Bearbeiter: Rocco Beck
Zitiervorschlag: BGH, 1 StR 334/90, Urteil v. 29.10.1991, HRRS-Datenbank, Rn. X
Die Revision des Angeklagten gegen das Urteil des Landgerichts Konstanz vom 11. Januar 1990 wird verworfen.
Der Angeklagte hat die Kosten des Rechtsmittels zu tragen.
I. Das Landgericht hat den Angeklagten wegen (fortgesetzter) Beihilfe zum unerlaubten Handeltreiben mit Betäubungsmitteln in Tateinheit mit versuchter räuberischer Erpressung zu der Freiheitsstrafe von vier Jahren verurteilt. Der Angeklagte rügt mit der Revision die Verletzung förmlichen und sachlichen Rechts. Das Rechtsmittel hat keinen Erfolg.
I. Rüge der Verletzung des § 52 Abs. 1 Nr. 3, Abs. 3 Satz 1 StPO
Als Zeugen wurden in der Hauptverhandlung Daniele C. und Giovanni P. gehört. Beide sind verschwägert; die Schwester von C. ist die Ehefrau von P.. Nach Auffassung der Revision waren sowohl C. als auch P. früher Mitbeschuldigte des Angeklagten, so daß jedem von ihnen in bezug auf den anderen (aber mit fortdauernder Wirkung auch im Verfahren gegen den Angeklagten, vgl. BGHSt 34, 215, 216 m.w.Nachw.) ein Zeugnisverweigerungsrecht gemäß § 52 Abs. 1 Nr. 3 StPO zugestanden habe, über welches beide Zeugen rechtsfehlerhaft nicht belehrt worden seien.
1. Hieran ist richtig, daß C. und der Angeklagte im Januar/Februar 1989 einige Wochen lang Mitbeschuldigte im selben Ermittlungsverfahren der Staatsanwaltschaft Ravensburg waren. Zur Zeit der hier interessierenden Zeugenvernehmung des P. war C. rechtskräftig verurteilt. Nach ständiger Rechtsprechung (vgl. BGH aaO) genügt die frühere prozessuale Gemeinsamkeit, um auf Dauer dem Angehörigen des einen Mitbeschuldigten ein Zeugnisverweigerungsrecht auch im Verfahren gegen den anderen Mitbeschuldigten zu geben, hier also dem Angehörigen des früheren Mitbeschuldigten C., dessen Schwager P., im Verfahren gegen den Angeklagten. Das soll nach der Rechtsprechung auch dann gelten, wenn das Verfahren gegen den früher mitbeschuldigten Angehörigen inzwischen durch rechtskräftige Verurteilung beendet ist (BGHR StPO § 52 Abs. 1 Nr. 3 Mitbeschuldigter 4 m.w.Nachw.).
Der Senat weicht von dieser Rechtsprechung ab. Nach seiner Auffassung besteht jedenfalls in Fällen rechtskräftiger Verurteilung kein Anlaß, dem Angehörigen des ausgeschiedenen früheren Mitbeschuldigten weiterhin ein Zeugnisverweigerungsrecht zuzubilligen.
§ 52 Abs. 1 StPO räumt den Angehörigen "des Beschuldigten" ein Zeugnisverweigerungsrecht ein. Da an vielen Straftaten mehrere Personen beteiligt sind, gegen die wiederum Strafverfahren in mannigfaltiger Ausgestaltung möglich sind (jeweils selbständige oder aber - ganz oder teilweise - verbundene Verfahren, wobei Verbindung und Trennung während des ganzen Verfahrens möglich sind), bedarf der Begriff des "Beschuldigten" - dann als "eines Beschuldigten" zu lesen - der Auslegung.
Sie kann sich am sachlichen Recht orientieren, also - unabhängig von der prozessualen Gestaltung - allein zum Maßstab nehmen, ob der Zeuge, um dessen Verweigerungsrecht es geht, Angehöriger einer Person ist, die für eine Beteiligung an der aufzuklärenden Straftat in Frage kommt. Die Auslegung kann sich aber auch, weil "Beschuldigter" ein prozessualer Begriff ist, allein nach Verfahrensrecht richten und nur denjenigen unter diesen Begriff ziehen, der zu der Zeit, da es um die Verweigerung des Zeugnisses geht, in dem konkreten Verfahren (Mit) Beschuldigter ist.
