HRRS-Nummer: HRRS 2020 Nr. 1335
Bearbeiter: Christoph Henckel/Karsten Gaede
Zitiervorschlag: BGH, 1 StR 346/20, Beschluss v. 29.10.2020, HRRS 2020 Nr. 1335
1. Auf die Revision des Angeklagten K. wird das Urteil des Landgerichts Memmingen vom 15. April 2020 - soweit es ihn betrifft - im Strafausspruch aufgehoben.
2. Die weitergehende Revision wird als unbegründet verworfen.
3. Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels, an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen
Das Landgericht hat den Angeklagten K. wegen Beihilfe zum unerlaubten Handeltreiben mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in Tateinheit mit unerlaubtem Besitz von Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge zu einer Freiheitsstrafe von drei Jahren und neun Monaten verurteilt. Hiergegen richtet sich die auf die Rüge der Verletzung materiellen Rechts gestützte Revision des Angeklagten. Sein Rechtsmittel hat den aus dem Tenor ersichtlichen Erfolg (§ 349 Abs. 4 StPO); im Übrigen ist es unbegründet im Sinne des § 349 Abs. 2 StPO.
Der den Angeklagten betreffende Strafausspruch hält revisionsrechtlicher Prüfung nicht stand.
1. Die Strafzumessung ist grundsätzlich Aufgabe des Tatrichters. Er allein ist aufgrund des umfassenden Eindrucks, den er in der Hauptverhandlung von der Tat und der Persönlichkeit des Täters gewonnen hat, in der Lage, die für die Strafzumessung bestimmenden entlastenden und belastenden Umstände festzustellen, sie zu bewerten und gegeneinander abzuwägen. Ein Eingriff des Revisionsgerichts in diese Einzelakte der Strafzumessung ist in der Regel nur möglich, wenn die Zumessungserwägungen in sich fehlerhaft sind, wenn das Tatgericht gegen rechtlich anerkannte Strafzwecke verstößt oder wenn sich die verhängte Strafe nach oben oder unten von ihrer Bestimmung löst, gerechter Schuldausgleich zu sein (st. Rspr.; BGH, Beschlüsse vom 15. Juni 2016 - 1 StR 72/16 Rn. 10 mwN und vom 10. April 1987 - GSSt 1/86, BGHSt 34, 345, 349; Urteil vom 19. Januar 2012 - 3 StR 413/11).
2. Diesen Anforderungen werden die Zumessungserwägungen des Landgerichts nicht gerecht.
a) Nach den rechtsfehlerfrei getroffenen Feststellungen des Landgerichts (UA S. 10) erklärte der Angeklagte sich um Weihnachten 2018 anlässlich eines Besuchs des Bruders seiner Verlobten dazu bereit, für diesen als Freundschaftsdienst ohne Gegenleistung eine Sporttasche mit verschiedenen Betäubungsmitteln in seinem Kellerraum aufzubewahren. Hier wurden die überlassenen Drogen im Rahmen einer polizeilichen Durchsuchung am 13. Februar 2019 vollständig sichergestellt.
b) Das Landgericht hat die Strafe dem Regelstrafrahmen des § 29a Abs. 1 BtMG entnommen und einen minder schweren Fall nach § 29a Abs. 2 BtMG verneint. Die Strafzumessungserwägungen lassen dabei aber nicht erkennen, dass das Landgericht sowohl den hier ausdrücklich festgestellten untergeordneten Besitz des Angeklagten an den ihm nur zur Aufbewahrung überlassenen Betäubungsmitteln als auch dessen nur altruistische Motivation bei der Strafrahmenwahl und der konkreten Strafzumessung berücksichtigt hat. Die Erörterung dieser Umstände wäre aber geboten gewesen, da bei der Strafzumessung nach § 46 Abs. 2 Satz 2 StGB die Beweggründe und Ziele des Täters sowie auch das Maß der Pflichtwidrigkeit ausdrücklich zu beachten sind.
c) Das Urteil beruht auf dem Rechtsfehler, weil der Senat angesichts der eher hohen Strafe für den bisher nicht vorgeahndeten Angeklagten nicht ausschließen kann, dass das Landgericht bei Berücksichtigung dieser dargestellten bestimmenden Strafzumessungsgesichtspunkte auf eine mildere Strafe erkannt hätte.
3. Die bisherigen Feststellungen zur Strafzumessung bleiben aufrechterhalten (§ 353 Abs. 2 StPO), da sie vom aufgezeigten Wertungsfehler nicht berührt werden. Der neue Tatrichter kann aber ergänzende Feststellungen treffen, die mit den bisherigen nicht in Widerspruch stehen.
HRRS-Nummer: HRRS 2020 Nr. 1335
Bearbeiter: Christoph Henckel/Karsten Gaede