6 Jahre alt war, zwang der Angeklagte T. sie zum Oral- und Handverkehr mit dem Angeklagten G.
Die von den Angeklagten allgemein erhobenen Sachrügen decken keinen die Angeklagten belastenden Rechtsfehler auf.
Soweit der Angeklagte T. wegen "fortgesetzter" Tat verurteilt worden ist, steht dies zwar im Widerspruch zu den Grundsätzen der Entscheidung des Großen Senats für Strafsachen des Bundesgerichtshofs vom 3. Mai 1994 (GSSt 2 und 3/93, NJW 1994, 1663), jedoch ist der Angeklagte hierdurch nicht beschwert.
Auch die Verfahrensrügen greifen nicht durch.
Die Feststellungen zu den sexuellen Handlungen der Angeklagten vor und mit dem Kind H. E. beruhen im wesentlichen auf der Aussage des Kindes gegenüber dem Ermittlungsrichter und auf den Äußerungen gegenüber weiteren, in der Hauptverhandlung als Zeugen gehörten Personen. Zur Glaubwürdigkeit der H. E. wurde ein Sachverständigengutachten erstattet. In der Hauptverhandlung hat das Kind die Aussage verweigert.
1. Die Revisionsführer tragen vor, das Glaubwürdigkeitsgutachten hätte nicht in die Hauptverhandlung eingeführt und im Urteil verwertet werden dürfen. Es sei unter Verstoß gegen die Belehrungspflichten aus § 81 c Abs. 3, § 52 StPO zustande gekommen.
a) Zu Unrecht wird beanstandet, daß die Zeugin H. E. selbst vor Beginn der Glaubwürdigkeitsuntersuchung nicht darüber belehrt worden ist, daß ihr als Angehöriger der Angeklagten T. und E. (§ 52 Abs. 1 Nr. 3 StPO) ein Untersuchungsverweigerungsrecht zugestanden habe.
Grundsätzlich besteht eine solche Belehrungspflicht. Denn es entspricht gefestigter Rechtsprechung, die Belehrungspflichten aus § 81 c Abs. 3 Satz 2, 2. Halbsatz, § 52 Abs. 3 StPO analog anzuwenden bei der Einholung von Glaubwürdigkeitsgutachten über Personen, die als Angehörige zur Zeugnisverweigerung berechtigt sind (BGHSt 13, 394, 398 f.; 36, 217, 220 m.w.Nachw.).
Hier jedoch konnte die Belehrung über das Untersuchungsverweigerungsrecht unterbleiben. Denn das Landgericht hat in der Hauptverhandlung nach eingehender Prüfung festgestellt, daß die Zeugin mangels Verstandesreife von der Bedeutung des Zeugnisverweigerungsrechts keine genügende Vorstellung hat (§ 52 Abs. 2 Satz 1 StPO). Daraus hat das Landgericht den Schluß gezogen, der nunmehr 8 Jahre alten Zeugin habe auch sechs Monate zuvor bei Beginn der Begutachtung durch die Sachverständige die Verstandesreife gefehlt, um die Bedeutung des Untersuchungsverweigerungsrechts als Angehörige zu erfassen. Das ist revisionsrechtlich nicht zu beanstanden.
