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HRRS-Nummer: HRRS 2024 Nr. 1568

Bearbeiter: Christoph Henckel

Zitiervorschlag: BGH, 1 StR 329/24, Beschluss v. 18.09.2024, HRRS 2024 Nr. 1568


BGH 1 StR 329/24 - Beschluss vom 18. September 2024 (LG Kassel)

Vorenthalten und Veruntreuen von Sozialversicherungsbeiträgen (Gegenstand der angeklagten Tat: erforderliche Benennung der angeklagten Beitragsmonate im Anklagesatz).

§ 266a Abs. 1 StGB; § 264 Abs. 1 StPO; § 200 Abs. 1 StPO

Entscheidungstenor

1. Auf die Revision des Angeklagten gegen das Urteil des Landgerichts Kassel vom 6. März 2024 wird

a) das Verfahren eingestellt, soweit der Angeklagte in den Fällen 23 bis 25 der Urteilsgründe (Vorenthalten und Veruntreuen von Arbeitsentgelt für die Monate August, September und November 2020) verurteilt worden ist; insoweit hat die Staatskasse die Kosten des Verfahrens und die dem Angeklagten entstandenen notwendigen Auslagen zu tragen;

b) das vorgenannte Urteil dahin abgeändert, dass der Angeklagte des Betrugs in fünf Fällen, der Vorteilsannahme in sechs Fällen, der Steuerhinterziehung in zwei Fällen sowie des Vorenthaltens und Veruntreuens von Arbeitsentgelt in acht Fällen schuldig ist.

2. Die weitergehende Revision wird als unbegründet verworfen.

3. Der Angeklagte hat die weiteren Kosten seines Rechtsmittels zu tragen.

Gründe

Das Landgericht hat den Angeklagten wegen Betrugs in fünf Fällen, wegen Vorteilsannahme in sechs Fällen, wegen Steuerhinterziehung in zwei Fällen sowie wegen Vorenthaltens und Veruntreuens von Arbeitsentgelt in elf Fällen zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von zwei Jahren unter Aussetzung der Strafvollstreckung zur Bewährung verurteilt und Einziehungsentscheidungen getroffen. Die gegen seine Verurteilung gerichtete, auf die Sachrüge gestützte Revision des Angeklagten hat wegen des Verfahrenshindernisses einer fehlenden Anklage den aus der Beschlussformel ersichtlichen geringen Erfolg (§ 349 Abs. 4 StPO); im Wesentlichen ist das Rechtsmittel unbegründet (§ 349 Abs. 2 StPO).

a) Der Verurteilung in den Fällen 23 bis 25 der Urteilsgründe steht entgegen, dass die Monate August, September und November 2020, jeweils selbständige prozessuale Taten (§ 264 Abs. 1 StPO), nicht von den beiden - am 4. Januar 2024 wirksam zugelassenen - Anklagen umfasst sind. Denn bei den Taten des § 266a StGB sind die betroffenen Beitragsmonate im Anklagesatz anzugeben (BGH, Urteile vom 11. März 2020 - 2 StR 478/19, BGHR StPO § 200 Abs. 1 Satz 1 Tat 28 Rn. 11 und vom 9. Januar 2018 - 1 StR 370/17, BGHR StPO § 200 Abs. 1 Satz 1 Tat 27 Rn. 11 ff., 15 mwN; Beschluss vom 12. April 2018 - 5 StR 538/17 Rn. 3 mwN). Eine Nachtragsanklage ist nicht erhoben worden. Insoweit ist das Verfahren einzustellen. Der nach § 265 StPO am 22. Februar 2024 erteilte Hinweis des Vorsitzenden vermag diesen Mangel nicht zu heilen; der eingangs des Anklagesatzes vom 26. Oktober 2023 genannte Zeitraum hilft bereits deswegen nicht weiter, weil er sich bezüglich des Endes („31.12.2020“) auf die Verkürzung der Lohnsteuer bezieht.

b) Dies lässt indes die Gesamtfreiheitsstrafe unberührt. Der Senat schließt aus (§ 354 Abs. 1 StPO analog), dass das Landgericht ohne die drei entfallenden Einzelgeldstrafen eine niedrigere Strafe verhängt hätte. Denn der Zusammenzug der verbleibenden Einzelstrafen erweist sich, ausgehend von einer Einsatzfreiheitsstrafe von elf Monaten, weiterhin als sehr straff.

HRRS-Nummer: HRRS 2024 Nr. 1568

Bearbeiter: Christoph Henckel