Schließlich sind Mischformen denkbar. So könnte als Beschuldigter angesehen werden, wer (sachlich) als Beteiligter an der den Gegenstand des aktuellen Verfahrens bildenden Tat in Betracht kommt und gegen den (prozessual) zur gleichen Zeit, da es um das Zeugnisverweigerungsrecht geht, deswegen ein Strafverfahren in Gang ist, der also wegen dieser Tat "Beschuldigter" ist, sei es auch in einem getrennten Verfahren.
Auch die vom Bundesgerichtshof in ständiger Rechtsprechung vertretene - vom Reichsgericht übernommene - Auffassung stützt sich sowohl auf sachliches Recht wie auch auf Verfahrensrecht. Sie hat zur Grundlage, daß die Person, deren Angehöriger möglicherweise zeugnisverweigerungsberechtigt ist, als Beteiligte an derselben Straftat in Betracht kommt wie der Beschuldigte, gegen den die Hauptverhandlung läuft. Mitbeschuldigt muß diese Person aktuell nicht sein, sie muß es aber - dies freilich unabdingbar - irgendwann im Ablauf des Verfahrens gewesen sein, sei es auch nur im Ermittlungsverfahren für kurze Zeit. Es genügt, "daß zwischen dem Angehörigen des Zeugen und dem anderen, zu dessen Gunsten das Zeugnisverweigerungsrecht wirken soll, in irgendeinem Stadium des Verfahrens prozessuale Gemeinsamkeit in dem Sinne bestanden hat, daß sie in bezug auf das gleiche historische Ereignis nach prozessrechtlicher Betrachtung förmlich Mitbeschuldigte gewesen sind" (BGHSt 34, 215, 216 m.w.Nachw.).
Nach ständiger Rechtsprechung gilt dieser Satz ohne Ausnahme, auch dann, wenn der Angehörige zur Zeit der Zeugenvernehmung verstorben oder das gegen ihn gerichtete Strafverfahren rechtskräftig abgeschlossen ist (BGH StV 1981, 117; 1984, 405).
Der Senat hat hier nicht zu entscheiden, ob der ständigen Rechtsprechung allgemein zu folgen ist oder ob die Stellung des "Beschuldigten" (hier des Mitbeschuldigten) rein verfahrensrechtlich definiert werden könnte mit der Folge, daß nur bei prozessualer Gemeinsamkeit im Zeitpunkt der fraglichen Zeugenvernehmung ein Zeugnisverweigerungsrecht des Angehörigen besteht; das würde der Auffassung der Rechtsprechung entsprechen, wonach der Beschuldigte selbst diese Eigenschaft verliert, sobald er aus dem anhängigen Verfahren ausscheidet, und dann Zeuge sein kann (BGHSt 10, 8, 11). Nach Meinung des Senats läßt sich der Fall rechtskräftiger Verurteilung des früheren Mitbeschuldigten abgesondert von anderen Verfahrensgestaltungen beurteilen.
Ein zwingender Grund für die Ausdehnung des Zeugnisverweigerungsrechts auf den Angehörigen des Mitbeschuldigten ist, daß in derselben Hauptverhandlung gegen mehrere Beschuldigte ein Zeuge nur einheitlich aussagen kann, so daß sich seine Zeugnisverweigerung notwendigerweise einheitlich für und gegen alle Beschuldigten auswirkt. Alle weitergehenden Folgerungen aus § 52 StPO sind nicht in gleicher Weise vorgegeben.
Begründet werden diese Folgerungen mit den dem Zeugnisverweigerungsrecht des § 52 StPO überhaupt zugrundeliegenden Überlegungen. Zum einen soll der Zeuge - und der Angeklagte - vor der Versuchung der Falschaussage geschützt werden (RGSt 12, 143), zum andern - damit zusammenhängend, aber darüber hinausgehend - sollen das familiäre Verhältnis, der Familienfrieden gewahrt werden (RGSt 1, 207, 208; BGHSt 11, 213, 216).