Bei dieser Sachlage war eine Belehrung des Kindes selbst nicht geboten. Das Erste Gesetz zur Reform des Strafverfahrensrechts vom 9. Dezember 1974 (BGBl. I S. 3393, 3533) hat die Rechtsprechung zu § 81 c StPO a.F. (BGHSt 12, 235, 242) in die Neufassung des § 81 c Abs. 3 Satz 2 StPO übernommen und die Entscheidung allein dem gesetzlichen Vertreter überlassen (so auch die Begründung des zum Gesetz gewordenen Regierungsentwurfes, BT-Drucks. VI/3478, S. 67; Kleinknecht/Meyer-Goßner, StPO 41. Aufl. § 81 c Rdn. 26). Diese Rechtslage wird nicht nur durch den Wortlaut des Gesetzes bestätigt, sondern sie ergibt sich auch aus der Verweisungsnorm des § 81 c Abs. 3 Satz 2, 2. Halbsatz StPO: Entsprechend anzuwenden sind § 52 Abs. 2 Satz 2 und Abs. 3 StPO. § 52 Abs. 2 Satz 1 StPO, der eine Mitentscheidung auch dem Verstandesunreifen bei der Zeugnisverweigerung einräumt, ist beim Untersuchungsverweigerungsrecht eines solchen Zeugen nicht entsprechend anzuwenden. An die Stelle des zu Untersuchenden, der die Bedeutung des Weigerungsrechts nicht genügend erfassen kann, tritt in vollem Umfang der gesetzliche Vertreter. Die Belehrung der verstandesunreifen Person ist daher auch nicht geboten (so auch KMR § 81 c Rdn. 30).
Der Gegenmeinung von Dahs (LR 24. Aufl. § 81 c Rdn. 33; so wohl auch Pelchen in KK 3. Aufl. § 81 c Rdn. 11) folgt der Senat nicht. Zwar verweist § 81 c Abs. 3 Satz 2, 2. Halbsatz auf § 52 Abs. 3 StPO, wonach über das Zeugnisverweigerungsrecht in den Fällen des § 52 Abs. 2 StPO (bei Verstandesunreifen) "auch" der gesetzliche Vertreter zu belehren ist; zu belehren sind also sowohl der (verstandesunreife) Zeuge selbst wie "auch" sein Vertreter. Das hat seinen Sinn darin, daß in Ansehung des Zeugnisverweigerungsrechts der Zeuge selbst (mit-)entscheidet, ob er aussagt oder nicht (§ 52 Abs. 2 StPO), und der gesetzliche Vertreter ebenfalls ein Mitentscheidungsrecht hat; deshalb ist "auch" er zu belehren. Anders ist es beim Untersuchungsverweigerungsrecht nach § 81 c Abs. 3 StPO: Hier entscheidet der gesetzliche Vertreter alleine. Gleichwohl auch den Zeugen zu belehren, wäre ohne praktische Bedeutung und sinnlos (BGHSt 12, 235, 242). Die Verweisung auf § 52 Abs. 3 StPO in § 81 c Abs. 3 StPO betrifft damit die Pflicht zur Belehrung nur der Person, die über das Untersuchungsverweigerungsrecht nach § 81 c Abs. 3 Satz 2 StPO entscheidet.
b) Die Rüge greift aber auch nicht durch, soweit hier die an sich erforderliche Belehrung der zuständigen Mitarbeiterin des Kreisjugendamtes als gesetzlicher Vertreterin entgegen § 81 c Abs. 3 StPO vor Beginn der Glaubwürdigkeitsuntersuchung unterblieben ist. Ein solcher Verstoß führt zwar im Regelfall zur Unverwertbarkeit der erhobenen Befunde (BGHSt 12, 235, 242, 243; 14, 159, 160; BGH StV 1981, 4; BGHSt 36, 217). Andererseits ist für Fälle der unterbliebenen Zeugenbelehrung nach § 52 StPO in der Rechtsprechung inzwischen anerkannt, daß das Verwertungsverbot ausnahmsweise dann entfällt, wenn sich aus dem Akteninhalt mit Sicherheit ergibt, daß ein über sein Zeugnisverweigerungsrecht prozeßordnungswidrig nicht belehrter Zeuge dieses Zeugnisverweigerungsrecht kannte und davon auch bei ordnungsgemäßer Belehrung keinen Gebrauch gemacht hätte (BGH NJW 1986, 2121, 2122; BGH NStZ 1989, 484; BGHR StPO § 52 Abs. 3 Satz 1 Verletzung 5; vgl. ergänzend für die unterbliebene Beschuldigtenbelehrung BGHSt 38, 214, 224 f.). In einem solchen Fall kann mit Sicherheit ausgeschlossen werden, daß das Urteil auf der unterbliebenen Belehrung beruht. Diese Erwägung gilt auch dann, wenn die nach § 52 Abs. 2 StPO erforderliche Zustimmung eines gesetzlichen Vertreters unterblieben ist (BGH NStZ 1990, 549, 550; Dahs in LR aaO § 52 Rdn. 53, 54).
