HRRS-Nummer: HRRS 2022 Nr. 1057
Bearbeiter: Christoph Henckel
Zitiervorschlag: BGH, 1 StR 63/22, Beschluss v. 06.09.2022, HRRS 2022 Nr. 1057
1. Die Revisionen der Angeklagten gegen das Urteil des Landgerichts Landshut vom 28. September 2021 werden als unbegründet verworfen.
2. Jeder Beschwerdeführer hat die Kosten seines Rechtsmittels zu tragen.
Das Landgericht hat den Angeklagten W. wegen vorsätzlicher Insolvenzverschleppung und wegen vorsätzlichen Bankrotts in zwei Fällen zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von zwei Jahren und einem Monat verurteilt. Gegen den Angeklagten L. hat es wegen Beihilfe zur vorsätzlichen Insolvenzverschleppung und wegen Beihilfe zu zwei Fällen des Bankrotts eine Gesamtfreiheitsstrafe von einem Jahr und zwei Monaten verhängt. Im Übrigen hat das Landgericht die beiden Angeklagten freigesprochen. Gegen die Verurteilungen richten sich ihre auf Verfahrensrügen und sachlichrechtliche Beanstandungen gestützten Revisionen. Die Rechtsmittel haben keinen Erfolg (§ 349 Abs. 2 StPO).
Zu der Verfahrensrüge der Angeklagten, das erkennende Gericht sei nicht vorschriftsmäßig besetzt gewesen (§ 338 Nr. 1 StPO), da einer der Schöffen während der Vernehmung der Zeugin S. mehrfach eingeschlafen und die Beweisaufnahme nicht entsprechend den Regeln des § 69 StPO wiederholt worden sei, ist ergänzend zu den Antragsschriften des Generalbundesanwalts anzumerken:
Die Revisionen zielen darauf ab, dass eine wirksame Wiederholung der Zeugenvernehmung nicht stattgefunden habe, sodass eine Verletzung des § 338 Nr. 1 StPO nicht geheilt worden sei. Damit beanstanden sie jedoch nicht eine nicht vorschriftsmäßige Besetzung des Gerichts, sondern rügen vielmehr eine Verletzung des § 69 StPO. Denn unabhängig davon, ob die wiederholte Vernehmung der Zeugin ordnungsgemäß durchgeführt wurde, war das Gericht währenddessen - das bestreiten auch die Revisionen nicht - vorschriftsmäßig besetzt. Da die Zeugin nach der Anordnung der Wiederholung der Beweisaufnahme durch die Vorsitzende jedoch nicht zunächst im Zusammenhang berichtete, sondern lediglich die ihr vorgehaltenen Angaben, die sie zuvor im Rahmen der Hauptverhandlung gemacht hatte, bestätigte, entsprach die wiederholte Vernehmung allerdings nicht den Vorgaben des § 69 Abs. 1 Satz 1 StPO (vgl. BGH, Beschluss vom 17. März 1981 - 1 StR 113/81 Rn. 5 ff., Bertheau/Ignor in LR/StPO, 27. Aufl., § 69 Rn. 6; Slawik in KK/StPO, 8. Aufl., § 69 Rn. 4; Dahs, Die Revision im Strafprozess, 9. Aufl., Rn. 283a).
Unabhängig davon, ob mit der Rüge einer Verletzung dieser Vorschrift gleichzeitig ein Verstoß gegen § 244 Abs. 2 StPO geltend zu machen ist (vgl. BGH, Urteil vom 21. Juni 1951 - 3 StR 88/51, MDR 1951, 658 bei Dallinger; OLG Düsseldorf, Beschluss vom 30. Oktober 1996 - 2 Ss (OWi) 323/96 - (OWi) 111/96 II, NStZ-RR 1997, 210; Maier in MüKo/StPO, 1. Aufl., § 69 Rn. 36; Schmitt in Meyer-Goßner/Schmitt, StPO, 65. Aufl., § 69 Rn. 13; a.A. Slawik in KK/StPO, 8. Aufl., § 69 Rn. 8), schließt der Senat ein Beruhen des Urteils auf der (in Teilen) fehlerhaften Vernehmung der Zeugin S. aus. Die in der Revisionsbegründung genannten Einzelheiten, zu denen die Zeugin S. während der knapp 25 Minuten dauernden Phase des wiederholten Einschlafens des Schöffen Angaben machte und die sie entgegen § 69 Abs. 1 Satz 1 StPO auf Vorhalt bestätigte, hat das Landgericht, soweit es diese im Urteil verwertet hat, auf eine Vielzahl weiterer aussagekräftiger Beweismittel gestützt, zum Beispiel Mietverträge, E-Mails, Kontoauswertungen, sonstige schriftliche Unterlagen und Zeugenaussagen.
HRRS-Nummer: HRRS 2022 Nr. 1057
Bearbeiter: Christoph Henckel