Bemerkenswert ist freilich, daß beides den Angeklagten nicht betrifft, um den es in den hier interessierenden Fällen unmittelbar geht. Er ist der Nicht-Angehörige; für ihn stellt sich das alles als Reflex dar. In vielen Fällen wird die Zeugnisverweigerung zu seinem Vorteil gereichen. Das kann unter dem Gesichtspunkt wirksamer Strafverfolgung Bedenken erwecken. In nicht wenigen Fällen wird die Zeugnisverweigerung aber auch nachteilig sein; das hängt vom Verhältnis der (früheren) Mitbeschuldigten, unter Umständen von der Art ihrer Beteiligung an der in Frage stehenden Straftat ab. So oder so handelt es sich für den Nicht-Angehörigen um einen von außen kommenden, fremden, zufälligen Eingriff in sein Verfahren.
Jeder Beschuldigte hat grundsätzlich für sich und seine Schuld als einzelner vor Gericht einzustehen. Die aus Gründen der Zweckmäßigkeit geschaffene Möglichkeit, gegen mehrere Beschuldigte gleichzeitig zu ermitteln und eine gemeinsame Hauptverhandlung durchzuführen, beseitigt diesen Grundsatz nicht; stets geht es - materiell wie prozessual - um den einzelnen Beschuldigten. Deshalb ist besonders darauf zu achten, den Einfluß, der als Reflex von dem einen auf das andere Verfahren einwirkt, nicht über das gebotene Maß auszudehnen.
Geht es beim nichtangehörigen Mitbeschuldigten nur um Reflexwirkung, so ist - andererseits - auch der mitbeschuldigte Angehörige nicht unmittelbar betroffen. Ist er als Beschuldigter unmittelbar beteiligt - in derselben Hauptverhandlung oder schon im selben Ermittlungsverfahren -, so entstehen keine Probleme; als Angehöriger des (eines) Beschuldigten kann sich der Zeuge auf § 52 Abs. 1 Nr. 3 StPO berufen. Laufen dagegen verschiedene Verfahren, so sind die Angaben, die der Zeuge im Verfahren gegen den Nichtangehörigen gemacht hat, in aller Regel gegen den Angehörigen nicht verwertbar (vgl. BGH NJW 1974, 758), wobei es keine Rolle spielt, ob die Verfahren schon einmal verbunden waren (vgl. Prittwitz NStZ 1986, 64, 66).
Bei der Frage, wie weit § 52 StPO dem Angehörigen eines Mitbeschuldigten ein Zeugnisverweigerungsrecht verleiht, geht es um den Bereich, der nicht schon von § 55 StPO erfaßt wird. Diese Vorschrift steht dem Zeugen stets zu seinem und seiner Angehörigen Schutz zur Verfügung, ohne daß es auf verfahrensrechtliche Gestaltungen ankommt.
Das Zeugnisverweigerungsrecht des § 52 StPO ist grundsätzlich anderer Natur. Es soll allgemein niemand gezwungen werden, in einem Verfahren auszusagen, das sich gegen einen Angehörigen richtet, worum auch immer es bei der Aussage gehen könnte; allgemein sollen die familiären Beziehungen von solcher prozessualer Pflicht freigehalten werden (vgl. BGHSt 11, 213, 216). Wenn die Rechtsprechung nicht selten wesentlich auf die nachteilige und belastende Aussage abstellt (so schon RGSt 1, 207), so ist das zu eng gesehen.
Jedoch gewährt die Strafprozeßordnung kein allgemeines Recht, das Zeugnis dann zu verweigern, wenn es um Angehörige geht. Wer Angehöriger des Verletzten ist, muß über diesen - auch über dessen Mitschuld - ebenso aussagen wie derjenige, der zur Glaubwürdigkeit eines anderen - mit ihm verwandten - Zeugen befragt wird. Auch solche Aussagen können das familiäre Verhältnis beträchtlich belasten. Dem Gesetzgeber ist das nicht entgangen. Der Vergleich zwischen § 55 StPO und § 384 Nr. 2 ZPO (Aussageverweigerungsrecht bei zur Unehre gereichenden Angaben) zeigt die Abwägung zwischen Wahrheitsermittlung und Familieninteresse im Straf- und im Zivilverfahren.