Diese Grundsätze sind auf den vergleichbaren Fall der unterlassenen Belehrung über ein Untersuchungsverweigerungsrecht nach § 81 c Abs. 3 StPO anzuwenden. Dies ergibt sich schon daraus, daß § 81 c Abs. 3 StPO wegen der Belehrungspflichten auf § 52 Abs. 2 Satz 2 und Abs. 3 StPO verweist. Die frühere Rechtsprechung, wonach an die unterbliebene Belehrung des Personensorgeberechtigten gemäß § 81 c Abs. 3 StPO in jedem Fall ein Verwertungsverbot geknüpft wurde (BGHSt 12, 235, 242), ist insoweit überholt. Sie beruhte auf einer inzwischen geänderten Rechtslage. Denn in der Entscheidung war maßgebend darauf abgestellt worden, daß allein dem Richter die Belehrung des gesetzlichen Vertreters nach § 81 c Abs. 3 StPO a.F. obliege und nur diese richterliche Belehrung eine zutreffende Beurteilung auf seiten des gesetzlichen Vertreters gewährleiste. Inzwischen hat sich die Rechtslage durch das StPÄG 1964 (Gesetz vom 19. Dezember 1964, BGBl. I S. 1067) und durch das 1. Gesetz zur Reform des Strafverfahrensrechts vom 9. Dezember 1974 (aaO) insoweit geändert, als nach § 163 a Abs. 5 StPO und § 161 a Abs. 1 Satz 2 StPO die nach § 81 c Abs. 3 StPO erforderliche Belehrung nunmehr der Polizei oder dem Staatsanwalt obliegt, wenn diese die Untersuchung anordnen (Dahs in LR aaO § 81 c Rdn. 35; Kleinknecht/Meyer-Goßner aaO § 163 a Rdn. 27).
Ist die Glaubwürdigkeitsbegutachtung - wie hier - auf freiwilliger Basis und nicht auf richterliche (Zwangs-)Anordnung erfolgt, dann ist zusätzlich zu bedenken, daß die zu § 81 c Abs. 3 StPO entwickelten Grundsätze nur analog heranzuziehen sind und dabei der Willensentscheidung des gesetzlichen Vertreters eines Zeugen größeres Gewicht beigemessen werden kann.
Es ist deshalb auch hier danach zu fragen, ob die unterbliebene Belehrung des gesetzlichen Vertreters der Zeugin für das gewonnene Untersuchungsergebnis ursächlich gewesen sein kann (Dahs in LR aaO § 81 c Rdn. 61). Bei Anlegung der zu § 52 StPO entwickelten Maßstäbe ist hier ein Ausnahmefall im Sinne der oben genannten Rechtsprechung gegeben, der trotz unterlassener Belehrung über das Untersuchungsverweigerungsrecht nicht zur Aufhebung des angefochtenen Urteils führt: Denn dem Jugendamt kam es als gesetzlichem Vertreter der Zeugin in Kenntnis des Rechts zur Untersuchungsverweigerung nach dem Akteninhalt gerade darauf an ("auf Betreiben des Jugendamtes"), bereits im Ermittlungsverfahren ein Glaubwürdigkeitsgutachten erholen zu lassen. Es hat daher selbst diesen Antrag bei den Ermittlungsbehörden gestellt mit dem Ziel, die Untersuchung später verwerten zu lassen. Bei den zuständigen Mitarbeitern des Jugendamtes handelte es sich nicht um juristische Laien, sondern um Amtsträger, die im Rahmen ihrer gesetzlichen Befugnisse entschieden haben. Wegen dieser Besonderheiten kann ausgeschlossen werden, daß eine Belehrung über das Untersuchungsverweigerungsrecht - hier durch die Staatsanwaltschaft oder die Polizei - die Entscheidung des Jugendamtes, die Glaubwürdigkeit von H. E. untersuchen zu lassen, beeinflußt hätte.
