HRRS-Nummer: HRRS 2021 Nr. 92
Bearbeiter: Christoph Henckel/Karsten Gaede
Zitiervorschlag: BGH, 1 StR 392/20, Beschluss v. 25.11.2020, HRRS 2021 Nr. 92
1. Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts Frankfurt am Main vom 3. Juni 2020 mit den Feststellungen, soweit diese im angefochtenen Urteil getroffen worden sind, aufgehoben.
2. In diesem Umfang wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels, an eine andere Wirtschaftsstrafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.
Das Landgericht hatte im ersten Rechtsgang den Angeklagten wegen Steuerhinterziehung in 20 Fällen sowie wegen Vorenthaltens und Veruntreuens von Arbeitsentgelt in 174 Fällen zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von zwei Jahren und acht Monaten verurteilt. Daneben hatte es eine Kompensations- und eine Einziehungsentscheidung getroffen. Auf die hiergegen gerichtete Revision des Angeklagten hat der Senat mit Beschluss vom 8. Mai 2019 - 1 StR 242/18 - die Verurteilung in den Fällen der Einkommensteuerhinterziehungen für die Veranlagungszeiträume 2010, 2011 und 2012 (Fälle 192 bis 194 der damaligen Urteilsgründe) mitsamt dem Ausspruch über die Gesamtstrafe und die Einziehung einschließlich der zugehörigen Feststellungen aufgehoben.
Nunmehr hat das Landgericht den Angeklagten insoweit erneut wegen Hinterziehung von Einkommensteuer in drei Fällen verurteilt und gegen ihn eine - aus diesen drei und den 191 rechtskräftigen Einzelstrafen gebildete - Gesamtfreiheitsstrafe von zwei Jahren und acht Monaten verhängt. Zudem hat es die Einziehung des Wertes von Taterträgen in Höhe von 149.997,89 € - der verkürzten Einkommensteuern - angeordnet. Die gegen seine Verurteilung gerichtete Revision des Angeklagten hat mit der Sachrüge wiederum Erfolg.
1. Das Landgericht hat den Umfang der vom Angeklagten bezogenen verdeckten Gewinnausschüttungen (§ 20 Abs. 1 Nr. 1 Satz 2, Abs. 5 Satz 1, 2, § 11 Abs. 1 Satz 1 EStG, § 39 Abs. 2 Nr. 1 Satz 2 AO) rechtsfehlerhaft bestimmt (vgl. bereits BGH, Beschluss vom 8. Mai 2019 - 1 StR 242/18 Rn. 11). Denn die hierzu getroffenen Feststellungen widersprechen den zu der Hinterziehung von Lohnsteuern aufrechterhaltenen Feststellungen (Fälle 177 bis 191 aus dem im ersten Rechtsgang ergangenen landgerichtlichen Urteil vom 7. Dezember 2017).
a) Der Angeklagte hat eingeräumt, dem Kassenbestand der Taxi N. GmbH Bargelder entnommen zu haben (UA S. 8); diese legte er in seinen Einkommensteuererklärungen nicht offen. Zum Umfang der verdeckten Gewinnausschüttungen hat er sich jedoch nicht eingelassen. Das Landgericht hat die Höhe der vom Angeklagten entnommenen Bargelder im Wege der Schätzung - im Ausgangspunkt rechtsfehlerfrei - dadurch ermittelt, dass es vom (nicht verbuchten) Mehrbetrag der von der Taxi N. GmbH erzielten Einnahmen den (nicht verbuchten) Mehrbetrag der Ausgaben abgezogen hat. Für den Veranlagungszeitraum 2012 übersteigen indes bereits die tatsächlich von der Taxi N. GmbH geleisteten Löhne in Höhe von insgesamt 778.788,64 € (UA S. 77 f. des Urteils vom 7. Dezember 2017) die vom Landgericht zugrunde gelegten Gesamtausgaben in Höhe von 547.976,90 € (UA S. 10). Zieht man von den genannten Lohnauszahlungen den in der Buchhaltung erfassten Aufwand ab und stellt man die sich daraus ergebende Differenz dem Mehrbetrag der Einnahmen gegenüber, verringern sich der für eine Bargeldentnahme zur Verfügung stehende Einnahmeüberschuss und damit auch der Schuldumfang in einem Maße, dass letztendlich nicht auszuschließen ist, dass auch der Schuldspruch betroffen ist.
b) Aus dem gleichen Grund unterliegt die Verurteilung wegen der Hinterziehung von Einkommensteuer für die Veranlagungszeiträume 2010 und 2011 der Aufhebung. Auch insoweit ist zu besorgen, dass das Landgericht nicht sämtliche tatsächlichen Mehrausgaben berücksichtigt hat. Zwar sind die in diesen beiden Jahren von der Taxi N. GmbH ausgezahlten Löhne jeweils nicht für den gesamten Besteuerungszeitraum, sondern nur für bestimmte Quartale bzw. Monate festgestellt. Auf das Jahr hochgerechnet erreichen sie aber die vom Landgericht seiner Berechnung zugrunde gelegten tatsächlichen Mehrbeträge der Ausgaben.
2. Die Aufhebung umfasst aufgrund desselben Rechtsfehlers die nach § 73 Abs. 1, § 73c Satz 1 StGB ergangene Einziehungsentscheidung.
HRRS-Nummer: HRRS 2021 Nr. 92
Bearbeiter: Christoph Henckel/Karsten Gaede