Es zeigt sich also, daß der Schutz des familiären Verhältnisses nicht absolut ist. Er hängt wesentlich von der prozessualen Gestaltung ab. Ist das aber so, dann könnte die Abwägung zwischen dem Erfordernis, das Verfahren jedes Beschuldigten grundsätzlich als selbständiges Verfahren zu führen und Einwirkungen von außen so weit wie möglich fernzuhalten, und dem Anliegen, innerfamiliäre Interessen eines anderen zu schützen, dazu führen, § 52 StPO nur dann anzuwenden, wenn die Aussage in einem Verfahren erfolgt, das sich zur Zeit der Aussage (auch) noch gegen den Angehörigen richtet. Das gliche die Position des Zeugen derjenigen des mit ihm verwandten Beschuldigten an. Wird dessen Verfahren von dem des Mitbeschuldigten abgetrennt, so ist er nicht mehr Beschuldigter im anhängigen Verfahren; ihm steht nur noch - falls er als Zeuge gehört wird - § 55 StPO zur Seite. Wo diese Bestimmung nicht eingreift, muß er über seine eigenen Verhältnisse, seine familiären Beziehungen, die Verhältnisse seiner Angehörigen wie jeder beliebige andere Zeuge aussagen.
Jedenfalls ergibt die Abwägung, daß keine Veranlassung besteht, den Angehörigen des früheren Mitbeschuldigten im Verfahren gegen den nichtverwandten Beschuldigten dann ein Zeugnisverweigerungsrecht zuzugestehen, wenn der frühere Mitbeschuldigte rechtskräftig verurteilt ist. In diesem Fall ist das über ihn zwischen seinen Angehörigen und dem jetzigen Beschuldigten geknüpfte Band so schwach geworden, daß es den empfindlichen Eingriff, den die Zeugnisverweigerung in das Verfahren des noch anhängigen Beschuldigten bedeutet, nicht mehr rechtfertigt. Die Möglichkeit, es könne zu einer Wiederaufnahme des Verfahrens oder zu einem Gnadenverfahren kommen, hat demgegenüber zu wenig Gewicht, zumal auch in diesen Fällen regelmäßig ein Verwertungsverbot bestünde. Jedenfalls ist diese Möglichkeit nicht stärker zu bewerten als - etwa - diejenige, gegen den verwandten Mitzeugen, über dessen Glaubwürdigkeit der Zeuge vernommen wird, werde ein Strafverfahren eingeleitet werden. § 55 StPO wird, wie schon erwähnt, von alledem nicht berührt.
Ob die Bedenken, die im Hinblick auf §§ 81 c und 97 StPO (wo § 52, nicht aber § 55 StPO in Bezug genommen wird) gegen die Einschränkung des Zeugnisverweigerungsrechts geltend gemacht werden, einer allgemeinen Aufgabe der bisherigen Rechtsprechung entgegenstehen könnten, bedarf keiner Entscheidung. Für den Fall rechtskräftiger Aburteilung des mitbeschuldigten Angehörigen haben sie kein hinreichendes Gewicht.
Die anderen Strafsenate des Bundesgerichtshofs haben auf Anfrage erklärt, daß sie für den hier zu entscheidenden Fall - rechtskräftige Verurteilung des (früher) mitbeschuldigten Angehörigen - an ihrer bisherigen entgegenstehenden Rechtsauffassung nicht festhalten.
Nach alledem stand Giovanni P. kein Zeugnisverweigerungsrecht zu. Eine Belehrung unterblieb mit Recht.
2. Giovanni P. war zu keinem Zeitpunkt Mitbeschuldigter des Angeklagten. Er wurde zwar im Zusammenhang mit der Festnahme seines Schwagers C. festgenommen und von der Polizei als Mitbeschuldigter vernommen, wurde aber am selben Tag wieder freigelassen, offenbar mangels Tatverdachts; denn als er sich drei Tage später bei der Polizei nach C. erkundigte, wurde er in dem gefertigten Protokoll als "zumindest Mitwisser" bezeichnet (was nicht ohne weiteres Mitbeschuldigter bedeutet), seine Angaben wurden als "Information" eingestuft. Weitere Verfolgungsmaßnahmen gegen ihn geschahen nicht. Unter diesen Umständen war P. zu keiner Zeit formell Mitbeschuldigter des Angeklagten (vgl. BGHSt 34, 215); ein Zeugnisverweigerungsrecht seines Schwagers C. bestand nicht.