2. Ohne Erfolg bleibt die Verfahrensrüge der Angeklagten T. und E., das Landgericht habe gegen die §§ 252, 52 StPO verstoßen, weil es die Sachverständige D. als Zeugin vernommen habe.
Das Kind H. E. hat in der Hauptverhandlung die Zeugenaussage verweigert. Damit durften das Tatgeschehen selbst betreffende Tatsachen (Zusatztatsachen), welche die Sachverständige durch Befragen des Kindes ermittelt hatte, nicht durch die Vernehmung der Sachverständigen als Zeugin in die Hauptverhandlung eingeführt und für die Entscheidung verwertet werden (BGHSt 18, 107, 109; BGHR StPO § 252 Verwertungsverbot 1, 2).
Auch wenn die Sachverständige D. in der Hauptverhandlung als Zeugin vernommen worden ist (was sich aus dem Hauptverhandlungsprotokoll nicht eindeutig ergibt), ist der Beweiswürdigung des angefochtenen Urteils jedenfalls zu entnehmen, daß das Urteil nicht auf dem behaupteten Verfahrensverstoß beruht.
Dem Landgericht war bei seiner Beweiswürdigung bewußt, daß lediglich die von der Sachverständigen erhobenen Befundtatsachen im Rahmen der Beweiswürdigung herangezogen werden durften. Dementsprechend hat die Kammer ihre Überzeugung vom Tatgeschehen rechtsfehlerfrei zunächst nur aus den Aussagen der Eheleute Sch., der Zeuginnen N. und R. und des Zeugen Dr. S. gewonnen. Die Ausführungen der Sachverständigen sind in der Beweiswürdigung nur ergänzend und auch nur hinsichtlich sogenannter Befundtatsachen herangezogen worden. Der Eindruck der Zeugen und des Gerichts von der Richtigkeit der Erzählungen des Kindes zum Tatgeschehen wurde "gestützt" durch das "Gutachten". Die Befunde der Sachverständigen über Intelligenz, Wortschatz, abfragbare biologische Grundkenntnisse und Suggestionsfestigkeit der Zeugin konnten von der Sachverständigen losgelöst von den konkreten Vorfällen ermittelt und beurteilt werden.
Zwar hat die Sachverständige vor Gericht außerdem das wiedergegeben, was ihr die Zeugin H. E. zum Tatgeschehen erzählt hat. Dies war indessen im Rahmen der Beurteilung und Wiedergabe von Befundtatsachen insoweit zulässig, als die Sachverständige diese Erzählung zum Gegenstand einer isolierten Plausibilitätsprüfung gemacht und geprüft hat, ob sich die Zeugin bemüht habe, das Geschehen in eigenen Worten zu schildern, ob weiter in die Erzählung Details eingeflossen seien, die ein Kind von H.'s Begabung und Abstraktionspotential erfinden oder aus Vorlagen (wie Pornovideos) entnehmen könne. Auf die Mitteilung dessen, was das Kind bei der Sachverständigen zum Tatgeschehen selbst sagte, hat sich das Landgericht aber zur Feststellung der Tatvorgänge nicht gestützt; so hat es zum Beispiel auch darauf verzichtet, auf die Konstanz der Erzählungen des Kindes bei den Zeugen einerseits und - was hier unzulässig gewesen wäre (BGH NStZ 1988, 19) - bei der Sachverständigen andererseits abzustellen.
3. Unbegründet sind die Revisionen der Angeklagten T. und E., soweit sie einen weiteren Verstoß gegen die §§ 252, 52 StPO behaupten.