III. Rüge der Verletzung des § 264 StPO
In der zugelassenen Anklage war dem Angeklagten vorgeworfen worden, von Mitte Dezember 1988 bis 6. Januar 1989 im Rahmen einer fortgesetzten Tat den Rauschgifthändlern L. und N. bei der Beitreibung von Forderungen gegen die Rauschgiftkäufer C. und Lu. geholfen zu haben, wobei im Fall Lu. das Beitreiben die Intensität einer räuberischen Erpressung erreicht habe. Wenige Tage vor der am 9. Januar 1990 beginnenden Hauptverhandlung vernahm die Polizei als Beschuldigten Domenico A.. Es ergab sich der Verdacht, daß auch er von L. Betäubungsmittel erworben und der Angeklagte den L. hierbei unterstützt habe.
Der Komplex A. wurde, ohne weitere Anklage, in die Hauptverhandlung eingeführt, A. als Zeuge vernommen und der Angeklagte nach Hinweis gemäß § 265 StPO auch insoweit verurteilt, wobei diese Vorgänge in die ursprüngliche nur die Geschehnisse mit C. und Lu. umfassende einheitliche Tat einbezogen wurden.
Nach Meinung der Revision war das Verhalten des Angeklagten in bezug auf A. nicht mitangeklagt und deshalb nicht rechtshängig. Es sei nicht Bestandteil der fortgesetzten Handlung gewesen.
Der Revision ist zuzugeben, daß die Begründung des Landgerichts für die Einbeziehung dieses Komplexes in eine einheitliche fortgesetzte Handlung Bedenken erwecken könnte, soweit das Landgericht auf die Wertung der Tat des L. als fortgesetzte Handlung abstellt; ob mehrere Beihilfehandlungen in Fortsetzungszusammenhang stehen, ist selbständig zu prüfen. Auch der enge räumliche und zeitliche Zusammenhang - wenngleich als Indiz tauglich - könnte für sich Fortsetzungszusammenhang nicht begründen.
Doch ergeben die Feststellungen, daß der Angeklagte mit dem Willen handelte, dem L. bei dessen Rauschgiftgeschäften zu helfen, ohne daß es dem Angeklagten darauf ankam, um welches einzelne Geschäft es sich gerade handelte und wie dieses gestaltet war. Auf einen Gesamterfolg im eigentlichen Sinn war sein Vorsatz zwar nicht gerichtet, doch können hier die Anforderungen nicht zu hoch angesetzt werden. Da für fortgesetztes Handeltreiben mit Betäubungsmitteln ein eingespieltes Bezugs- und Vertriebssystem und ein darauf gerichteter Vorsatz genügen, muß auch für Beihilfehandlungen der hier in Frage stehenden Art der Wille, dem Haupttäter bei Ausüben seines so gestalteten Vertriebsgeschäfts zu helfen, für den Gesamtvorsatz ausreichen.
IV. Auch im übrigen hat die Nachprüfung des Urteils auf Grund der Revisionsrechtfertigung keinen Rechtsfehler zum Nachteil des Angeklagten ergeben.
V. Die Revision ist der Auffassung, die lange Dauer des Revisionsverfahrens habe dazu geführt, daß die Sache nicht innerhalb angemessener Frist (Art. 6 MRK) abgeschlossen werde. Um die verfahrensrechtlich bedingte, objektiv eingetretene Verzögerung auszugleichen, sei Aufhebung im Strafausspruch, besser noch eigene Strafmilderung durch den Senat geboten.
Das Ermittlungsverfahren begann mit der vorläufigen Festnahme des Beschwerdeführers am 6. Januar 1989. Vom 9. bis 11. Januar 1990 war Hauptverhandlung, am 13. Juni 1990 legte der Generalbundesanwalt die Akten mit dem Antrag auf Aufhebung dem Senat vor, der am 29. Januar 1991 eine erste und - nach Anfrage bei den anderen Strafsenaten gemäß § 136 GVG - am 29. Oktober 1991 die zweite, zum Urteil führende Hauptverhandlung abhielt. Der gegen den Angeklagten bestehende Haftbefehl war am 5. Februar 1991 außer Vollzug gesetzt worden.
Dieser Ablauf und diese Verfahrensdauer (insgesamt zwei Jahre zehn Monate) sind nach Meinung des Senats nicht so beschaffen, daß ein Verstoß gegen Art. 6 MRK in Betracht gezogen werden müßte.
Externe Fundstellen: BGHSt 38, 96; NJW 1992, 1116; NStZ 1992, 195; StV 1992, 51
Bearbeiter: Rocco Beck