Der Zeuge Dr. S. durfte in der Hauptverhandlung über seine ermittlungsrichterliche Vernehmung des Kindes H. E. gehört werden. Entgegen dem Revisionsvortrag hatte er das Kind ordnungsgemäß belehrt. Zwar ist ein verstandesunreifes Kind auch darüber zu belehren, daß es trotz der Zustimmung seines gesetzlichen Vertreters zu seiner Vernehmung nicht aussagen muß (BGHSt 21, 303, 306; 23, 221, 223; BGH NStZ 1994, 43; BGH NStZ 1991, 295 f.). Ein bestimmter Wortlaut ist insoweit jedoch nicht vorgeschrieben. Art und Umfang der Zeugenbelehrung stehen vielmehr auch hier im pflichtgemäßen Ermessen des Richters (BGH NStZ 1991, 295, 296). Dabei war es seine Aufgabe, dem Kind angesichts seiner mangelnden Einsicht in die Bedeutung des Zeugnisverweigerungsrechts hinreichend klar zu machen, daß es in seiner Entscheidung, ob es aussagen wolle oder nicht, vollkommen frei sei.
Danach kommt es auf den Einzelfall an, in welcher Form das Kind zu belehren ist. Im vorliegenden Fall ist ein Gesetzesverstoß nicht gegeben: Die dem Vernehmungsprotokoll zu entnehmende Belehrung und die Reaktion des Kindes hierauf machen deutlich, daß das Kind sich nach der Belehrung bewußt war, es könne ohne Nachteile für sich selbst jederzeit aussagen oder nicht, und daß es allein auf seinen Willen ankam.
4. Die von dem Angeklagten T. beanstandete Vernehmung der Zeugin N. ist ohne Verstoß gegen die §§ 52, 252 StPO erfolgt.
Die Zeugin hat - vor Einleitung eines Ermittlungsverfahrens - als Beamtin des Kreisjugendamts und erziehungsberechtigte Trägerin des Personensorgerechts auf Bitten der Pflegeeltern das Kind zu den Vorfällen befragt. Damit hat die Zeugin nicht als Ermittlungsbeamtin eine Vernehmung im Sinne des § 252 StPO durchgeführt (vgl. die gleichgelagerten Fälle bei BGH NStZ 1986, 232 und BGH GA 1970, 153).
5. Der von der Revision der Angeklagten E. behauptete Verstoß gegen § 244 Abs. 6 StPO ist nicht gegeben.
a) Auf entsprechenden Hilfsbeweisantrag der Angeklagten hat das Landgericht die Einholung eines psychiatrischen Gutachtens zur Frage ihrer Schuldfähigkeit angeordnet.
b) Über den im gleichen Zusammenhang gestellten Hauptantrag brauchte das Landgericht nicht zu entscheiden. Es handelte sich nicht um einen Beweisantrag. Die Behauptung, die Angeklagte sei physisch nicht in der Lage gewesen, Beischlafsbewegungen vor ihrer Tochter auszuführen, enthält keine konkreten Angaben zur Art einer körperlichen Beeinträchtigung, die zu dem behaupteten Ergebnis führe. Sie stellt damit keine einem Beweisantrag genügende Beweistatsachenbehauptung dar, sie enthält keine faktische Grundlage (vgl. hierzu Herdegen in KK 3. Aufl. § 244 Rdn. 45, 46; BGHSt 37, 162). Gleiches gilt für das Vorbringen, die Tat sei der Angeklagten aus inneren Gründen tatsächlich nicht möglich gewesen ("wesensfremd und psychisch unmöglich").
6. Soweit der Angeklagte G. rügt, das angefochtene Urteil stützte sich rechtsfehlerhaft auf die Angaben der Frauenärztin Dr. K., verkennt er, daß die Anhörung der sachverständigen Zeugin ausschließlich Umstände ergeben hat, welche die Angeklagten entlasten.
Externe Fundstellen: BGHSt 40, 336; NJW 1995, 1501; NStZ 1995, 198; StV 1995, 171; StV 1995, 625
Bearbeiter: Karsten Gaede